Mercedes war nach dem chaotischen Freitag vermutlich ähnlich genervt wie alle anderen Teams. Im aufgrund von Diesel auf der Strecke verkürzten 1. Training waren Rosberg und Hamilton noch Zweiter und Siebter geworden. Am Nachmittag regnete es zu Beginn der zweiten Session. Da man im Rennstall mit trockenen Verhältnissen für das laufende Wochenende rechnet, blieben beide Piloten weitgehend untätig in der Box. Als einziges Team aus der Spitze der Konstrukteurswertung hatte man daher letztlich überhaupt keine Rundenzeit in der Ergebnisliste des 2. Trainings stehen.

Nico Rosberg war angesichts der entgangenen Möglichkeit, den Teamkollegen mit einem erneut besseren Ergebnis unter Druck zu setzen, offensichtlich enttäuscht. "Das war kein besonders hilfreicher Tag. Wir konnten heute nicht viel lernen. Ich übte nur einige Starts und probierte Regeneinstellungen aus", sagte er. Paddy Lowe, Technischer Direktor des Teams, stimmt seinem deutschen Piloten zu: "Es war frustrierend, dass wir heute das erste Training verloren haben. Da es für den Rest des Wochenendes höchstwahrscheinlich nicht regnen wird, haben wir uns dazu entschlossen, nicht viel im Nassen zu trainieren und damit das Risiko für die Autos zu minimieren."

Hatte heute viel Langeweile: Nico Rosberg, Foto: Sutton
Hatte heute viel Langeweile: Nico Rosberg, Foto: Sutton

Nur Lewis Hamilton klang weniger schlecht gelaunt. Möglicherweise ist er der Meinung, dass ihm die Umstände in die Karten spielen. Ein Angriff auf seine Führungsstellung dürfte für die Konkurrenz in Russland angesichts des für alle verkorksten Freitags zumindest schwieriger werden. In jedem Fall klangen seine Aussagen nach der 2. Trainingseinheit positiver als der Rest der Mercedes-Stimmen. "Aus meiner Sicht gab es heute nicht viel zu lernen. Ich habe deswegen jedoch keine Bedenken, da wir alle im gleichen Boot sitzen. Wir konnten immerhin einen Flügel testen und blicken dem Wochenende zuversichtlich entgegen", gab der Weltmeister zu Protokoll.

Mercedes will in Russland die Konstrukteurs-WM

Auch die Tatsache, dass Pirelli die gleichen Reifenmischungen wie am - für Mercedes alles andere als glatt gelaufenen - Singapur-Wochenende anbietet und er diese in Sochi bislang nicht ausprobieren konnte, bereitete ihm keine Kopfschmerzen. "Ja, ich war auf denen nicht draußen, aber ich mache mir da gar keine Sorgen", so Hamilton. Die Ingenieure hätten schließlich alle notwendigen Analysen gemacht.

Die Wiederholung des Erfolgs vom Russland GP im vergangenen Jahr, erklärtes Ziel des Teams im Vorfeld, scheint so oder so nach wie vor realistisch. 2014 holten sich Hamilton und Rosberg bei der Premiere in Sochi den Doppelsieg im Rennen und machten dadurch gleichzeitig den Konstrukteurstitel für ihren Arbeitgeber klar. Der Kurs scheint den Silberpfeilen also zu liegen. Insofern war Hamiltons Sichtweise dieses Tages voller Untätigkeit, zumindest für ihn und das Team, wohl tatsächlich nicht ganz so unbegründet.