Es ist bislang nicht die Saison von Ferrari. Nach zwölf Saisonrennen steht bei den Siegen für die Scuderia noch immer die traurige Null, und in der Konstrukteurs-Wertung rangiert man hinter Mercedes und Red Bull nur an der dritten Stelle. Zu wenig, für die hehren Ansprüche in Maranello.

Ein Grund dafür, warum es für die Roten einfach nicht laufen will, ist die Schwäche im Qualifying. Weder Sebastian Vettel noch Kimi Räikkönen schafften es in diesem Jahr bislang in die erste Startreihe - ganz im Gegenteil, oftmals muss man das Rennen sogar von relativ weit hinten in Angriff nehmen, was das Unterfangen, am Sonntag an der Spitze zu stehen, naturgemäß erschwert.

Doch steht Ferrari im Qualifying wirklich schlechter da als in der vergangenen Saison? Motorsport-Magazin.com will es genau wissen und nimmt die Zahlen unter die Lupe.

Der erste Eindruck täuscht

Auf den ersten Blick ist keine negative Entwicklung zu erkennen. Nach zwölf Saisonrennen steht Ferrari bei einer durchschnittlichen Startposition von 5,50, in der vergangenen Saison war es zum gleichen Zeitpunkt Platz 5,92 (aufgrund der höheren Wahrscheinlichkeit von Grid-Strafen wegen neuer Power-Unit-Teile gegen Saisonende macht nur ein Vergleich zwischen gleichen Zeitpunkten Sinn.)

Vettel verlor gegen Räikkönen drei Qualifying-Duelle, Foto: Sutton
Vettel verlor gegen Räikkönen drei Qualifying-Duelle, Foto: Sutton

Auffällig: Während sich Sebastian Vettel von 4,83 auf 5,33 verschlechterte, konnte Räikkönen seine Startposition von 7,00 auf 5,67 hingegen deutlich verbessern. Das manifestiert sich auch im direkten Qualifying-Duell, das der Finne bislang drei Mal für sich entscheiden konnte - eine ungewohnt hohe Quote gegen einen Teamkollegen namens Sebastian Vettel.

Aussagekräftiger als die reinen Startpositionen ist allerdings das Ergebnis des Qualifyings, da Grid-Strafen hier noch nicht berücksichtigt sind, die sich sowohl positiv als auch negativ auswirken können - je nachdem, ob das eigene Team oder die Konkurrenz betroffen ist. Vettel kassierte wegen Getriebewechseln bereits zwei Mal in dieser Saison eine Grid-Strafe von je fünf Plätzen.

Doch auch diesbezüglich stellt sich das Bild ähnlich dar: Ferrari verbesserte sich von 5,96 auf 4,88, wobei erneut Räikkönen einen großen Sprung hinlegte, aber auch Vettel sich steigern konnte.

RennenQualifyingStartaufstellung
VET '16RAI '16VET '15RAI '15VET '16RAI '16VET '15RAI '15
Nr. 134453445
Nr. 23421134211
Nr. 343364336
Nr. 424247324
Nr. 565376537
Nr. 6463641136
Nr. 73616336183
Nr. 84531834314
Nr. 946659465
Nr. 10653511535
Nr. 11514914514816
Nr. 1265326532
Schnitt4,175,584,757,175,335,674,837,00
4,885,965,505,92

Der Blick ins Detail

Ist Ferrari im Qualifying also gar nicht schlechter geworden, sondern ist dies womöglich nur ein täuschender subjektiver Eindruck? Könnte man meinen, es sei denn, man unterzieht die Daten einem genaueren Check, denn nach oben getrieben wurde der Schnitt im vergangenen Jahr durch einige Aussetzer der Piloten beziehungsweise aufgrund von Patzern des Kommandostands sowie technischen Problemen.

Räikkönen blieb in Ungarn in Q2 hängen, Foto: Sutton
Räikkönen blieb in Ungarn in Q2 hängen, Foto: Sutton

Gleich vier Mal in den ersten zwölf Rennen der Vorsaison verpasste ein Ferrari-Pilot den Sprung in Q3, was nicht der zu schwachen Performance des Wagens zugeschrieben werden kann. Stellvertretend genannt seien hier Kimi Räikkönens 18. Platz in Österreich, der einem Kommunikationsproblem geschuldet war, sowie Vettels 16. Rang in Kanada, hervorgerufen durch einen defekten Transistor.

In diesem Jahr scheiterte indessen mit Räikkönen in Ungarn nur ein Pilot am Einzug ins finale Qualifying-Segment. Der Finne wurde auf nasser Strecke lediglich 14. Auch kein Ruhmesblatt, aber ebenfalls deutlich schlechter, als es die eigentliche Leistung des Ferrari-Boliden zugelassen hätte.

