Die Mercedes-Piloten gehen beim Großen Preis von Belgien in der fast schon gewohnten Reihenfolge ins Rennen. Lewis Hamilton startet einmal mehr von der Pole Position, Nico Rosberg muss seinen Teamkollegen erneut ab Runde eins jagen. Damit steht der Brite zum sechsten Mal in Folge auf Pole, zum zehnten Mal in dieser Saison - bei elf Rennen.

Dabei hatte das Kräfteverhältnis am Freitag noch anders ausgesehen. Vor allem im Mittelsektor war Hamilton im entscheidenden Q3 deutlich schneller als sein Teamkollege. "Bei Nico lief es dort ein bisschen unglücklich, weil er weit rausgekommen ist. Bis dahin war die Delta-Zeit auf Hamilton-Niveau", erklärte Motorsportchef Toto Wolff.

Nico Rosberg wollte das nicht so bestätigen. Der Deutsche spürte keinen Fehler auf seiner schnellen Runde. "Ich hatte eigentlich erwartet, auf Pole zu stehen. Ich hatte nur Untersteuern und dadurch war ich langsamer", so Rosberg. "Ich verliere vor allem in den Kurven 12, 13 und 14, aber eigentlich im ganzen Mittelsektor - wo die Kurven sind. In Sektor 1 und 3 gibt es eine Kurve und man muss nur den Fuß weit runterdrücken - und das kann ich."

Hamilton: Setup nicht sehr unterschiedlich

Lewis Hamilton hatte auch keine wirkliche Erklärung, warum er seinem Teamkollegen im Mittelsektor fast eine halbe Sekunde aufbrummte. "Wir fahren kein so unterschiedliches Setup, daran liegt es jedenfalls nicht", sagte er zu Motorsport-Magazin.com. Ob der Brite eine neue Linie gefunden hat? "Das ist ein Geheimnis, das ich nicht verraten kann", scherzte er. "Ich habe ihn einfach gut zusammenbekommen. Ich habe seit dem letzten Jahr daran gearbeitet."

Lewis Hamilton war im Mittelsektor eine Macht, Foto: Sutton
Lewis Hamilton war im Mittelsektor eine Macht, Foto: Sutton

Auch nach der Sommerpause scheint es, als würde Rosberg im Quali-Trimm kein probates Mittel gegen seinen Hauptkonkurrenten im WM-Kampf finden. "Ich finde die Diskussionen lustig, weil es im letzten Jahr genau andersherum war. Lewis' Statistik in diesem Jahr ist einfach eindrucksvoll, mehr gibt es dazu nicht zu sagen", würgte Toto Wolff die Diskussionen schnell ab.

Rosberg hat sich in der Tat in diesem Jahr mehr auf die Renn-Pace konzentriert, doch ganz gewollt sind die Ergebnisse am Samstag freilich nicht. "Heute hatte ich auch wieder untersteuern, was im Rennen dann gut ist", merkte er an. "Aber das war eigentlich meine Intension."

Bei Lewis Hamilton sieht es genau andersrum aus. Aus den bisherigen neun Pole Position hat der Brite 'nur' fünf in Siege umwandeln können. "Und das spiegelt nicht meine Performance wieder. Ich muss die Poles in mehr Siege ummünzen."

Hamilton: Keine Angst vor Start

Die erste Möglichkeit, um die Reihenfolge zu ändern, hat der Deutsche am Start. Wegen der neuen Regeln rechnen viele damit, dass sich hier mehr verschieben kann. Angst hat der Weltmeister davor aber nicht. "Ich habe generell keine Angst. Dieses Wort existiert in meinem Vokabular nicht."

