Es gab sie wirklich: Formel-1-Piloten aus der Deutschen Demokratischen Republik. Edgar Barth war zum Beispiel ein solcher. Der 1917 in Sachsen Geborene startete zwischen 1953 und 1964 fünfmal in der Königsklasse, allerdings nur einmal als Bürger der DDR. Beim Deutschland GP 1953 auf dem Nürburgring fuhr er - wie im Sozialismus durchaus üblich - für einen volkseigenen Betrieb, in dem Fall das Eisenacher Automobil-Werk (EAW). Barth fiel jedoch in diesem Rennen aus.

In den 50er-Jahren waren einige Piloten aus der DDR in der Formel 1 am Start, Foto: Sutton
In den 50er-Jahren waren einige Piloten aus der DDR in der Formel 1 am Start, Foto: Sutton

1957 wurde das "Staatliche Rennkollektiv" in Ostdeutschland aufgelöst. Daher wechselte Barth in den Westen, was vier Jahre vor dem Mauerbau für DDR-Bürger noch problemlos möglich war. Er wurde von Porsche unter Vertrag genommen und fuhr für das Team weitere drei Mal in der Formel 1, wobei er einmal einen sechsten Platz erreichte. 1964 absolvierte er im Cooper seinen letzten Auftritt in der Rennserie. Barth war jedoch auch unter anderem in Sportwagen-Wettbewerben am Start. Sein Sohn Jürgen gewann 1977 die 24 Stunden von Le Mans.

In der DDR waren selbstgebaute Rennwagen üblich

Ernst Klodwig und Rudolf Krause nahmen 1952 und 1953 jeweils am Deutschland GP der Formel 1 teil. Ihre Autos waren, wie fast immer bei DDR-Rennfahrern, Marke Eigenbau. Klodwig hatte sich aus einem BMW-Motor, Radaufhängungen von VW und weiteren Teilen unterschiedlicher Hersteller einen Boliden zusammengeschraubt. Mit ihm belegte er die Plätze 12 und 15, Krause fiel im ersten Jahr aus und wurde im zweiten Vierzehnter.

Ferrari spionierte bei den Autobastlern aus dem Osten

Ferrari-Ingenieure betrieben bei dieser Gelegenheit 1953 Spionage in den Boxen der sozialistischen Rennfahrer. Sie machten heimlich Fotos von Klodwigs Technik. Im kurvigen Abschnitt Schwalbenschwanz auf der Nordschleife des Nürburgrings war der DDR-Pilot dank cleverer Konstruktion der Hinterräder schneller gewesen als die Profis. Dabei fuhr Klodwig mit vergleichsweise geringen 110 PS, die Ferrari mit 190.

Der Brite Phil Read beim Deutschland GP 1967 auf dem Sachsenring, Foto: Milagro
Der Brite Phil Read beim Deutschland GP 1967 auf dem Sachsenring, Foto: Milagro

Ein weiterer bemerkenswerter Aspekt deutsch-deutscher Sportgeschichte war der Große Preis der DDR. Bis 1972 wurde der Motorrad-Weltmeisterschaftslauf auf dem alten Sachsenring ausgetragen. Dann fand der Wettbewerb ein eher unrühmliches Ende. Offiziell waren Sicherheitsmängel auf der sehr schnellen und gefährlichen Strecke der Grund für den Wegfall aus dem Kalender, tatsächlich steckte jedoch politisches Kalkül dahinter. 1971 sangen beim Sieg des Westdeutschen Dieter Braun zahlreiche Zuschauer die BRD-Hymne mit, was der DDR-Führung ebenso ein Dorn im Auge war wie die Anfeuerungsrufe der Einheimischen für Braun während des Rennens.

Generell wurde der Motorsport in Ostdeutschland von staatlicher Seite eher stiefmütterlich behandelt. Ein Grund dafür war die mit der Zeit immer komplexere und teurere Technik, die zum Einsatz kam. Private westliche Unternehmen und Investoren rüsteten ihre Fahrzeuge und Teams mit riesigen Summen und neuesten Materialien auf. Da konnte die DDR nicht mithalten und fiel somit sportlich zurück. Niederlagen, besonders gegen westdeutsche Konkurrenz, wollte die Staatsführung in Ost-Berlin aber nun wirklich nicht sehen.