Die italienischen Tifosi sorgen alljährlich für ein ausverkauftes Haus in Imola und kreieren traditionell eine einzigartige Atmosphäre: Besonders die einheimischen Teams und Fahrer dürfen sich der bedingungslosen Verehrung der Fans gewiss sein. "Ihr Enthusiasmus ist einfach mitreißend", zeigt sich beispielsweise Lokalmatador Jarno Trulli Jahr für Jahr aufs Neue begeistert.

Weniger Hochgefühle kommen bei den Aktiven auf, wenn sie an die Charakteristik der 4,933 Kilometer langen Strecke denken: Zahlreiche Bergauf-Passagen und kurze Geraden im ständigen Wechsel mit unharmonischen Schikanen, an deren Ausgang viel Traktion für das Herausbeschleunigen benötigt wird, stellen eine hohe Belastung für Motoren und Bremsen dar. Gleichzeitig bietet dieses Layout den Piloten nur sehr bedingt Gelegenheit, ihr fahrerisches Können unter Beweis zu stellen. Eine Besonderheit stellen die Randsteine in Imola dar: Nur wer sein Auto derart abstimmt, dass das aggressive Überfahren der hohen Kerbs problemlos gelingt, wird beim Grand Prix von San Marino wirklich schnell sein.

Das erste Heimspiel für die Roten

Der Grand Prix von San Marino in Imola ist fast schon traditionell der Auftakt zu den europäischen Rennen der Formel 1 Weltmeisterschaft. Das Rennen ist zugleich das erste Heimrennen für die Scuderia Ferrari vor dem Großen Preis von Italien im königlichen Park von Monza. Schließlich liegt die Strecke nur eine Autostunde von Maranello entfernt. Aber auch das kleine Minardi-Team von Paul Stoddart, dessen Heimat Faenza ebenfalls nicht weit entfernt von der Strecke liegt, feiert hier seinen Heim-GP. Ein Grand Prix auf italienischem Boden bedeutet deswegen vor allem eins: Begeisterte Tifosi, die jeden Quadratmeter Zuschauerplatz zum Ort der Verehrung für ihre Vollgas-Helden umfunktionieren.

Weniger Begeisterung löst die Streckenführung des "Autodromo Enzo e Dino Ferrari" aus: Der ständige Wechsel von kurzen Geraden und unharmonischen Schikanen beansprucht Motoren und Bremsen gleichermaßen, gilt fahrerisch allerdings als nicht besonders anspruchsvoll. Dabei nennen Fahrer wie Ingenieure immer wieder einen kritischen Punkt: "Es ist elementar, eine Abstimmung zu erarbeiten, die den Piloten erlaubt, über die Randsteine zu fahren, ohne bei hoher Geschwindigkeit die Stabilität zu verlieren", beschreibt Sam Michael, Chefingenieur bei BMW Williams, die Aufgabe. Darüber hinaus ist in den zahlreichen Bergauf-Passagen viel Motorkraft gefragt. Die Beschleunigung aus den Schikanen verlangt zudem nach einer guten Traktion.

Seinen klassischen Charakter als Hochgeschwindigkeitsstrecke verlor der Kurs, nachdem er nach den tödlichen Unfällen von Ayrton Senna und Roland Ratzenberger 1994 entschärft und umgebaut wurde. Schönere Schlagzeilen als an jenem schwarzen Wochenende schrieb die F1 in Imola etwa 1997 als dort Heinz-Harald Frentzen und Michael Schumacher den ersten deutschen Doppelsieg in der Geschichte der Königsklasse des Motorsports einfuhren oder als Ralf Schumacher im Jahr 2001 an dieser Stelle seinen ersten Grand Prix Erfolg feiern durfte.