Berücksichtigt man anhand dieser Überlegungen nur jene Qualifying-Leistungen, die mit dem Einzug in Q3 endeten, stellt sich das Bild plötzlich anders dar. Von einer durchschnittlichen Startposition von 4,25 verschlechterte sich Ferrari auf einen Wert von 4,49. Diese Zahlen entsprechen schon eher der gefühlten Wahrheit, die man beim Verfolgen der bisherigen Rennwochenenden verspürt. Vettel büßte dabei von 3,73 auf 4,17 deutlicher als Räikkönen ein, der sich von 4,78 auf 4,82 nur minimal verschlechterte.

RennenQualifyingQualifying bereinigt
VET '16RAI '16VET '15RAI '15VET '16RAI '16VET '15RAI '15
Nr. 134453445
Nr. 234211342X
Nr. 343364336
Nr. 424242424
Nr. 565376537
Nr. 646364636
Nr. 73616336X3
Nr. 845318453X
Nr. 946654665
Nr. 1065356535
Nr. 115149145X9X
Nr. 1265326532
Schnitt4,175,584,757,174,174,823,734,78
4,885,964,494,25

Fehlende Entwicklung

Woran liegt es aber, dass Ferrari im Zeittraining einen Schritt zurück gemacht hat? Vielfach konnte man in dieser Saison beobachten, dass Vettel und Räikkönen nicht in der Lage waren, sich im Verlauf der Session zu steigern - oder zumindest nicht in jenem Maße, wie es die Konkurrenz tat. "Die anderen sind immer ein wenig schneller geworden, bei uns war dann etwas früher schon die Luft raus", meinte Vettel nicht nur einmal am Samstagnachmittag.

Stellvertretend dafür sei das Rennwochenende in Barcelona genannt, das ein Paradebeispiel für Ferraris mangelhafte Entwicklung darstellt. Während Vettel im ersten Training noch Bestzeit fuhr, wuchs der Rückstand der Scuderia von Session zu Session sukzessive an, sodass man im Qualifying gegen die versammelte Gegnerschaft schließlich völlig chancenlos war.

Barcelona: Entwicklung von Ferraris Rückstands auf die Spitze

Session Fahrer Rückstand (Platzierung)
1. TrainingSebastian Vettel- (1.)
2. TrainingKimi Räikkönen+0,254 (2.)
3 TrainingSebastian Vettel+0,147 (3.)
Q1Kimi Räikkönen+0,794 (5.)
Q2Kimi Räikkönen+1,345 (4.)
Q3Kimi Räikkönen+1,113 (5.)

Niki Lauda sieht Ferraris Problem darin, das schmale Performance-Fenster zu treffen, in dem die rote Göttin optimal funktioniert. "Wenn alles optimal passt, dann ist das Auto schnell. In dem Moment, wo du auf einen Kurs kommst, wo es hier und da nicht auf den Millimeter genau passt, ist die Aerodynamik beim Teufel", glaubt der dreifache Weltmeister.

Im Rennen legt Ferrari zu

Im Rennen kann sich Ferrari meistens verbessern, Foto: Sutton
Im Rennen kann sich Ferrari meistens verbessern, Foto: Sutton

Nichts geändert hat sich an der Tatsache, dass Ferrari im Rennen wesentlich stärker als im Qualifying auftritt und sich Vettel und Räikkönen in aller Regel deutlich verbessern können. In dieser Saison ging es für das deutsch-finnische Duo vom durchschnittlich 5,50. Startplatz bis auf Position 3,99 nach vorne, wenn das Ziel erreicht wurde. Damit liegt Ferrari ganz im Trend des Vorjahres als nach zwölf Saisonrennen eine mittlere Platzierung von 3,95 zu Buche stand.

Anders als in der Weltmeisterschaft, wo Räikkönen zur Sommerpause die Nase gegenüber Vettel um zwei Zähler vorne hat, verfügt der Heppenheimer über die etwas bessere durchschnittliche Platzierung als der Finne - 3,78 vs. 4,20. Vettels punktemäßiger Rückstand rührt nicht zuletzt daher, dass er einen Ausfall mehr als sein Teamkollege zu Buche stehen hat.

RennenStartaufstellungRennen
VET '16RAI '16VET '15RAI '15VET '16RAI '16VET '15RAI '15
Nr. 134453DNF3DNF
Nr. 234211DNF214
Nr. 343362534
Nr. 47324DNF352
Nr. 565373235
Nr. 6411364DNF26
Nr. 7361832654
Nr. 834314244DNF
Nr. 99465DNF338
Nr. 1011535951DNF
Nr. 1151481646DNF7
Nr. 1265325625
Schnitt5,335,674,837,003,784,202,915,00
5,505,923,993,95