Nach dem Grand Prix im Stop-and-Go-Palast zu Montreal geht es für die Teams nun auf die nächste Highspeed-Strecke. Auf dem Red Bull Ring im österreichischen Spielberg kommt es erneut auf die Effizienz des Motors an. Allerdings erfordert das Streckenlayout diesmal zusätzlich jede Menge Abtrieb. Motorsport-Magazin.com zeigt Team für Team, wer diesen Anforderungen am besten gerecht werden sollte.

Mercedes

Mercedes kommt als Top-Favorit an den Red Bull Ring, Foto: Sutton
Mercedes kommt als Top-Favorit an den Red Bull Ring, Foto: Sutton

Mercedes reist nach der Gala-Vorstellung in Kanada als absoluter Top-Favorit nach Österreich. Beim Heimrennen der Teambosse kommen den Silberpfeilen viele schnelle Kurven in den Sektoren zwei und drei extrem entgegen. Allerdings sollte Mercedes gewarnt sein. Die Runde auf dem Red Bull Ring ist extrem kurz, sodass Fehler vor allem im Qualifying unverzeihlich sind. Das musste Lewis Hamilton bereits im Vorjahr erfahren. Noch dazu kommt die Unbekannte Williams uns Spiel: Ist die Mannschaft aus Grove ähnlich konkurrenzfähig wie im vergangenen Jahr, muss Mercedes neben Ferrari einen weiteren Widersacher abwehren.

Ferrari

Für Ferrari gilt es in Österreich zu beweisen, dass das Motorupdate für den SF15-T doch funktioniert. In Kanada hatten die Begleitumstände dessen Wirksamkeit noch verschleiert. Einzig die starke Aufholjagd von Sebastian Vettel und die schnellste Rennrunde von Kimi Räikkönen deuteten das Potential an. Für eine starke Vorstellung in Spielberg sprechen die Geraden und die Bergaufpassagen am Anfang der Runde. Das kommt der starken Power Unit entgegen. Ob man Mercedes allerdings Paroli bieten kann, steht auf einem anderen Blatt bzw. entscheidet sich in den Sektoren zwei und drei. Dort gibt es viele schnelle Kurven, was dem dem Ferrari weniger gut schmecken dürfte. Immerhin kann sich die Scuderia auf Pirelli verlassen, die die weichsten Reifenmischungen bereitstellen. Dennoch könnte es eher auf ein Duell mit Williams als mit Mercedes hinauslaufen.

Williams

Platz drei für Williams in Kanada fühlte sich an wie eine Wiedergeburt, Foto: Sutton
Platz drei für Williams in Kanada fühlte sich an wie eine Wiedergeburt, Foto: Sutton

Österreich gehörte im Vorjahr zu den Highlights der Saison von Williams. Dort gelang Felipe Massa das 2014 exklusive Kunststück, Mercedes im Qualifying zu schlagen. Auch im Rennen hielten die weißen Boliden erstaunlich gut mit den Silberpfeilen mit. Ob das 2015 erneut funktioniert? Vor zwei Wochen hätte man daran noch gezweifelt, doch in Kanada schien das Team zurück in die Spur gefunden zu haben. Plötzlich war Williams annähernd auf Augenhöhe mit Ferrari, das allerdings ein alles andere als problemfreies Wochenende erwischte. In Österreich gilt es nun diesen Eindruck unter normalen Umständen zu beweisen. Ein neues Aero-Paket soll dem Williams im Red-Bull-Land dabei zusätzliche Flügel verleihen.

Lotus

Lotus kann und will in Spielberg kräftig punkten, Foto: Sutton
Lotus kann und will in Spielberg kräftig punkten, Foto: Sutton

Lotus verpasste es in Montreal ein extrem starkes Ergebnis in der Qualifikation im Rennen ideal umzumünzen. In Österreich soll und kann das besser werden. Die Voraussetzungen sind gut. Motorleistung zählt wie schon in Kanada auch in Spielberg. Mit der Mercedes-Power-Unit ist das Team aus Enstone daher gut aufgestellt. Auch in Sachen Abtrieb gehört der Lotus E23 in diesem Jahr zu den besseren Boliden, sodass sich Pastor Maldonado und Romain Grosjean nicht auf eine bittere Nullnummer wie im Vorjahr einstellen müssen. Lotus sollte hinter Mercedes, Ferrari und Williams klare vierte Kraft sein.

Red Bull

Ausgerechnet das Heimrennen steht für Red Bull unter keinem guten Stern. Beiden Fahrer drohen bereits die ersten Motorenstrafen. Das hätte eine Strafversetzung in der Startaufstellung und damit schlechte Aussichten für das Rennen zur Folge. Schließlich ist das Zuverlässigkeitsproblem der Power Unit von Renault inzwischen im Griff, doch mangelt es noch immer an Leistung und Topspeed. Auf den Geraden und der Bergaufpassage in Spielberg ein gewaltiger Nachteil. Überholen auf der Strecke wird nur schwer möglich sein. Doch es gibt auch eine kleine Chance: Über die Strategie könnte sich Red Bull nach vorne mogeln. Der Abtrieb am RB11 stimmt - und ist in den schnellen Kurven des zweiten und dritten Sektors ein Vorteil gegenüber den direkten Konkurrenten. Mehr als ein paar Punkte sind trotzdem nicht drin. Zu stark Mercedes, Williams, Ferrari und Lotus.

