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Das Wochenende des Bruders

Der dritte Platz ist ein supergutes Endresultat für meinen Bruder und Nick ist ein fehlerfreies Rennen gefahren. Schließlich ist er von zehn gestartet und noch auf drei nach vorne gefahren. Ein bisschen Glück gehört natürlich auch immer dazu, aber es war ein richtig gutes Rennen, welches den Druck etwas von ihm genommen haben sollte, wodurch die Resultate noch einmal etwas besser werden dürften.

Was BMW-Williams im Allgemeinen angeht, so haben die Neuerungen sicherlich etwas gebracht und sind sie auf dem richtigen Weg nach vorne. Renault ist aber trotzdem nach wie vor das beste Team. Die Performance von Williams ist derweil etwas streckenabhängig und dürfte zwischen der dritten und vierten Kraft schwanken.

Das Flaschenproblem

Etwas schade fand ich für Nick, dass auf dem Podium kaum Stimmung aufkam, da Jarno wegen des Todes seines Freundes verständlicherweise nicht zum Feiern aufgelegt war und Fernando körperlich total fertig war. Aber ich hoffe, dass Nick dieses Versäumnis bei einigen weiteren Podestplätzen in den kommenden Rennen nachholen kann.

Interessant zu beobachten war auch, dass Nick auf dem Treppchen und in der Pressekonferenz sehr viel fitter als die anderen beiden Podestplatzierten wirkte. Allerdings ist es für die Fahrer natürlich heftig, wenn wie bei Fernando und Nick die Trinkflasche nicht funktioniert. Als das Team Nick bei einem Boxenstopp eine 0,5l Wasserflasche ins Cockpit reichte, dachte ich im ersten Moment, dass ich im falschen Film wäre.

Die Tatsache, dass manche Teams - selbst bei funktionierenden Trinkflaschen - nur einen oder anderthalb Liter Flüssigkeit an Bord haben empfinde ich als Quatsch. Bei solch einem anstrengenden Hitzerennen Gewicht zu sparen ist absoluter Schwachsinn. Wenn man weiß, dass der Körper bei einem Defizit von nur zwei Prozent Flüssigkeit ganze 20% an Leistungsfähigkeit verliert, ist dies absolut unverständlich.

Der Webber/Fisichella-Unfall

Den Unfall zwischen Mark Webber und Giancarlo Fisichella sehe ich als Rennunfall, wobei dem Römer ein bisschen mehr Schuld einzuräumen ist. Zudem konnte man erkennen, dass Webber den Druck von Nick im Nacken gespürt hat. Sonst hätte er noch etwas länger gewartet und wäre bei einer besseren Chance ohne Kollision vorbeigekommen.

Der Dreikampf zwischen Webber, Ralf Schumacher und Nick war hingegen richtig gut. Da hätte es schon zum ersten Mal knallen können, aber Mark und Ralf haben jeweils aufgemacht und Schlimmeres verhindert. Generell war es ein spannendes und gutes Rennen mit einigen packenden Szenen. Selbst da die Anzahl der Überholmanöver wieder nicht überwältigend war.

Die Toyota-Überraschung

Es war nicht zu erwarten, dass Toyota so stark sein würde. Denn in Melbourne hatten sie bei Jarnos zweitem Startplatz im Qualifying etwas Glück mit dem Wetter und waren dann im Rennen auch nicht wirklich schnell. In Malaysia war Ricardo Zonta schon im freien Training schnell und da sprach Ralf bereits von der Möglichkeit Punkte zu holen. Und obwohl dies zu jenem Zeitpunkt fast ein bisschen zu optimistisch klang, hatten sie im Rennen einen sensationellen Speed, mit dem niemand gerechnet hatte.

Allerdings spielte ihnen die Strecke in die Karten. Während die anderen in Sepang Reifenprobleme hatten, weil ihre Pneus zu heiß wurden, spielten die heißen Asphaltbedingungen Toyota in die Hände, da sie sonst Probleme haben ihre Reifen auf Temperatur zu bringen, was hier einfach gelang. Dennoch scheint es bei Toyota langsam nach vorne zu gehen.

