Sie sind angehender Staubsaugervertreter mit Aufstiegschancen, wollen der Welt aber noch viel mehr verkaufen - und zwar am besten gleich alles? Sie sind Stammgast in sämtlichen Seminaren, welche das Wort "Erfolg" im Titel tragen? Sie stehen morgens vor dem Spiegel, klopfen sich auf die Brust und sagen: "Heute ist mein Tag. Heute werde ich wieder die Welt erobern..."? Sie sparen schon seit Jahren auf ein Manager-Kinn (Nase und Kinn müssen wegen der Geradlinigkeit im selben Winkel sein) beim Schönheitschirurgen um die Ecke? Dann sollten Sie unbedingt die folgenden Zeilen lesen - denn der zurzeit wieder einmal so erfolgreiche Renault-Teamchef und Piloten-Manager Flavio Briatore hat im Rahmen eines Gesprächs mit dem Telegraph wertvolle Tipps und Lebensweisheiten von sich gegeben...

An der falschen Station wartest du für immer!

Es geht im Leben prinzipiell einmal um das Geschäft - das ist ja wohl klar, oder? Hierzu sagt Flavio Briatore: "Ein Geschäft aufzubauen, ist eine Frage der Kreativität - nicht nur der Möglichkeiten. Die Menschen sprechen immer davon, zur rechten Zeit am richtigen Ort zu sein. Stimmt nicht. Du kannst den richtigen Platz und die richtige Zeit auserkoren haben - aber wenn du an der falschen Station wartest, wartest du für immer."

Es gibt nur zwei Sorte von Menschen - Käufer und Verkäufer!

Man muss demnach also verschiedene Dinge ausprobieren - die Eltern von Briatore waren Lehrer, doch als Schilehrer sei er "zu kalt" gewesen, sagt Briatore. Und so wurde er zunächst Versicherungsvertreter. Ging an die Börse. Und: Lernte Freunde kennen. Luciano Benetton zum Beispiel. Der engagierte ihn, um den nordamerikanischen Markt in Sachen T-Shirts zu erobern. Briatore: "Es gibt im Leben nur zwei Sorte von Menschen. Leute, die etwas kaufen wollen. Und Leute, die etwas verkaufen wollen. Ich möchte verkaufen. Ich liebe es. Ich bin ein Verkäufer."

Was mit dem T-Shirt-Markt begann, führte bekanntlich zum zweimaligen Gewinn der F1-WM, gemeinsam mit Michael Schumacher. Briatore, der ohne jeden Formel 1-Background als Quereinsteiger in die Königsklasse kam, erinnert sich: "Diese Jahre waren unglaublich. So etwas passiert nur einmal in der Geschichte und dann nie wieder. Wir schafften es von den T-Shirts zum zweimaligen WM-Titel innerhalb von nur fünf Jahren. Mit einem Cosworth-Motor und einem im Vergleich zu den Topteams um 70 Prozent kleinerem Budget."

Doch dann entschwand Schumacher samt Schlüsselpersonen nach Maranello. Nach einer Pause kehrte Briatore bei Renault als Manager des Erfolges zurück - die Leistungskurve der Gelb-Blauen ist fast schon unheimlich, sie führt steil nach oben. Briatore will es wieder wissen. "Ich versuche etwas aufzubauen, was Sie Dreamteam nennen würden. Das ist nett." Und: "Alonso ist gut für das Team, denn er ist frisch, jung und kraftvoll. Fisichella hat sich verändert. Ich hatte damals bei Benetton einen Kampf mit ihm und wir trennten uns. Ich denke, er dachte er sei besser als er damals war. Doch er hat sich mental verändert. Er wurde stärker und ist jetzt ein Teamplayer, er ist nicht eifersüchtig auf Alonso."

Ich bin stets in das Produkt verliebt - aber nur wenn es gewinnt!