Toro Rosso

Während ein paar arrivierte Piloten den Red Bull Ring bereits aus alten Tagen kenne, waren Max Verstappen und Carlos Sainz nicht einmal bei der Rückkehr der Traditionsstrecke 2014 am Start. Den Kurs kennen sie einzig aus anderen Rennserien. Noch dazu ist es das Heimrennen für das Ausbildungsteam von Red Bull. Besondere Nervosität spüren die Youngster deshalb nicht. Vielmehr Sorgen bereit den Rookies das Speed-Defizit des STR10, das sich in Spielberg deutlich niederschlagen wird. Toro Rosso kämpft mit stumpfen Waffen um Punkte.

Sauber

Williams wird Sauber in Spielberg nicht fordern können, Foto: Sutton
Williams wird Sauber in Spielberg nicht fordern können, Foto: Sutton

Für Sauber steht mit dem Österreich GP eine schwierige Aufgabe auf dem Programm. Das verkappte Heimrennen der Schweizer erfordert durch die vielen schnellen Kurven des Red Bull Rings jede Menge Abtrieb - doch der Sauber C34 punktet in einem anderen Bereich, ist dank der, zwar noch nicht geupdateten, aber dennoch starken, Power Unit von Ferrari eher ein Kandidat für hohe Endgeschwindigkeit. Ein Glück für das Team aus Hinwil: Auch Geraden samt einer Bergaufpassage gibt es in Spielberg. Hier kommt den Fahrern die starke Leistung im Heck gerade recht. Insgesamt sind Punkte nur schwer möglich, aber nicht ausgeschlossen. Vor allem, weil mancher Konkurrent mit viel schwerwiegenderen Problemen zu kämpfen hat. "Ich denke, es wird ein herausforderndes Wochenende, bei dem der Kampf gegen unsere unmittelbaren Konkurrenten im Mittelpunkt steht", sagt Felipe Nasr.

Force India

Force India erwartet Punkte mit beiden Autos, Foto: Sutton
Force India erwartet Punkte mit beiden Autos, Foto: Sutton

Force India rast mit viel Selbstvertrauen nach Österreich. Allen voran Nico Hülkenberg nach seinem Sieg beim 24-Stunden-Rennen in Le Mans und seinem Resultat in Kanada. "Nico in Montreal wieder in den Punkten zu sehen, war wichtig für unser Team. Ich denke die Top-10 sind möglich", sagt Teamchef Vijay Mallya. Dafür spreche, dass die Entwicklung des Autos gut voranschreite. Bereits im Vorjahr gelang es dem Team mit beiden Boliden auf dem Red Bull Ring zu punkten. Die Strecke in Spielberg scheint dem VJM08 also entgegen zu kommen. Noch dazu darf Sergio Perez endlich auf eine frische Power Unit hoffen, nachdem er die bisherigen sieben Rennen komplett mit PU Nummer eins gemeistert hatte.

McLaren

McLaren wird in Österreich wohl einmal mehr zum Hinterherfahren verdammt sein, Foto: Sutton
McLaren wird in Österreich wohl einmal mehr zum Hinterherfahren verdammt sein, Foto: Sutton

Als schweren Schlag bezeichnete Renndirektor Eric Boullier den Doppelausfall McLarens in Kanada. Doch auch bis dahin war die Performance nach dem vielversprechenden Monaco-Auftritt nichts zum Zungeschnalzen. Der Grund: das Layout. In Kanada zählen traditionell eine gute Topspeed und ein starker Motor. Genau das besitzt McLaren mit der Power Unit von Honda nicht. Genau das erfordert allerdings auch der Red Bull Ring. Deshalb wartet das nächste maue Wochenende auf das Traditionsteam. Punkte liegen in weiter Ferne. Dass die angekündigten Updates für den MP4-30 daran signifikant etwas ändern könnten, erwartet McLaren nicht einmal selbst.

Manor Marussia

Manor fährt in Österreich das übliche Rennen gegen sich selbst, Foto: Sutton
Manor fährt in Österreich das übliche Rennen gegen sich selbst, Foto: Sutton

Bei Manor Marussia fehlt inzwischen im Grunde jeglicher Nervenkitzel. Letzter ist das Team so oder so. Allerdings nicht so abgeschlagen, dass Will Stevens und Roberto Merheim die 107-Prozent-Regel fürchten müssten. Erst Recht nicht auf kurzen Runde des Red Bull Rings. Auch die Zuverlässigkeit passt. Erst in Kanada ereilte das Team Saisonausfall Nummer eins. Einziger Spannungsfaktor bleibt damit einmal mehr das teaminterne Duell.