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Im zweiten Teil meiner großen Saisonvorschau für motorsport-magazin.com beleuchten wir die Chancen der sechs Verfolgerteams hinter Ferrari, Williams, McLaren und Renault.

Der fünfte Rang geht deutlich an B·A·R Honda. Und hierin begründen wir die Theorie, dass ein Michelin-Fahrer in diesem Jahr Weltmeister wird und nicht Michael Schumacher. Denn seit B·A·R Honda auf Michelin-Reifen rollt funktioniert es. Geoff Willis hat wieder ein richtig gutes Auto gebaut. Wir waren in der letzten Woche in Brackley im Werk und haben uns selber davon überzeugen können.

Hier kommt, so Honda einen zuverlässigen Motor hinbekommt, richtig etwas auf uns zu. Ich möchte noch nicht davon sprechen, dass die glorreichen 80er Honda/Senna-Jahre wieder aufleben werden, aber dieser B·A·R ist klar der Beste den die Briten jemals gebaut haben. Und mit Jenson Button hat David Richards zumindest einen guten Fahrer. Takuma Sato ist für mich nach wie vor nicht einzuschätzen.

Ich sag Ihnen nur eines: Einer sitzt zu Hause und der kommt aus Kanada und kotzt. Und das ist Jacques Villeneuve. Denn dieses Auto ist richtig gut. Und diese ganzen als "Vorstandsrunden" und "untergewichtig" betitelten Runden die in Barcelona gefahren wurden, die muss man erst einmal fahren. Da schließe ich mich dem Standardsatz meines Co-Kommentatoren-Kollegen Marc Surer an: "Die Zeit ist gut – aber man muss sie auch erst einmal fahren."

Auch hier könnten Überraschungen drin liegen. Button sehe ich in diesem Jahr mindestens auf seinem ersten Podestplatz. Ein kleines Fragezeichen steht noch hinter Sato. Aber Michelin ist – und dies wird immer wiederkehren - der den Ausschlag gebende Faktor, was die Weltmeisterschaft angeht.

Hinter diesen fünf Top-Teams, mit Einschränkungen zählen wir B·A·R Honda also noch dazu, würde ich momentan als sechste Kraft vorsichtig Toyota einsortieren. Auch hier hat man es im dritten Jahr der Formel 1 Zugehörigkeit nicht gewagt progressiv heranzugehen. Dies wird erst mit Mike Gascoyne passieren. Der Motor ist gut, das Chassis vorsichtig formuliert immer noch zu bieder.

Mit Olivier Panis hat man zwar einen guten und erfahrenen Entwickler, aber von Cristiano da Matta als Siegfahrer zu sprechen halte ich für verwegen. Trotz Motor-Power scheint hier nur ein relativ kleiner Schritt gelungen zu sein.

Dann sehe ich auf dem nächsten Platz Sauber, die aus einem Grund sogar stärker sein könnten als Toyota und somit meines Erachtens maximal Platz sechs belegen könnten: Die enge Kooperation mit Ferrari. Ich stelle Ferrari meinen Windkanal zur Verfügung. Dafür fährt bei mir Luca Badoer im dritten Auto. Ferrari zahlt die Rechnung. Die Bridgestone-Reifen passen auf meinen "Ferrari-Sauber" genauso wie auf den Ferrari von Michael Schumacher. Ich kann auf Getriebe und Motor der neuesten Generation zurückgreifen. Und sollte zumindest mit Giancarlo Fisichella dazu in der Lage sein, wenn Punkte liegen bleiben diese auch zu holen. Dafür lasse ich mir auch den Felipe Massa auf´s Auge drücken, der schnell aber inkonstant zu sein scheint. Sauber sollte von diesem Ferrari-Deal unglaublich profitieren können. Und Toyota scheint schlagbar.

Dahinter sehe ich nach den bisherigen Eindrücken Jaguar ganz knapp vor Jordan. Auch hier glaube ich von einer Enttäuschung sprechen zu dürfen. Der Jaguar wirkt auf mich erzkonservativ und ein brillanter Pilot wie Mark Webber, der meines Erachtens auf Top-Material sofort siegen könnte, wird ein weiteres schwieriges Jahr erleben.

Zur Entscheidung des Ford-Konzerns einen sicherlich talentierten und guten Piloten wie Christian Klien zu holen, möchte ich nicht allzu viel sagen. Generell empfinde ich es immer als enttäuschend, wenn Piloten entweder nach der Mitgift ausgesucht werden oder die Mitgift mindestens so groß ist wie das Talent. Aber wir wollen Christian eine Chance geben.