Wichtig wäre vor allem, ein "Siegerauto" zu haben. Und: "Racing ist mein Job. Ich bin ob meines Aufhängungssystems aufgeregt - aber nur wenn es mich zum Sieg bringt." Und noch eine kleine Inspiration - nach dem Thema Flavio und die Frauen ("Ich zähle die Frauen nicht, wenn ich eine Geschichte mit jemandem beginne, dann deshalb, weil ich etwas suche. Vielleicht ist es dann nach drei oder sechs Monaten zu Ende, vielleicht auch nach einem Jahr. Da fehlt dann eben das Vertrauen - doch es steckt bei mir immer eine gute Absicht dahinter...") verrät Briatore: "Ich bin immer in das Produkt verliebt. Und im Moment ist das Produkt das Auto." Diese Verliebtheit sei aber nur dann wirklich vorhanden, wenn "das Produkt gewinnt". Er sei kein Autoliebhaber, sagt Briatore: "Oh, no, no, no, no. Für mich ist ein Auto nur ein Transportmittel." Ob er einen Reifenwechsel bewerkstelligen würde? "Keine Chance", winkt Briatore ab.

Man bringt im Leben immer ein Opfer!

Der 55jährige Flavio Briatore ist ein Freund der großen Worte: "Ich widme mich zu hundert Prozent meinem Job. Ich weiß jedoch nicht, wann ich sterben werde - das ist das Problem. Man bringt im Leben immer ein Opfer." Die Gesprächspartnerin hinterfragt, ob viele Männer die "Seriendates mit Super-Modellen als Opfer bezeichnen" würden. Briatore lacht: "Ich spreche über das Resultat. Die Menschen haben Familien, einen Kombiwagen und einen Hund. Das habe ich nicht. Gut, ich habe einen kleinen Hund..." Er vermisse das Familienleben, sagt Briatore. Und dass er hofft, dass er bald die nötige Zeit dafür finden würde. Derzeit würde er "wie ein Zigeuner leben. Keine Wurzeln, keine Basis und viel Druck. Und sehr, sehr wenige Freunde". Sollte Renault die WM gewinnen, würde er "alles aufgeben und auf einer Insel leben", sagt er.

Nur Dumme ändern niemals ihre Meinung!

Und so glaubt Flavio Briatore daran, dass "niemand perfekt ist. Jeder hat ein Problem." Und: "Du managst dein Leben auf dem bestmöglichen Weg, um dich glücklich zu machen. Ich persönlich glaube daran, dass das Leben an einem Tag plötzlich zu Ende sein wird. Ich denke, dass das Leben endet. Nicht wahr? Und bevor alles endet, sollte man glücklich mit seinem Leben sein. Ich glaube nicht an ein Nachleben. Ich habe noch niemals jemanden gesehen, der sich in seinem zweiten Leben befindet." Aber: "Vielleicht ändere ich meine Meinung, wenn ich so jemanden treffen sollte." Briatore fügt eine weitere Lebensweisheit hinzu, locker aus dem Ärmel geschüttelt: "Nur Dumme ändern niemals ihre Meinung."

Ohne Gesundheit bist du niemand!

Und noch ein Tipp lässt sich aus dem Gespräch herausfiltern: "Du musst nicht manisch sein, du musst es in allem immer auch moderat angehen." Er selbst habe ein "busy life. Ich fliege 500 Stunden im Jahr und habe einen sehr stressigen Job". Zwar habe der Job die "absolute Priorität" in seinem Leben, doch es würde nur um "das Resultat" gehen, das Geld wäre nur ein "accident after that".

Und noch ein letzter, recht wertvoller, Tipp für das Managerleben der Zukunft: "Ich bin nicht gierig. Mit dem Geld kannst du dir das Glücklichsein nicht kaufen. Aber du kannst dir damit den Frieden kaufen. Den Frieden, dass du dir den besten Arzt der Welt kaufen kannst, wenn du krank bist. Denn ohne deiner Gesundheit bist du niemand. Wie viele Millionen du auch immer verdienst, du kannst sie nicht mit in dein Grab nehmen."