Nico Hülkenberg war verdutzt. "Ach, blöd. Das wusste ich noch gar nicht." Erst zehn Minuten nach dem Ende des Qualifyings in Silverstone mussten ihn Reporter aufklären, dass er gar nicht Platz acht im Qualifying erzielt hatte. Stattdessen fiel der Force-India-Pilot auf die neunte Position zurück. Grund: Ihm wurde im Q3 nachträglich die schnellste Rundenzeit gestrichen, weil er in Kurve 9 die Streckenlimits überschritten hatte.

Hülkenberg war nicht der einzige Pilot, der wegen der Streckenlimits auf dem falschen Fuß erwischt wurde. Aufregung gab es schon in der ersten Runde bei McLaren und Jenson Button, der sich kurzzeitig Hoffnung auf den Einzug ins Q2 gemacht hatte - und am Ende doch enttäuscht wurde. Verantwortlich für die kollektive Verwirrung war eine Notiz von Rennleiter Charlie Whiting an die Teams am Samstagmorgen.

Keine Toleranz

Klare Ansage der Rennleitung: Übertritt ein Fahrer in den Kurven 9, 15 oder 18 die Streckenbegrenzung, wird ihm die Rundenzeit gestrichen. Whiting und Co. setzten diese Direktive wie angekündigt mit einer Null-Toleranz-Politik im Qualifying durch. Die Problematik war am Freitagabend Thema bei der Fahrer-Besprechung. Theoretisch könnten sie sich am Ausgang der jeweiligen Kurven einen Zeitenvorteil verschaffen.

An sich nichts Besonderes, eine ähnliche Regelung gab es schon im vergangenen Jahr in Silverstone. Diesmal hakte es aber offenbar bei der Kommunikation zwischen Rennleitung und Teams. "Es war nicht einfach, weil die Rennleitung spät mit Infos kam", sagte etwa Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff. Technik-Kollege Paddy Lowe: "Die Track Limits kosteten die Teams heute einige Nerven..."

Hamilton wurde seine erste Runde im Q3 gestrichen, Foto: Sutton
Hamilton wurde seine erste Runde im Q3 gestrichen, Foto: Sutton

Sorge bei Mercedes

Die Silberpfeile steckten mitten drin in der Streckenlimit-Situation. Im Q3 wurde Lewis Hamiltons erste Pole-Runde gestrichen, weil er in Kurve 9 mit allen Rädern über die aufgebrachten Begrenzungen fuhr. Im letzten Moment sicherte er sich mit seinem letzten Run die Pole. "Zum Glück war es bei Lewis schnell genug zu sehen, da konnten wir noch reagieren", sagte Niki Lauda angesichts der gestrichenen Runde, in deren Folge Hamilton ans Ende der Top-10 bugsiert wurde.

Lauda weiter: "Es war schon sehr eng hier mit der Kommunikation. Im Q2 wurde lange diskutiert, aber nichts passierte. Wir in der Box wussten nicht, ob die Runde gilt, und wie lange die Übertragung brauchte um wissen zu können, dass die Runde weg ist." Toto Wolff stimmte seinem Mercedes-Kollegen zu, brach aber auch eine Lanze für die Stewards: "Anders kommt die Rennleitung nicht dazu. Sonst müssten da 100 Leute arbeiten und jede einzelne Runde onboard verfolgen."

Die Track Limits können auch im Rennen zum Tragen kommen, Foto: Sutton
Die Track Limits können auch im Rennen zum Tragen kommen, Foto: Sutton

Aufpassen im Rennen

Die Track Limits könnten auch im Rennen am Sonntag eine Rolle spielen. Die Rennleitung will genau hinschauen, ob sich ein Fahrer durch das Übertreten einen bedeutenden Vorteil verschafft. In der Notiz an die Teams hieß es: "In Übereinstimmung mit Artikel 27.5 des Sportlichen Reglements wird jeder Fahrer der Rennleitung gemeldet, den einen deutlichen und anhaltenden Vorteil durch das Verlassen der Strecke erlangt hat."

Sollte ein Fahrer mehrmals die Strecke verlassen ohne den Versuch zu unternehmen, die Track Limits einzuhalten, kann die Rennleitung ebenfalls aktiv werden. "Ich denke, dass es nicht die richtige Herangehensweise wäre, im Rennen auch diese Zero-Tolerance-Politik zu fahren", meinte Nico Rosberg. "Wir sollten zumindest ein oder zwei Fehler frei haben und dann beim dritten erst bestraft werden. Ich hoffe, sie wählen diese Herangehensweise."

Sebastian Vettel kümmerte sich unterdessen nicht allzu sehr um die Regelung, laut ihm hätten beim Freitags-Meeting sowieso alle Fahrer dafür gestimmt. "Deshalb ist es okay", sagte der Ferrari-Pilot. "Mir persönlich ist es egal, ob wir etwas rausfahren können oder nicht. Wichtig ist mir nur, dass es geregelt abläuft."