Nach zwei mageren Rennen könnte sich das Blatt für Nico Rosberg in Baku wieder wenden. Während der deutsche WM-Leader beim Europa GP auf der Pole Position steht, startet sein Mercedes-Teamkollege Lewis Hamilton nach einem selbstverschuldeten Unfall im Qualifying nur von Platz zehn. Rosbergs vermeintlich schärfste Kontrahenten dürften somit aus dem Lager von Red Bull und Ferrari kommen, aber auch Hamilton darf wegen der Besonderheiten des engen Stadtkurses noch nicht gänzlich abgeschrieben werden.

Droht ein Chaos am Start?

Die Ausgangsposition spricht auf den ersten Blick jedenfalls eine ziemlich klare Sprache zugunsten Rosbergs. Nicht nur, weil sich Mercedes in Baku bislang ausgesprochen stark präsentierte, sondern auch ob des Umstands, dass sich Rosberg aus dem nicht unwahrscheinlichen Chaos in der ersten Kurve heraushalten kann, wenn er ordentlich vom Start wegkommt. In der GP2 krachte es nach dem Erlöschen der Ampeln ordentlich. "Die Strecke ist sehr anspruchsvoll und verzeiht dir keinen einzigen Fehler", weiß der Silberpfeil-Pilot, dass Vorsicht das oberste Gebot ist.

"Ich bin froh, dass mein Teamkollege etwas weiter hinten steht. Das macht es für mich einfacher, das Rennen zu gewinnen", blickt Rosberg voraus, schränkt aber sogleich ein: "Einfach ist aber nicht wahr, denn in der Formel 1 ist es nie einfach zu gewinnen. Die Konkurrenz ist voll da, mit Ricciardo und den Ferraris. Und Lewis hat schon gezeigt, dass er von hinten nach vorne fahren kann."

Ricciardo und Vettel in Lauerstellung

Rosbergs erster Verfolger ist Daniel Ricciardo, der ebenso wie Sebastian Vettel von der Rückversetzung von Sergio Perez profitiert, da er um eine Position aufrückt. "Mit der ersten Reihe hätten wir hier nie gerechnet. Wobei ich glaube, dass wir eine Zeit wie Perez auch hätten erreichen können, wenn wir einen Run mit vorgeheizten Reifen gehabt hätten", zeigte sich Red Bulls Motorsport-Berater Dr. Helmut Marko bei Motorsport-Magazin.com mit dem Ergebnis ausgesprochen zufrieden. Am Freitag hatte es für die Bullen noch deutlich schlechter ausgesehen.

Ricciardo und Vettel waren zeitgleich, Foto: Sutton
Ricciardo und Vettel waren zeitgleich, Foto: Sutton

Ricciardo war bis auf die Tausendstelsekunde gleich schnell wie Sebastian Vettel, doch weil der Australier die Zeit zuerst setzte, muss sich der Heppenheimer hinten anstellen und geht von Platz drei ins Rennen. Vettel hofft nicht zuletzt darauf, seinen guten Start von vor einer Woche in Kanada wiederholen zu können, als er bei der Anfahrt zur ersten Kurve von P3 die Führung übernahm.

"Klar ist es möglich, so einen Start wieder hinzubekommen, aber es kommt auch einfach darauf an, was die anderen machen", betont der Ferrari-Pilot. "Wir hatten gute Übungsstarts an diesem Wochenende, und deshalb gehe ich davon aus, dass wir einen guten Start morgen haben werden." Ferraris größtes Defizit sieht Vettel übrigens nicht auf der langen Geraden, sondern in den vielen Kurven. "Das ist etwas, was wir verstehen müssen."

Hamilton muss aufholen

Trotz seiner mäßigen Ausgangslage hat Lewis Hamilton gute Chancen, zumindest den zweiten Platz zu erreichen, und damit sowohl Ricciardo als auch Vettel auszustechen. Schließlich bieten sich in Baku - nicht zuletzt auf der 2,2 Kilometer langen Start- und Zielgeraden - genügend Überholmöglichkeiten, und dass es Mercedes nicht an der Pace mangelt, ist offensichtlich. In die Karten spielen könnte dem Briten zudem die hohe Safety-Car-Wahrscheinlichkeit.

"Mit Hamilton ist voll zu rechnen, wenn er nicht wieder einen Fehler macht", ist Marko fester Überzeugung und meint hinsichtlich des drohenden Safety Cars: "Der Vorsprung, den Rosberg rausfahren kann, wird wieder schrumpfen." Durchaus ähnlich schätzt Rosberg selbst die Lage ein. "Ich erwarte eine Aufholjagd von Lewis. Das Wichtigste wird sein, dass ich den Rhythmus nicht verliere."

Etwas weniger optimistisch sieht Hamilton die Sache. "Ich bezweifle stark, dass ich um den Sieg mitkämpfen kann", hält sich seine Euphorie vor der F1-Premiere in Baku in Grenzen. "Aber ich werde mein Bestes geben und versuchen, so viele Punkte wie möglich mitzunehmen. Das Auto ist hier gut und unsere Pace ist besser als die der meisten anderen. Ich muss nur durch die erste Kurve kommen und dann sehen, wie es danach weitergeht."