Das neue Startprozedere verspricht in Belgien Spannung, Foto: Sutton
Das neue Startprozedere verspricht in Belgien Spannung, Foto: Sutton

Hamiltons Feind ist eher die Streckencharakteristik, als der Start. "Es ist nicht der beste Platz, um von Pole zu starten. Man gibt einen sehr guten Windschatten. Das perfekte Szenario sieht so aus: Einen perfekten Start erwischen und gut aus La Source beschleunigen, damit man den Windschatten nicht gibt. Das ist aber nie der Fall. Aber ich hoffe trotzdem nicht, dass ich als Zweiter aus La Source kommen."

Ganz einfach wird der Angriff für Rosberg am Start aber nicht. Denn mit vollem Tank und in verwirbelter Luft kann nicht einmal der Mercedes Eau Rouge Vollgas nehmen, wie Rosberg Motorsport-Magazin.com verriet. "Das ist eher schlecht für mich. Vollgas wäre besser."

Wolff: Uns wachsen graue Haare

Doch es gibt schlechtere Orte, um auf der Strecke zu überholen. Die Streckencharakteristik erlaubt Windschattenduelle. Mit frischen Reifen und leichteren Autos sollte Eau Rouge dann auch im Windschatten voll gehen.

Nach dem Krieg der Sterne im Vorjahr ist das Duell zwischen Rosberg und Hamilton besonders brisant. Rosberg versuchte früh im Rennen mit Gewalt an Hamilton vorbeizugehen, schlitze dem Briten dabei einen Reifen auf und beschädigte seinen Frontflügel.

Noch immer sorgt der Crash zwischen Hamilton und Rosberg im Vorjahr für Gesprächsstoff, Foto: Sutton
Noch immer sorgt der Crash zwischen Hamilton und Rosberg im Vorjahr für Gesprächsstoff, Foto: Sutton

Toto Wolff rechnet nicht mit ähnlichen Problemen. Der Österreicher vertraut auf die zahlreichen Gespräche, die es unmittelbar nach Spa aber auch in der Winterpause noch diesbezüglich gab. "Wir haben alle unsere Lektionen gelernt", ist sich Wolff sicher. "Beim Start und nach La Source werden uns graue Haare wachsen, aber es wird normales Racing und nicht mehr."

Auch Nico Rosberg hat seine Lektion aus dem vergangen Jahr gelernt. Zurückstecken will er deshalb aber nicht. Für ihn gilt weiterhin volle Attacke. Sollte sich eine ähnliche Situation wie im Vorjahr ergeben, er würde wieder nicht warten, bis DRS freigegeben ist, sondern sofort seine Chance suchen.

Rosbergs Reifenschaden weiter ein Rätsel

Derweil ist noch immer unklar, wodurch Rosbergs Reifenschaden am Freitag genau verursacht hat. Ganz verdrängen kann der Vizeweltmeister das nicht. "Aber nur wenn ich hier stehe, wenn ich im Auto sitze, ist das komplett weg", versicherte er.

Noch immer ist der genaue Grund für Rosbergs Reifenschaden unklar, Foto: Sutton
Noch immer ist der genaue Grund für Rosbergs Reifenschaden unklar, Foto: Sutton

Um auf Nummer Sicher zu gehen, änderte Mercedes sogar das Setup leicht. Pirelli gibt vor jedem Rennen gewisse Grenzwerte bei der Fahrwerksabstimmung sowie den Reifendrücken vor. Diese hatte Mercedes zwar eingehalten, doch um das Risiko weiter zu minimieren, ging Mercedes noch einen Schritt weiter. "Das ist für das Rennen sogar noch ein bisschen besser", erklärt Rosberg.

Aus Performance-Sicht konnte Mercedes die Sicherheitsabstimmung gut verkraften. Als einziges Team fuhr Mercedes in Q1 Medium - und war trotzdem schneller als die Konkurrenz auf Soft. Vor allem Ferrari enttäuscht bislang an diesem Wochenende. "So weit hinten waren sie lange nicht mehr", zeigte sich Hamilton überrascht. "Ich weiß nicht, woran das liegt, aber für Mercedes ist das gut."