Aufgrund der in den Kurs eingefügten Schikanen werden die Bremsen in Imola besonders stark beansprucht, was von den Boliden nicht nur zuverlässige Bremsen verlangt, sondern auch ein perfektes Setup von Nöten macht. "Alles in allem ist Imola neben Montreal der Kurs, bei dem man die besten Bremsen braucht," bestätigt auch Ex-Weltmeister Jacques Villeneuve die hohe Belastung für die Bremsen in Imola. Zudem sind auf dem 'Autodromo Enzo e Dino Ferrari' die richtige Balance des Fahrzeugs sowie ein gutes Ansprechverhalten von großer Bedeutung.

Wie auch beim Grand Prix im brasilianischen Interlagos wird auch in San Marino entgegen dem Uhrzeigersinn gefahren, was den Fahrern zusätzlich zusetzt. Für den Mönchengladbacher Heinz-Harald Frentzen gibt es in Imola nur zwei wirkliche Überholmöglichkeiten - die 'Rivazza' und die 'Variante Bassa'. Bei der besonders anspruchsvollen doppelten Linkskurve 'Rivazza' sind dabei die genaue Wahl des Bremspunktes sowie der Zeitpunkt des Richtungswechsels von entscheidender Bedeutung.

Die Streckengeschichte

Der Grundstein für die traditionsreiche Strecke in der Nähe von Bologna wurde am 22. März 1950 gelegt, bevor sie dann im Jahre 1952 feierlich mit einem Rennen ohne Meisterschaftsstatus eröffnet wurde. Elf Jahre später fand dort erstmals ein Formel 1-Rennen statt. 1970 wurde der Kurs nach Dino Ferrari benannt, der Name seines Vaters wurde 1988 nach dessen Tod hinzugefügt. Imola ist auch nach den vor einigen Jahren durchgeführten Umbauten, welche aufgrund der beiden tödlichen Unfälle von Roland Ratzenberger und Ayrton Senna 1994 notwendig wurden, ein interessanter Kurs mit einer tollen Atmosphäre geblieben. Es gibt schnelle Kurven mit hohen Ansprüchen an die Aerodynamik und andere, wo es vor allem auf Traktion ankommt. Am 3. Mai 1981 wurde der erste Grand Prix von San Marino ausgetragen, der seitdem beinahe schon traditionell den Auftakt der Europasaison der Formel-1-Weltmeisterschaft markiert.

Schon zwei Jahre nach seinem WM-Debüt stand das Rennen im Autodromo unter keinem guten Stern: Die englischen – in der Konstrukteurs-Vereinigung FOCA organisierten Teams – boykottierten den San Marino-Grand Prix, so dass die turbo-befeuerten Boliden von Renault und Ferrari den Sieg unter sich ausmachten. Nach dem Ausfall beider französischer Renner duellierten sich die Ferrari-Stars Gilles Villeneuve und Didier Pironi – zur Show, wie der legendäre Kanadier, dem der Sieg im Vorfeld versprochen war, glaubte. Doch Pironi überrumpelte den arglosen Villeneuve, der tief enttäuscht Rache schwor. Im Qualifying zum folgenden Grand Prix im belgischen Zolder setzte er alles auf eine Karte und prallte auf den ausrollenden March von Jochen Mass. Villeneuve wurde aus dem überschlagenden Ferrari geschleudert und erlag seinen Verletzungen.

Was die Experten über Imola sagen

Der Fahrer - Juan Pablo Montoya: "Imola bedeutet den Auftakt der europäischen GP, und schon deshalb freut sich das gesamte Team darauf. Man ist näher an Zuhause. Die Fahrzeugabstimmung muss man in Norditalien meist an die gegenüber den ersten Rennen deutlich niedrigeren Außentemperaturen anpassen."

Der Techniker - Sam Michael: "Mit mittelschnellen bis schnellen Kurven, ein paar Schikanen und einigen harten Bremspunkten ist Imola für die Fahrer eine große Herausforderung. Außerdem muss das Set-up das Überfahren der Randsteine zulassen, ohne dass dabei Stabilität bei hoher Geschwindigkeit verloren geht."

Der Motorenmann - Mario Theissen: "Die Tatsache, dass in Imola mit relativ hohem Abtrieb gefahren wird sowie die Bergauf-Passagen dort stellen hohe Ansprüche an die Motoren."