Die Formel-1-Saison ist vorbei und die spannenden Geschichten kommen erst. WMSC-Beschlüsse, Red-Bull-Motor und jetzt McLarens Konzept-Fahrzeug. Der britische Traditionsrennstall stellte am Donnerstag online seine Vision vom Formel-1-Auto der Zukunft vor. Der Name des Fahrzeugs lautet schlicht: MP4-X. Die typische McLaren-Nomenklatur, bei der anstelle der hinteren Zahl noch ein X steht. Damit wird offengelassen, wie weit sich das Konzept in der Zukunft befindet.

Ganz neu wirkt das Konzept allerdings nicht: Red Bull stellte bereits 2010 für ein Videospiel den X2010 vor. Ebenfalls ein Konzept, wie die Formel 1 in Zukunft aussehen könnte, das Red Bull vier Jahre später mit dem X2014 noch einmal überholte. Entsprechend musste sich McLaren schon den Spott der Konkurrenz anhören. "Hey McLaren, ihr seid fünf Jahre zu spät", twitterte Red Bull.

Red Bull stichelt gegen McLaren

Die Österreicher sind auf Ron Dennis nicht besonders gut zu sprechen, weil der den Deal zwischen Red Bull und Honda mit einem Veto verhindert hatte. Gleichzeitig provozierte Red Bull am Donnerstag mit einem Bild: Zu sehen ist, wie Männer in weißen Kitteln am Heck des Boliden arbeiten. Darüber steht: Schweizer Ingenieurskunst, um den Abstand nächstes Jahr zu verkleinern. Darunter ein langjähriger McLaren-Sponsor, der 2016 zu Red Bull wechselt und ironischerweise auch noch zur TAG-Gruppe gehört. McLaren holte mit TAG-Turbomotoren drei Fahrerweltmeisterschaften.

Zurück zum McLaren-Konzept: Wie der X2010 ist der MP4-X eine Mischung aus Sportwagenprototyp und Formel-Renner. Das Monocoque ist zwar noch klar zu erkennen und die vordere Radaufhängung steht komplett frei, die Reifen sind allerdings wie bei einem Sportwagenprototypen komplett verkleidet.

Das Cockpit wird von einer Kampfjet-artigen Kanzel überspannt. Die Lufthutze fäll dadurch komplett weg, die Motorabdeckung senkt sich kontinuierlich in das Heck hinein. Das Heck ist fast komplett geschlossen gestaltet, auch an der Hinterachse sind die Reifen voll verkleidet. Nur der Heckflügel erinnert noch ein wenig an die Formel 1, wie wir sie kennen.

Ground-Effekt und aktive Aerodynamik

Der Unterboden des McLaren MP4-X ist gewaltig, Foto: McLaren
Der Unterboden des McLaren MP4-X ist gewaltig, Foto: McLaren

Im Mittelpunkt steht ein gewaltiger Diffusor, dessen Wirkung durch den Ground-Effekt erheblich verstärkt wird. Weil antriebsseitig immer kleinere und effizientere Motoren eingebaut werden, müssen die Aerodynamiker weniger Kompromisse wegen Packaging eingehen. Weniger Motor und kleinere Tanks erlauben diesen massiven Unterboden. Dazu soll aktive Aerodynamik die Performance verbessern.

Die Elektromotoren sollen nicht nur von der Batterie gespeist werden, sondern auch induktiv geladen werden. Über Induktionsschleifen im Asphalt soll die Energie dann ins Fahrzeug gelangen. Eine Technik, auf die langfristig auch die Formel E setzen will.

Die Batterien selbst sollen in den Crash-Strukturen untergebracht werden, um Bauraum zu sparen. Ein weiterer Vorteil wäre, dass die Energiespeicher nahe am Ort der Erzeugung und des Verbrauchers wären.

Sonnenenergie soll Boosts ermöglichen

Der der Clou des MP4-X: Er soll nicht nur wie die aktuellen Formel-1-Boliden elektrische Energie rekuperieren, sondern auch mit Fotovoltaik-Zellen Strom erzeugen. Mit der Solar-Energie sollen spezielle Boosts möglich sein, aber auch das Betreiben der elektrischen Onboard-Systeme. Bei Nachtrennen fällt diese Energiequelle jedoch weg.

