Michael Schumacher mag der erfolgreichste Formel 1 Pilot aller Zeiten sein. Doch wenn es einen deutschen Rennfahrer gibt, der weltweit ähnliche Bekanntheits- und Sympathiewerte erreicht, dann ist es der 74-fache GP-Starter Hans-Joachim, genannt Strietzel, Stuck.

Im Rahmen des DTM-Auftaktwochenendes in Hockenheim baten wir den Premiere-Experten und mehrfachen Langstreckensieger zum Gespräch. Mit motorsport-magazin.com-Chefredakteur Stephan Heublein sprach Strietzel dabei unter anderem über die aktuellen Problemfelder der Deutschen Tourenwagen Masters und der Formel 1.

Hans, beginnen wir mit einem Wort zur Speed Academy der Deutschen Post, welcher Du als Jurymitglied ebenso angehörst wie Timo Glock. Wie wichtig ist die Arbeit der Speed Academy?

Hans Joachim Stuck: Wir sind hier in Deutschland immer noch die Automobilnation schlecht hin. Aber abgesehen von einem Michael Schumacher, über den brauchen wir ganz klar nicht zu reden, gibt es im Nachwuchsbereich für die Zeit nach einem Michael oder Ralf Schumacher noch nicht allzu viel. Entsprechend müssen wir hier eine Basis schaffen um auch dann noch im Motorsport erfolgreich zu sein, wenn Michael zurückgetreten ist. Das beste Beispiel hierfür ist Timo Glock, der es bis in die F1 geschafft hat und nachdem er da keinen Platz mehr bekommen hat in die USA gegangen ist und auch dort Erfolg hat. Das ist doch toll. Hier wird also weiter dafür gesorgt, dass die Jungs nicht einfach fallen gelassen werden. Es hilft ihnen nämlich nicht, wenn man ihnen einfach nur eine Million gibt und sich danach nicht mehr darum kümmert. Deshalb werden von den neuen Kandidaten mit Sicherheit auch wieder einige für Furore sorgen.

Wechseln wir das Thema zur DTM: Wie siehst Du die Entwicklung der Rennserie mit der zunehmenden Internationalisierung und der Konkurrenz durch die WTCC?

Hans Joachim Stuck: Die beiden tun sich meiner Meinung nach nicht weh. Denn die WTCC findet global statt. Und da sehe ich schon ein bisschen ein Problem für die DTM, welches wir schon zu meinen Zeiten als es noch die ITC gab hatten: Man sollte nicht versuchen zu viel ins Ausland zu gehen. Schließlich ist es nun einmal eine Deutsche Tourenwagen Masters. Denn wenn wir heute beispielsweise nach Avignon gehen, dann fährt da kein deutscher Fan hin. Eine Ausnahme ist natürlich Spa, denn das gehört ja fast schon zu Deutschland, und Istanbul finde ich geil, weil in der Türkei ist ja halb Deutschland und umgekehrt. Aber insgesamt sollte man versuchen ein paar interessante Stadtrennen wie in Hamburg oder vielleicht in München zu organisieren. Die Rennen müssen für die deutschen Fans einfach immer gut erreichbar sein.

Ebenfalls etwas umstritten ist die Einführung von Strafgewichten in der DTM.

Hans Joachim Stuck: Im Endeffekt ist ja nur wichtig, was der Zuschauer draußen erlebt und welche Meinung er sich bildet. Wenn der nach Hause geht und am nächsten Tag zu seinem Spezi sagt: 'Mensch, dass war gestern ein geiles Rennen!', dann ist es total wurscht ob die mit Strafgewichten fahren. Denn es muss bei allem eine gute Show dabei sein. Die Leute wollen spannende Rennen sehen und wie die Action letztlich zustande kommt, ist ihnen völlig egal. Ob die jetzt 500 oder 700 PS haben spielt keine Rolle.

Und diese spannende Show wird in der DTM auf alle Fälle geboten.

Hans Joachim Stuck: Natürlich. Vor allen Dingen ist es so, dass man durch das Reglement natürlich eine gewisse Chancengleichheit einräumt. Wer sein Paket am besten einsetzt, gewinnt letzten Endes auch.

Und wie siehst Du die Zukunft der DTM?

Hans Joachim Stuck: Die Rover-Geschichte war natürlich der Super-Gau. Aber es wird in diesem Jahr auch von der Performance von Opel abhängen. Sollte Opel aber tatsächlich aussteigen, muss man darauf hoffen, dass noch ein neuer Hersteller dazu kommt. Denn mit nur zwei Marken wird es nach einem Jahr schwierig. Und es wäre schade, wenn diese Bühne, die man mit viel Mühe wieder aufgebaut hat, wieder einstürzen würde. Das wäre echt schade.

Okay, dann konzentrieren wir uns nun auf die Formel 1: Haben sich die Regeländerungen in diesem Jahr bislang bewährt?

