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Der erste Grand Prix des Jahres ist vorbei. Doch was haben wir in Melbourne gesehen? Unter dem Strich einen Michael Schumacher, der seinen 71. Sieg holte, was für mich eine riesige Überraschung ist.

Denn wie ich in meinen Kolumnen bereits deutlich gemacht habe, war ich nicht der Meinung, dass Ferrari siegen könnte oder gar überlegen wäre. Aber: Ferrari hat eindeutig diesen Grand Prix dominiert und das Paket Bridgestone-Ferrari-Schumacher war bis zu einer Sekunde pro Runde schneller als die Konkurrenz.

Deswegen Gratulation an Michael Schumacher zu dieser großartigen Leistung. Er und sein Ferrari Team haben über den Winter ihre Hausaufgaben gemacht und sind nach diesem ersten Sieg bereits klarer WM-Favorit. Aber an der Konkurrenz der Roten muss ganz klar Kritik geübt werden.

Wie kann es denn sein, dass ein Team wie Williams über den Winter 27.000 Testkilometer, davon allein 14.600 mit dem neuen Wagen, abgespult und mit großem Tamtam den Weltmeistertitel ankündigt hat und dann um über 60 Sekunden gebügelt wird?

Dies liegt nicht an den Fahrern, wobei Juan Pablo Montoya kein gutes Rennen gefahren ist, sondern das liegt erneut am Williams. Denn der BMW-Motor ist wieder allererste Sahne, wie man bei den Drehzahlen beobachten konnte. Hier muss sich das Team wirklich an die eigene Nase fassen.

Da nun noch zwei weitere Überseerennen folgen, sehe ich keine Möglichkeit wie man den Rückstand auf Ferrari schnell aufholen könnte. Ganz im Gegenteil: Malaysia wird zwar Michelin etwas bevorteilen, aber das Paket zu verbessern wird sehr, sehr schwierig – auch wenn in der kommenden Woche einige kleinere Tests anstehen.

Juan Pablo Montoya war am Start übermotiviert und der klare Verlierer gegen Alonso, welcher alles richtig gemacht hat. Er hat früh auf die Kurve gezielt ausgeholt, gebremst und so Montoya im Prinzip ins Verderben geschickt. Dann noch zwei schwache Boxenstopps des Teams und das Rennen war – trotz zweier guter Überholmanöver – für den Kolumbianer verloren. Ralf Schumacher blieb wegen des schlechten Pakets ebenfalls blass.

Noch größere Kritik muss man aber an der zweiten deutsch-britischen Allianz anbringen. Denn was McLaren Mercedes hier in Melbourne gezeigt hat, war ganz einfach zu wenig. Es fehlt ihnen an Power: Wir haben Drehzahlen gesehen, die nicht Mercedes like sind. Das Paket hat nicht genügend Antrieb und das Paket scheint auch die Reifen nicht genügend zu fordern, wie David Coulthard deutlich zum Ausdruck brachte.

Bei McLaren sehe ich also ganz großen Nachholbedarf und ich sehe auch ein Problem auf Silber zukommen, denn diesen Rückstand halte ich für sehr, sehr groß.

Meine Gratulation geht unterdessen nicht nur an Ferrari, sondern auch an Renault, die mit einem "überalterten" Motorenkonzept das Beste herausgeholt haben. Für mich ist Fernando Alonso der Star, welcher das Auto auf einen starken dritten Platz getragen hat, während es im direkten Rennvergleich für Jarno Trulli eine klare Niederlage gegeben hat. Dabei ist Trulli in der Rennpace einfach hinter Alonso zurückgeblieben. Mehr ging allerdings auch für Fernando nicht. Insgesamt ist Renault nach dem ersten Rennen mit Williams gleichauf.

Als viertes Team müssen wir nach dem Auftaktrennen noch B·A·R Honda herausheben. B·A·R ist nun mit Jenson Button und Takuma Sato aber wieder auf dem Boden der Tatsachen angelangt. Mehr geht nicht. Das neue Auto ist zu unkonstant und die Rundenzeiten sind zu schwankend. Jenson Button ist allerdings gut gefahren und Takuma Sato für seine Verhältnisse ebenso.

Ferrari, Renault, Williams, McLaren und B·A·R-Honda: Dies sind die fünf Teams über die wir nach dem Saisonauftakt in Melbourne reden müssen. Alle anderen können sich den Traum vom Titel oder sonstige Hoffnungen abschminken. Momentan würde ich klar dazu tendieren, dass es für die Verfolger in diesem Jahr eine Menge Arbeit zu erledigen gibt, wenn man Ferrari schlagen möchte – was im Prinzip allerdings meiner anfänglichen Meinung über die WM 2004 widerspricht.

Der Abstand wird aber nicht mehr so deutlich pro Ferrari sein, wenn wir nach Malaysia kommen. Der Grund dafür ist, dass in Sepang die Hitze und die Luftfeuchtigkeit den Rennausgang beeinflussen werden. Zum einen müssen die Motoren dort bei unglaublicher Hitze durchhalten und zum anderen werden die Michelin-Reifen dort stärker sein.

Aber auch für Malaysia "befürchte" ich, dass Ferrari erneut sehr, sehr gut sortiert sein wird. Man muss einfach sagen, dass es unglaublich ist, was die Roten da wieder auf die Beine gestellt haben.