Die Formel 1 sagt Europa für diese Saison goodbye. Mit dem Großen Preis von Singapur beginnt der abschließende Asien- und Amerika-Trip der Königsklasse. In dem südostasiatischen Stadtstaat erwartet die Teams und Fahrer ein ganz besonderes Rennen. Denn das Singapur-Rennen ist nicht nur das einzige im Kalender, das komplett im Dunkeln gefahren wird. Auch erwarten Hitze und eine hohe Luftfeuchtigkeit die Fahrer. Zusammen mit der Rennlänge - man kommt sehr nahe an die Zwei-Stunden-Grenze heran - gilt der Lauf als einer der härtesten der Saison. Da ist eine gute Fitness entscheidend.

Lewis Hamilton greift Sennas Rekorde an, Foto: Sutton
Lewis Hamilton greift Sennas Rekorde an, Foto: Sutton

Als Favoriten gehen wie gewöhnlich in diesem Jahr die Mercedes-Piloten auf die Strecke. Lewis Hamilton steht dabei noch mehr im Blickpunkt als in den vergangenen Rennen. Denn der mit 53 Punkten Vorsprung Führende der WM könnte sich in den Geschichtsbüchern der Formel 1 noch weiter nach vorne schieben. Mit einem Sieg - es wäre sein 41. Erfolg - würde er zu Sebastian Vettel und Ayrton Senna aufschließen, holt er sich die Pole-Position, wäre das seine achte in Serie. Das gelang vorher nur einem - eben jenem Senna.

Die Chancen, dass ihm das gelingt, stehen gut. Bereits zweimal konnte Hamilton in Singapur gewinnen, 2009 und 2014. Auch in diesem Jahr wird kaum ein Vorbeikommen an den Mercedes sein, zu dominant waren sie zuletzt auf jeder Art von Strecke. Der Brite reist mit zwei Siegen im Rücken nach Singapur, sein Teamkollege Nico Rosberg musste in Monza einen schweren Rückschlag verdauen, als kurz vor Schluss seine Power Unit ihren Dienst quittierte.

Doch Hamilton lässt sich davon nicht einlullen. "Ich weiß, dass er zurückschlagen wird und freue mich auf das nächste Duell in Singapur", sagte Hamilton mit Blick auf seinen Teamkollegen. Der wiederum hat angesichts seines Rückstandes in der WM nur noch den Blick nach vorne gerichtet. "Ich gehe die verbleibenden sieben Rennen mit der Einstellung an, dass ich nichts mehr zu verlieren habe. Somit heißt es: Volle Attacke. Ich werde auf keinen Fall aufgeben", gibt er sich weiterhin kämpferisch. Diskussionen wie zuletzt in Monza, als der Hamilton-Sieg wegen fehlerhafter Reifendrücke auf der Kippe stand, soll es in Singapur nicht mehr geben. Pirelli und die FIA wollen das Prozedere ändern.

Greift nicht erneut der Defektteufel ein, wird es für die Konkurrenz wohl nur darum gehen, den verbleibenden Platz auf dem Podium zu holen. Erster Anwärter sollte Ferrari sein, die sich als zweite Kraft im Feld etabliert haben und in dieser Saison in Person von Sebastian Vettel bereits zwei Rennen gewinnen konnten. Zuletzt gelang das in Budapest, auf einer Strecke, die dem Marina Bay Circuit in Singapur recht ähnlich ist: wenig Vollgas-Passagen, dafür viele Kurven. Ein Vorteil für die Scuderia stellt auch das Wetter dar, denn besonders bei Hitze geht der Ferrari besonders gut, die superweichen Reifen, die zum Einsatz kommen, funktionieren ebenfalls sehr gut an den roten Rennern.

Wechselorgie soll Red Bull und McLaren helfen

Ein Erfolgserlebnis strebt auch Red Bull an. In Spa und Monza aufgrund der unterlegenen Renault-Power-Unit weit weg von der Spitze, kommt der Singapur GP wie gerufen für das Team aus Milton Keynes. Auch sie blicken mit guten Erinnerungen auf das Wochenende in Budapest zurück, als man beide Autos auf das Podium brachte. Das Chassis zählt aerodynamisch weiterhin zu den besten im Feld. Damit die Power Unit keine Strafe verursacht, hat man zuletzt gleich mehrere verbaut und die Strafen hingenommen, um jetzt im Notfall straffrei wechseln zu können.

Bei Red Bull rechnet man sich was aus, Foto: Sutton
Bei Red Bull rechnet man sich was aus, Foto: Sutton

Ähnlich ging man bei McLaren zu Werke, denn die Power Unit von Honda gehört ebenfalls nur zur zweiten Liga in der Formel 1. Auch das Traditionsteam legte eine regelrechte Wechselorgie hin, um genug Reserven zumindest für Singapur zu haben. Denn Strafen kann man bei einer der letzten Möglichkeiten in diesem Jahr, ein starkes Ergebnis zu holen, nicht gebrauchen. "Unser Auto läuft besser auf dieser Art von Strecke, daher hoffe ich, dass wir an diesem Wochenende Spaß haben werden", bringt Jenson Button die Zielsetzung auf den Punkt.

Das Mittelfeld verspricht in Singapur sehr eng beieinander zu liegen. Red Bull und Toro Rosso verfügen über traditionell starke Autos, davon verspricht sich auch McLaren einiges. Sauber reist mit einem Aerodynamik-Update an, während Force India zwar nicht auf die Stärke des Topspeeds bauen kann, dafür aber mit reichlich Selbstvertrauen daherkommt. Und was ist mit Williams und Lotus? Die Truppe aus Grove hat immer wieder Probleme auf Kursen, die Abtrieb und Traktion verlangen, Lotus dagegen kämpft darum, wenigstens mit einem Auto die erste Runde zu überstehen. Manor wird erneut abgeschlagen sein.

Smog bedroht Austragung

Die Teams haben jedoch nicht nur mit ihren Gegnern auf der Strecke zu kämpfen, sondern auch mit Landwirten, die auf der benachbarten Insel Sumatra den Wald abholzen und verbrennen. Der dadurch entstehende Smog hängt seit Tagen wie eine Glocke über der Stadt und führt zu hoher Luftverschmutzung. Am Montag erreichte der Pollutant Standards Index (PSI), anhand dessen die Luftverschmutzung gemessen wird, einen Wert von 222, was das Jahresmaximum bedeutet und jenseits der offiziellen "sehr ungesunden" Marke von 200 liegt. Sogar eine Absage des Rennens stand im Raum. Am Dienstag folgte ein offizielles Statement der Veranstalter. Darin heißt es: "Basierend auf den aktuellen PSI-Werten gibt es keine Pläne, das veröffentlichte Renn- und Unterhaltungsprogramm zu ändern." Jedoch könne sich die Situation schnell ändern.

Der Smog kann zur Bedrohung für das Rennen werden, Foto: Sutton
Der Smog kann zur Bedrohung für das Rennen werden, Foto: Sutton

Etwas geändert hat sich auch der Streckenverlauf des Marina Bay Circuit zwischen den Kurven 11 und 13. Vor Kurve 11 holt die Strecke etwas nach links aus und biegt dann rechts ab. Große Umbaumaßnahmen waren allerdings nicht möglich, die Fahrer nutzen nun die linke Spur der Anderson Bridge anstelle der rechten. Zudem wurde Turn 13, eine Haarnadelkurve, verbreitert, um mehr Überholmöglichkeiten zu bieten.