Hans Joachim Stuck: Hier muss man erst einmal eines festhalten: Das Thema Formel 1 ist momentan so komplex, dass würde alle Rahmen sprengen. Es gibt sicherlich Dinge, die man als gut ansehen kann, ob man jetzt aber unbedingt mit einem Satz Reifen ein Rennen fahren muss ist eine andere Frage. Da kann man drüber streiten. Vom Grundsatz her geht man aber in die richtige Richtung.

Wobei die Frage ist, ob zum Beispiel die Zwei-Wochend-Motoren wirklich so sinnvoll sind, wenn am Freitag nicht mehr gefahren wird...

Hans Joachim Stuck: Meines Erachtens nach sollte man den Freitag zum Testtag machen. Dann sollen alle mit so viel Reifen und Autos fahren wie sie wollen. Am Samstag wird dann der Rennmotor eingebaut, den kann man ja verplomben und versiegeln, dass ist kein Problem. Das Qualifying am Sonntagmorgen finde ich gut, denn das ist eine Aufwertung für die Zuschauer, die kein Warm-Up mehr geboten bekommen. Aber diesen Freitag muss man ändern. Schließlich möchte man da ja auch Leute hinbekommen. Und das ist eh schwierig genug, da die Leute dann arbeiten müssen. Aber für diejenigen die kommen, sollte man das ganze mit einem Testfreitag einfach besser füllen.

Zum Kräfteverhältnis nach den ersten drei Rennen: Renault ist ganz klar vorne...

Hans Joachim Stuck: Kompliment an Renault, vor allem da Alonso auch mit einem relativ geringen Aufwand vorne mitfahren kann.

Einen starken Aufwärtstrend gab es auch bei Toyota zu verzeichnen.

Hans Joachim Stuck: Toyota ist für mich der Aufsteiger des Jahres, aber die Welle war schon vom Pazifik unterwegs, die musste kommen. Zumal sich langsam die Arbeit eines Mike Gascoyne auszahlt. Aber es hapert noch immer an der Kommunikation zwischen Deutschland und Japan. Denn wenn die einen aufstehen, gehen die anderen schlafen und umgekehrt. Aber das bekommen die schon noch hin, keine Angst.

Die Frage ist nun natürlich, ob sie auch in Imola so stark sein können, da es dort nicht mehr ganz so heiß sein wird wie in Malaysia und Bahrain, was ihren Hinterreifen sehr zugute gekommen sein dürfte.

Hans Joachim Stuck: Das ist eine Frage von Michelin.

Während Toyota eine Überraschung der ersten Rennen war, muss British American Racing klar zu den Enttäuschungen gezählt werden.

Hans Joachim Stuck: Ja, aber sie haben ihr System glaube ich jetzt umgekrempelt und die alten Leute zurückgeholt. Das ist immer so, wenn man am Jahresanfang in eine falsche Richtung gegangen ist, dann braucht es eine Zeit lang um das wieder zu sortieren. Denn bei der gesamten Testerei im Winter weiß ja keiner wie man steht oder wie leicht und schwer die Konkurrenz unterwegs war. Der erste Showdown ist immer Australien. Und wenn du da nicht auf der richtigen Schiene bist, dann brauchst du zwei Rennen um dich wieder zu erholen.

Ähnlich wie Ferrari, die jetzt in Imola wahrscheinlich schon wieder dabei sein werden.

Hans Joachim Stuck: Ich halte es dort mehr für ein Reifen- als ein Autoproblem. Und wenn Bridgestone es hinbekommt und in Imola einen Reifen hat, der funktioniert, dann wird das schon wieder.

Bei Red Bull gibt es für Imola keinen Reifen-, sondern einen Fahrerwechsel: Ist das die richtige Entscheidung?

Hans Joachim Stuck: Red Bull krempelt derzeit eh alles ein bisschen um. Sie haben einen guten Auftritt und ein gutes Auto und warum also kein Fahrerwechsel? Wenn man schon zwei so junge Eisen im Feuer hat... Der Klien wird es überleben, besonders da er jetzt am Freitag fahren darf.

Eine andere Fahrerfrage stellt sich momentan bei Sauber...

Hans Joachim Stuck: Das möchte ich jetzt nicht groß kommentieren, denn ich persönlich kann es mir einfach nicht vorstellen, dass ein Villeneuve das Fahren verlernt haben soll. Aber er wird sich gegen die neuen, jungen Leute wie Massa natürlich sehr schwer tun. Und da ist die Frage, ob er nicht von sich aus sagen sollte: Okay, ich habe es probiert, aber bevor ich weiter neue Ausreden suche, sage ich gut, das war halt nichts. Denn die Formel 1 zu seinen Zeiten in denen er erfolgreich war, ist eine andere Formel 1 als jetzt.

Und es kommt hinzu, dass das Auto auch nicht so überragend ist.

Hans Joachim Stuck: Das kommt dazu. Zudem steht er unter einem solchen Druck, dass er machen kann was er will, es ist immer verkehrt. Außer er gewinnt, aber das kann er mit diesem Auto nicht.