Die ungefährdete Nummer 1

Renault ist immer noch die klare Nummer 1 und von der Konkurrenz ungefährdet. Ich glaube sogar, dass es nun bis zur Saisonmitte so weitergehen und Renault weiter vorne sein wird. Sie werden vielleicht nicht mehr so dominant sein, aber auf jeden Fall regelmäßig auf dem Podest stehen.

Das Kräfteverhältnis

Wenn wir nun noch die anderen Teams neben Renault beim aktuellen Kräfteverhältnis berücksichtigen, stoßen wir schnell auf McLaren und bei den Silbernen blicke ich nicht wirklich durch. So dachten nach den Wintertests fast alle, dass McLaren richtig schnell wäre, aber da kam bislang noch nicht wirklich viel.

Zwar heißt es aus Teamkreisen immer, dass die Pace da sei, doch scheint der Rennspeed eben nicht da zu sein. McLaren Mercedes dürfte sich garantiert sehr viel mehr als nur neun WM-Zähler ausgerechnet haben.

Red Bull hat unterdessen bestätigt, dass sie schneller geworden sind, auch wenn sie natürlich noch nicht ganz vorne mitfahren können. Neben der Zuverlässigkeit des RB1 fällt bei den Dunkelblauen vor allem auf, dass sich Christian Klien im Vergleich zum Vorjahr enorm gesteigert hat.

Der Problemfall Sauber

Bei Sauber habe ich mich im Vorfeld der Saison vertan. Nachdem sie zu Beginn der Wintertests im letzten Jahr richtig schnell waren, läuft jetzt gar nichts mehr. Noch sprachloser als über die allgemeine Sauber-Performance bin ich bei der Leistung von Jacques Villeneuve, bei dem sogar noch weniger läuft als bei seinem Rennstall.

Die Ausreden, dass er mit den Bremsen nicht zu Recht komme oder das Team in der Winterpause nicht genügend getestet habe, lasse ich nicht gelten. Schließlich war Villeneuve einmal Weltmeister und obwohl er zuletzt eine lange Pause drin hatte, muss es für ihn einfach reichen bessere Resultate einzufahren - zumindest im Vergleich mit dem Teamkollegen.

Der Problemfall B·A·R

Noch enttäuschender verlief das Malaysia-Wochenende aber für B·A·R, deren Motorwechsel nach Melbourne gar nichts gebracht hat. Dabei glaubt das Team sogar noch, dass man plötzlich wieder schnell wäre. Durch Jenson Buttons öffentliche Kritik kommt zudem viel Unruhe rein, was beweist, dass in Brackley nicht alles rund läuft.

Der Problemfall Ferrari

Die rote Darbietung in Malaysia war richtiggehend schockierend. Andererseits war allerdings zu erwarten, dass sie nicht ganz vorne dabei sein würden, da Michael Schumacher bekanntlich sogar selbst einräumte, dass man in Sepang noch nie schnell gewesen sei.

Und obwohl Michael trotz seiner Beinahe-Überrundung noch gute Mine zum bösen Spiel macht und sich gelassen gibt, merkt man, wenn man seine Art etwas besser kennt, ganz klar, dass er innerlich kurz vor einer Explosion steht. Die Situation bei Ferrari ist schlicht und einfach schockierend...

Besonders da der neue F2005 bislang bei den Tests noch nicht überzeugen konnte. Eines der größten Probleme dürften die Reifen sein - auch wenn Ferrari diese Schuldzuweisung vehement abwehrt. Grundsätzlich ist das Formtief der Scuderia für den neutralen Beobachter noch nicht einmal so schlecht. Zwar gönnt man dem Michael den Misserfolg nicht, doch ist es eine schöne Sache einmal andere Fahrer, Teams und Farben ganz vorne zu sehen.

Der Ausblick auf Bahrain

Ich gehe davon aus, dass auch in Bahrain die Franzosen von Renault vorne sein werden. Ferrari sehe ich unterdessen wieder in den Punkterängen. Und auch McLaren traue ich zu etwas schneller als bei den letzten Rennen zu sein.

Was die Motoren angeht haben wir ja nun in Melbourne und Sepang gesehen, dass diese keinerlei große Probleme mit der erhöhten Haltbarkeit haben, was beweist, dass die Hersteller hier großartige Arbeit geleistet haben. Toyota sagte ja sogar scherzhaft, dass sie noch mehrere Rennen mit ihren Motoren fahren könnten.