Nico Rosberg kann in Großbritannien aufatmen. Der Mercedes-Pilot ist einer Strafe nach dem Qualifying in Silverstone entgangen und kann seinen zweiten Startplatz behalten. Kurz nach dem Zeittraining machte die Untersuchung gegen den Deutschen die Runde. Er sollte gegen Artikel 27.5 des Sportlichen Reglements verstoßen haben.

Ihm wurde vorgeworfen, in Q1 zwischen den beiden Safety-Car-Linien zu langsam unterwegs gewesen zu sein. Eine vorgeschriebene Minimalzeit, die vorher von der FIA festgelegt wird, muss auf jeder In-Lap im Qualifying sowie vor dem Start des Rennens eingehalten werden. Normalerweise liegt sie bei 145 Prozent der besten Zeit, die vom besten Fahrer bei trockenen Bedingungen in einer der beiden ersten Trainingssitzungen erzielt wurde.

Diese Zeit hatte Rosberg tatsächlich überschritten, eine Strafe gab es dennoch nicht. Rosberg selbst erklärt den Grund: "Auf In-Laps musst du eine Minimalzeit halten, um nicht übermäßig langsam zu fahren. Es ist während des Qualifyings aber erlaubt, solange es keine In-Lap ist. Und es war einfach eine meiner langsamen Runden, auf der ich langsam gefahren bin. Aber da es keine In-Lap war, war das in Ordnung", schilderte der WM-Führende.

Duell auf Messers Schneide

Lewis Hamilton fuhr in Silverstone überlegen zur Pole Position, Foto: Mercedes-Benz
Lewis Hamilton fuhr in Silverstone überlegen zur Pole Position, Foto: Mercedes-Benz

Dieses Problem hat sich damit für Rosberg in Luft aufgelöst, bleiben jedoch 0,319 Sekunden Rückstand auf Teamkollege Lewis Hamilton im Qualifying. "Einiges von diesem Abstand liegt an den Ferraris, denn ich hatte sie in Becketts beide vor mir und musste beide überholen. Das hat mich definitiv gekostet", rechtfertigte sich der Deutsche.

Hamilton seinerseits stand enorm unter Druck. Seine erste Runde in Q3 wurde gestrichen, nachdem er die Tracklimits missachtet hatte. Die finale Runde musste entscheiden. Und sie tat es. Mit seiner Zeit von 1:29.287 Minuten fuhr der Weltmeister sogar einen neuen Streckenrekord in Silverstone und unterbot seine eigene Bestmarke aus dem Jahr 2013."Es war der höchste Druck, den man sich überhaupt vorstellen kann. Es war wirklich riesiger Druck. Aber aus irgendeinem Grund mochte ich das", lachte Hamilton.

Der Brite wusste nach seiner Runde in Q2, wie viel in ihm und seinem Auto steckte. Im Vergleich zur ersten Session im Zeittraining hatte er sich um 1,481 Sekunden gesteigert und Rosberg mehr als sieben Zehntel hinter sich gelassen - speziell in Maggots and Becketts. "Es war unglaublich. Ich hatte durch diese Kurven noch nie einen solchen Speed. Vollgas durch die erste Links und immer noch Vollgas durch die Rechts", erzählte der Weltmeister voller Begeisterung von seiner Runde. "Ich habe überall genau die richtigen Punkte getroffen. Das ist wie eine Ping-Pong-Maschine. Wenn du genau die richtigen Knöpfe erwischst...So war es: Ping, Ping, Ping...Ich kam durch diesen Abschnitt und dachte, dass ich das nicht wirklich schneller hätte fahren können."

Diese Sicherheit nahm der Weltmeister mit auf seinen finalen Run in Q3 - trotz gestrichener Rundenzeit. Erinnerungen an den Österreich GP vergangenes Jahr kamen auf, als ihm ebenfalls die schnellste Zeit gestrichen wurde und er im letzten Umlauf alles retten musste - damals vergebens. "Im vergangenen Jahr in Österreich, als mir die eine Zeit gestrichen wurde, war die Runde danach deutlich härter. Das war deshalb ein anderes Szenario, weil ich zeitlich dahinterlag", erinnerte sich Hamilton. "Aber diesmal war ich vorne und wusste, dass ich noch Zeit in petto habe. Ich genieße es, Dinge auf die harte Tour zu schaffen. Das war immer so in meinem Leben."

Rosberg stichelt gegen Hamilton-Starts

Lewis Hamilton hatte in letzter Zeit einige Probleme in den Startphasen, Foto: Sutton
Lewis Hamilton hatte in letzter Zeit einige Probleme in den Startphasen, Foto: Sutton

300 Meter werden am Sonntag in Silverstone der Weg bis zur ersten Kurve - und vielleicht die entscheidenden 300 Meter. Der vierfache Großbritannien-Sieger Hamilton hofft auf eine Entscheidung zu seinen Gunsten, bleibt aber skeptisch. Und Rosberg wittert genau in diesen 300 Metern seine Chance. "Das Grip-Level da draußen ist sehr, sehr gering, daher wird der Start diesmal außergewöhnlich schwierig werden", prognostizierte der WM-Führende und schickte einen Seitenhieb an Teamkollege Hamilton. "Das war in jüngerer Vergangenheit ohnehin keine von Lewis Stärken. Das ist meine Chance dort."

Sollte sich in dieser ersten Phase noch keine Chance aufgetan haben, setzt Rosberg auf die Trumpfkarten Wetter, Strategie und andere Chancen - aber begrenzt. "Überholen wird schwierig, denn das ist einer der kniffligsten Kurse dafür", gab der Deutsche ehrlich zu. Zu allem Überfluss fehlt ihm - im Gegensatz zu Hamilton - Trainingszeit vom Freitag, als er mit einem technischen Defekt im zweiten Training ohne Runde blieb. Umso größer der Ansporn für Rosberg, die bisher maue deutsche Sportwoche - nach Aus der deutschen Nationalmannschaft und Angelique Kerber in Wimbledon - aufzubessern. "Ich werde versuchen, die deutsche Sportwoche noch mit einem Sieg in englischem Territorium zu krönen."