Das Cockpit soll sich unter allen Umständen öffnen lassen, Foto: McLaren
Das Cockpit soll sich unter allen Umständen öffnen lassen, Foto: McLaren

Als Reaktion auf die aktuellen Sicherheitsdiskussionen soll das Cockpit wie das eines Kampfjets geschlossen werden. "Ich war einer von vielen Fahrer die gesagt haben, dass Formel 1 gleich offene Cockpits bedeutet, aber ich glaube, wir haben jetzt genug", meint Jenson Button. "Wir brauchen irgendwie ein Dach auf dem Auto, weil wir nicht zulassen können, dass diese Unfälle so häufig passieren wie in den letzten paar Jahren. Wir sind nicht mehr in den 1970er Jahren."

Die McLaren-Lösung soll hohe Sicherheit mit guter Rundumsicht kombinieren. Bei Überschlägen soll sich die Konstruktion ohne Probleme öffnen lassen. Bei den GT3-Flügeltür-Boliden von Mercedes war das mit geringen Mengen Sprengstoff gelöst. Im Falle eines Überschlags konnten die Türen so problemlos losgelöst werden.

360-Grad-Sicht mit HMDS

Für die perfekte Rundumsicht soll aber noch ein anderes System sorgen: Auf dem Helmvisier des Fahrers soll die komplette Umgebung des Fahrzeugs abgebildet werden. Der komplette 360 Grad Rundumblick soll somit möglich sein. Zusätzlich sollen dem Fahrer Informationen auf das Helmdisplay gespielt werden, wie es heute schon bei Kampfjets üblich ist. Die Weiterentwicklung des Head-up-Displays nennt sich Helmet Mounted Display Systems, kurz HMDS.

Die Reifen werden komplett überwacht, Foto: McLaren
Die Reifen werden komplett überwacht, Foto: McLaren

Um Sicherheit geht es auch bei den Reifen. Die vollkommen verkleideten Reifen sollen es diversen Sensoren ermöglichen, immer mehr Daten zu sammeln. Nicht nur Temperaturen und Drücke sollen erfasst werden, sondern auch Abnutzungsgrad. Mit dem Onboard Luftdruck-Regulator sollen außerdem die Luftdrücke während der Fahrt kontrolliert werden. Pirelli entwickelt zudem bereits an einem Smart-Reifen, der selbst mit Sensoren ausgestattet ist und Schäden frühzeitig erkennt.

Dorthin soll laut McLaren auch der Weg beim Chassis gehen. "Die bisher existierende Intelligenz des Autos soll ausgeweitet werden. Es könnte seinen eigenen Zustand erkennen, seine Performance verbessern und sehr genaue Informationen über seine eigenen Strukturen sammeln. Es wäre ein wirklicher Schritt nach vorne beim Verständnis von Unfällen und weitergedacht auch, wie wir künftige Unfälle verhindern können", erklärt Tim Strafford, Leiter der Geschäftsentwicklung bei McLaren Applied Technologies.

Dazu sollen Features kommen wie Gedankensteuerung, eine Bio-Telemetrie, also eine Übertragung von Fahrerdaten wie Puls oder Blutdruck in Echtzeit und ein intelligenter Overall kommen, der bei Unfällen anzeigt, welche Kräfte wo auf den Körper des Fahrers gewirkt haben.

Neue Technik, neue Werbemöglichkeiten

Sponsoren so individuell wie Internetwerbung, Foto: McLaren
Sponsoren so individuell wie Internetwerbung, Foto: McLaren

Über neue Wege der Finanzierung hat sich McLaren ebenfalls Gedanken gemacht. Die Sponsoren sollen nicht mehr mit Aufklebern präsentiert, sondern virtuell eingeblendet werden. Somit wäre es möglich, dass unterschiedliche Zuschauer unterschiedliche Sponsoren auf den Autos sehen. "Seit wann ist das Konsumverhalten des Fans in Litauen und des Fans in Lubbock in Texas ähnlich?", fragt sich Rob Bloom, Leiter Digital und Social Media bei McLaren Marketing.

Auch wenn viele Visionen des McLaren-Konzepts noch sehr weit von der Realität entfernt scheinen, glauben die Entwickler daran, dass die Formel 1 eines Tages so aussehen könnte. "Die Technologien, die am MP4-X installiert sind, sind alle echt, auch wenn sie sich noch in sehr frühen Stadien ihrer Konzeption befinden", schreiben die Briten.

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