Die Formel-1-Saison 2016 begann mit einem Knall. Fernando Alonso flog beim Großen Preis von Australien nach einem Kontakt mit Esteban Gutierrez spektakulär ab, überschlug sich und landete anschließend in den Mauern des Albert Park Circuits. Wie durch ein Wunder konnte der Spanier seinem McLaren-Wrack nahezu unverletzt entsteigen, Alonso trug lediglich ein paar gebrochene Rippen davon, die ihn vom Start beim nächsten Rennen abhielten.
Piloten werden im Cockpit gefilmt
Um Unfälle wie jenen Alonsos genau zu durchleuchten, ist seit dieser Saison in jedem F1-Cockpit hinter dem Lenkrad eine auf den Helm des Piloten gerichtete Hochgeschwindigkeitskamera installiert, die in Verbindung mit einem Beschleunigungsmesser im Ohr des Fahrer die einwirkenden Kräfte aufzeichnet. Dokumentiert werden die Daten vom so genannten Accident Data Recorder (ADR), einer Art Black Box, wie man sie aus Flugzeugen kennt.
Die in Australien auf Alonsos Helm gerichtete Kamera lieferte eindrucksvolle hochaufgelöste Bilder und Daten. So schlug der Helm des Spaniers im Zuge des Unfalls zwei Mal gegen die Cockpitbegrenzungen, was sich in zwei Peaks der vom Beschleunigungsmesser erfassten Daten niederschlug. Alonsos Kontakt mit Gutierrez fand bei 305 km/h statt, der Einschlag in die Mauern erfolgte anschließend bei Fliehkräften von 45G.
"Wir erhalten die Daten in Echtzeit, während das Auto läuft. Wenn es also crasht, ist der ADR in der Lage, uns ein Signal zu senden, das uns eine grobe Idee der Wucht des Unfalls gibt", erläutert Laurent Mekies, Chef des FIA-Forschungsinstituts. Die Bilder der Kamera werden hingegen nicht live übertragen, da die Datenmenge mit 400 Frames pro Sekunde zu groß ist. Um Informationsverluste zu verhindern, werden die Daten sowohl in der Kamera selbst, als auch in der elektronischen Kontrolleinheit (ECU) des Autos gespeichert.
Das Ziel der FIA ist ein Verständnis der Dynamik, welcher Kopf, Nacken und Schultern bei einem Crash mit hohen Fliehkräften unterliegen, und wie das Zusammenspiel mit anderen Elementen des Cockpits wie HANS und den Gurten funktioniert. "Diese Kamera erlaubt es uns, die genauen auf den Kopf einwirkenden Kräfte besser zu verstehen, und vermittelt uns, was wir tun müssen, um die nächste Generation der Cockpit-Ausstattung zu entwickeln", so Mekies.
Biometrische Daten auf dem Vormarsch
Um die bereits hohen Sicherheitsstandards weiter zu heben, plant der Automobilweltverband in absehbarer Zeit einige weitere Verbesserungen. "Der nächste Schritt ist Biometrie - Sammeln von Daten der Fahrer wie Herzschlagrate, Körpertemperatur und sogar Schwitz-Level", kündigt Mekies im FIA-Magazin Auto eine Totalüberwachung der Piloten an. "Biometrische Daten werden uns helfen, den Zustand des Piloten vor, während und nach dem Unfall zu beurteilen."
Ihre Premiere sollen die neuen Methoden noch in dieser Saison feiern, zumindest im Zuge eines Testlaufs, verrät Mekies. Grundsätzlich sieht der Franzose den Entwicklungen im Sicherheitsbereich keine Grenzen gesetzt. "Man könnte sich noch eine Million Dinge vorstellen, etwa wie starke Kräfte durch die Gurte auf den Oberkörper des Piloten einwirken", gibt er ein Beispiel. "Die Sicherheitsforschung wird nie aufhören, wir werden weiterhin an die Grenzen gehen, um ein tieferes Verständnis zu bekommen."
Der nächste, bereits so gut wie fixe Schritt, ist die Einführung von Halo mit der Saison 2017. Der ringförmige Cockpitschutz soll die Piloten vor umherfliegenden Teilen bewahren. Darüber hinaus hat die FIA Pläne, die F1-Cockpits mit weiteren auf die Fahrer gerichteten Kameras auszustatten, um Unfälle und ihre Konsequenzen noch lückenloser zu dokumentieren und aufzuklären. Der gläserne Pilot wird immer mehr zur Realität.
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