Trotzdem glaube ich, dass das Paket einfach nicht gut genug ist. Ich weiß auch nicht wie Testfahrer Björn Wirdheim als ehemaliger Formel 3000 Pilot auf Strecken die er nicht kennt den richtigen Michelin-Reifen raussuchen soll. Auch hier ist Kritik am Jaguar Rennstall angebracht. Schade eigentlich, dass Ford so unter Wert geschlagen wird. Ich glaube nach wie vor, dass hier nicht die richtigen Schnüre zusammengezogen werden, die das Paket halten. Soll heißen: Die Tony Purnells und David Stubbs dieser F1Welt halte ich alle nicht für besonders kompetent.

Jordan: Mutig, Pleite, Heidfeld. Das sind die Stichworte. Mit Timo Glock scheint Eddie Jordan auf sein deutsches Näschen zu vertrauen. Wir denken an Schumacher, wir denken an Frentzen. Eddie Jordan wird mitrollen. Mir ist aber schleierhaft wie Eddie Jordan nach wie vor Formel 1 machen kann. Insgesamt möchte ich zu Jordan bemerken, dass mir das ganze Theater was die Piloten angeht einfach richtig übel aufgestoßen ist. Hin und her und her und hin. Das ist nicht gerade seriös und nicht gerade gut für den Sport.

Aber schade, dass Jos Verstappen den Sessel nicht bekommen hat. Ein wirklich routinierter Pilot hätte sicherlich besser zur Weiterentwicklung und Abstimmung dieses Jordan beitragen können als ein Giorgio Pantano. Zudem er vielleicht auch noch mehr Geld hätte. Die Gründe warum der Italiener fährt sind mir bis heute schleierhaft.

Minardi als Feldauffüller hat mit Gianmaria Bruni jemanden den man nicht unterschätzen sollte. Der Kerl hat mich beeindruckt. Er hat für mich ganz gute Zeiten gefahren. Sicherlich nach Verstappen der beste Pilot. Besser als die Alex Yoongs und Zsolt Baumgartners dieser Welt. Klar hat Bruni auch hier über Vitamin B seinen Sessel bekommen. Sein Vater ist nämlich mit Gian Carlo Minardi befreundet... Aber halte ich ihn für gar nicht so schlecht, wie er gemacht wird. Trotzdem wird Minardi nicht über die Statistenrolle hinauskommen.

Fazit: Noch nie wurde so viel Geld für überflüssige Tests im Winter verschwendet, die keinen Menschen interessieren, die vor leeren Kulissen stattfinden. Die Formel 1 fährt nach wie vor was die Kostenspirale angeht Richtung Sackgasse. Für mich ist unverständlich, dass man diesen Testwahnsinn nicht abschafft!

Stattdessen sollte der Freitag eines Grand Prix Wochenendes zum Testtag gemacht und klare Regeln definiert werden. Meinetwegen soll man 20 Grand Prix fahren, um dem Publikum etwas zu bieten. Am Sonntag noch ein Warm-Up einfügen, zwei Qualifikationen addieren – sprich das Format komplett überholen. Dann müssten wir im Winter nicht im dunklen tappen und überlegen wer steht vor wem, sondern wir kämen zu einem klaren Meinungsbild nach Melbourne.

Ein Wort noch zum neuen Reglement: Gut, dass die Launch Control weg ist – wir werden da viele Überraschungen am Start erleben. Schlecht, dass die Traction Control geblieben ist. Wobei dies auch schwierig zu kontrollieren ist, das ist mir klar.

Die Tendenz geht zu hoch frequenten Stopprennen. Kurze Rennstints. Ich könnte mir bei der ein oder anderen Situation sogar ein Vierstopprennen vorstellen.

Die Motorenregel, ein Motor am Wochenende, wird für eine Menge Überraschungen sorgen. Und glauben Sie mir: Der ein oder andere Pilot wird den Fahrbetrieb im Training reduzieren. Die Angst vor Motorplatzern, Motorschäden und der Zurückversetzung ist allgegenwärtig und wird einen wesentlichen WM-Einfluss im Laufe des Jahres ausüben.

Weltmeister wird der, der genug Punkte hamstert, der durchkommt, aber nicht der Schnellste. Und dieses System favorisiert zuverlässige und konstante Piloten. Räikkönen, Alonso und einen der beiden Williams-Fahrer, denn früher oder später muss sich Williams für einen entscheiden.

Die Saison wird spannend wie nie. Denn Sie müssen weg von der Überlegung, dass es sich bei der Formel 1 um Sport handelt. Der Showanteil ist wesentlich erhöht worden, wenn auch nach wie vor weiter verbesserungswürdig. Insgesamt sehe ich eine knackige Saison und der Weltmeister wird in Sao Paulo drei Runden vor Schluss feststehen. Früher nicht.