Die Formel 1 macht Sommerpause. Genau der richtige Zeitpunkt für Motorsport-Magazin.com, um Halbzeitbilanz zu ziehen. Mit der Mercedes-Power wurde für Lotus vieles besser. Romain Grosjean und Pastor Maldonado machten eine katastrophale Saison 2014 schnell vergessen. Dennoch ist die Lage kritisch: Aus den Möglichkeiten wurde viel zu wenig gemacht, wofür die Piloten nicht immer viel konnten. Schon zweimal schieden beide Autos in der ersten Runde aus. Zudem stellt die knappe Kasse ein dauerhaftes Damoklesschwert dar.

Äußerst konstant: Romain Grosjean, Foto: Sutton
Äußerst konstant: Romain Grosjean, Foto: Sutton

Das Auto:
Mit dem E23 hat Lotus ein solides Auto gebaut, das auf Experimente wie die radikale Nase der Saison 2014 verzichtet. Dank der Mercedes-Power ist man dem Ende des Feldes entkommen. Vom großen Ziel vor der Saison, Williams anzugreifen, ist das Enstone-Team, das möglicherweise bald wieder von Renault übernommen wird, weit entfernt. Noch weiter weg ist man von den sensationellen Leistungen der späten V8-Ära.

Das Auto ist zu Beginn der Saison besser gewesen als es der Punktestand anzeigt. Sukzessive sind die schwarzen Boliden im dichten Mittelfeld jedoch weiter nach hinten durchgereicht worden. Schwächen bestehen in der aerodynamischen Performance in schnellen Kurven: Sowohl in Barcelona als auch in Silverstone schaffte es kein Lotus ins Q3. Es braucht für die zweite Saisonhälfte jenseits der Power-Strecken von Spa und Monza ein größeres Update, um Schritt zu halten.

20142015
Punkte zur Pause (2014 ein Rennen mehr) 8 35
Punkte/Rennen zur Pause 0,7 3,5
WM-Position zur Pause 8 6
WM-Position am Ende 8
Siege zur Halbzeit 0/11 0/10
Podien zur Halbzeit 0/22 0/20

Die Fahrer:
Vom Chaoten der Saison 2012 hat sich Romain Grosjean mittlerweile zu Mr. Consistency entwickelt. Im dritten Qualifying-Segment ist er bis auf wenige Ausnahmen Stammgast, 23 der 35 Punkte gehen auf sein Konto. Was ihm bislang fehlt, ist ein echtes Highlight. Trotz einiger starker Qualifying-Leistungen kam er bislang nicht über einen siebten Platz im Rennen hinaus.

Ärgerlich: Schon zweimal schieden beide Lotus schuldlos in Runde 1 aus, Foto: Sutton
Ärgerlich: Schon zweimal schieden beide Lotus schuldlos in Runde 1 aus, Foto: Sutton

Egal wie man zu Pastor Maldonado stehen mag, ein jeder wird zugeben müssen, dass der Formel 1 ohne den Venezolaner wohl etwas fehlen würde. Zu Beginn der Saison schien er erst einmal Karma abtragen zu müssen: Mehrfach wurde er Opfer von Kollisionen. Mit zwei siebten Plätzen in Kanada und Österreich schien seine Saison gerade einen Lauf und die richtige Richtung zu nehmen, als er in Budapest in alte Muster zurückfiel: Drei Strafen in einem Rennen. Diese speziellen Momente wie auch in China, als er sich in der Boxeneinfahrt verfuhr, kosteten wertvolle Punkte.

Romain Grosjean Pastor Maldonado
Punkte 23 12
WM-Position 10 14
Quali-Duell 9 1
Durchschnittliche Startposition 9,4 (ohne Strafen)
9,8 (mit Strafen)
11,5 (ohne Strafen)
11,2 (mit Strafen)

Das Team:
Die größte Baustelle bei Lotus sind die Finanzen - trotz aller venezolanischen Petro-Millionen. Zwar versucht die Teamführung regelmäßig, der Öffentlichkeit zu erzählen, dass finanziell alles in Lot sei, doch die Fakten sprechen für sich: In Ungarn konnten Schulden bei Pirelli erst in letzter Sekunde bezahlt werden; man stand bis eine Stunde vor dem Training ohne Reifen da. Und die Entwicklung verläuft langsamer als bei der Konkurrenz. Was kurzfristig helfen sollte, sind die Übernahmegerüchte durch Renault.

Ausblick 2. Hälfte:
Das Schicksal Lotus‘ steht und fällt mit der finanziellen Situation des Teams. Sind ausreichend Ressourcen vorhanden, wie das Team immer wieder behauptet, müsste bald ein großes Update für den E23 kommen, um den Abwärtstrend zu stoppen. Sonst heißt der Gegner in der zweiten Hälfte nicht mehr Red Bull oder Force India, sondern McLaren. Der eigentliche Kampf wird aber hinter den Kulissen geführt, schließlich wurde bereits von einem Zulieferer (X-Trac) ein Liquidationsantrag gestellt, doch dieser konnte ausbezahlt werden. Spa und Monza sollten dank Mercedes-Power gut werden.

Meinungen zur ersten Lotus-Hälfte

Motorsport-Magazin.com-Experte Christian Danner meint:
Lotus ist selbst immer sehr enthusiastisch und spricht ständig davon, wie toll der E23 ist. Ich würde sagen, das Auto ist okay, aber kein Highlight. Der Lotus ist nicht so gut, wie sie in Enstone glauben.

Motorsport-Magazin.com meint:
Es hätte wohl kaum jemand gedacht, dass Lotus bei Halbzeit als schwächstes Team mit Mercedes-Motor dasteht, hinter Force India. Aus den Möglichkeiten zu Saisonbeginn wurde schlicht zu wenig gemacht. Nicht immer konnte das Team etwas dafür, wie etwa beim Totalausfall in Melbourne in der ersten Runde. Doch in den ersten Rennen wurden vor allem durch Maldonado Punkte liegen gelassen, die angesichts des langsameren Entwicklungstempos jetzt fehlen.