Aktuell herrscht eine große Debatte darüber, ob der Motorsport an Reiz verloren hat. Ich sage: Im Lauf der Jahre hat unser Sport immer mehr seinen Mythos verloren. Ein gewisses Risiko gehört dazu. Wenn einer sagt, dass es ihm zu gefährlich ist, dann darf er eben keine Rennen fahren. Was macht unseren Sport denn aus? Es sind nicht Tempolimits oder Sprit sparen, sondern Autos, die ohne Ende nach vorne gehen und die nur ganz wenige Menschen auf der Welt richtig bewegen können.

Zum Motorsport gehört seit jeher eine gewisse Gefahr. Dieser Nervenkitzel, Autos mit 1.000 PS absolut am Limit bewegen zu können. Das ist verloren gegangen, aber genau da müssen wir wieder hin. Heute erinnern die Rennen oftmals an Playstation-Spiele - damit kann man junge Fans nicht mehr begeistern. Bei all den Unterhaltungsmöglichkeiten heutzutage müssen wir aufpassen, dass der Motorsport nicht ins Hintertreffen gerät. Der Sport muss wieder zurück zu seiner ursprünglichen DNA!

1.000 PS aufwärts: Reuters Sauber Mercedes beim Le-Mans-Sieg 1989, Foto: Sutton
1.000 PS aufwärts: Reuters Sauber Mercedes beim Le-Mans-Sieg 1989, Foto: Sutton

Warum sind denn Rennen auf der Nordschleife oder auch in Zandvoort immer noch so attraktiv? Weil es ursprüngliche Rennstrecken sind. Wenn du da einen Fehler machst, landest du in der Leitplanke. Das brauchen wir wieder im Sport: Dieses Prickeln, dass man sich auch mal weh tun kann, wenn etwas schief läuft.

Dieser Kick muss wieder spürbar sein. Heißt: Wenn ein Fahrer einen Fehler macht, dann muss er auch dafür bestraft werden. Schauen wir uns doch Monaco an. Wenn du da einen Fehler begehst, hängst du in der Mauer. Da sagt aber auch niemand, dass man die Mauern weiter nach hinten versetzen muss, damit die Fahrer genügend Auslaufzone haben.

Reiz der Nordschleife: Reuter gewinnt das 24h Rennen im Jahr 2003 auf Opel, Foto: Sutton
Reiz der Nordschleife: Reuter gewinnt das 24h Rennen im Jahr 2003 auf Opel, Foto: Sutton

So wie sich der Motorsport entwickelt hat, ist er keine so große Herausforderung mehr. Du hast heute so viele Auslaufzonen, dass du einfach außen herum fährst und automatisch wieder auf der Strecke landest. Die guten Fahrer können sich deshalb gar nicht mehr so sehr hervortun, und die jungen Fahrer haben es einfacher, sich ans Limit heranzutasten. Wenn du früher Mist gebaut hast, hast du das Auto im Kies versenkt oder das Rad war ab. Heute passiert eigentlich kaum noch was.

Ich will nicht sagen, dass früher alles besser war. Aber es war eine andere Herausforderung. Heute werden die Fahrer von Hundertschaften von Ingenieuren geleitet, ihnen wird genau gesagt, was sie im Rennen tun und lassen sollen. Wie soll sich jemand, der seit 15 Jahren in der Formel 1 fährt, da noch einen Vorteil verschaffen? So toll die Technologie ist, so kontraproduktiv ist sie für den Sport. Weniger wäre mehr! Die Fahrer müssten wieder selbst das Gefühl bekommen, wie sie die Bremsbalance oder das Differenzial einstellen müssen - und nicht während des Fahrens 1.000 Anleitungen vom Kommandostand erhalten.

Reuters 2. Sieg in Le Mans: 1996 mit dem Joest TWR-Porsche, Foto: Sutton
Reuters 2. Sieg in Le Mans: 1996 mit dem Joest TWR-Porsche, Foto: Sutton

Am Ende wollen wir doch alle sehen, wie die Fahrer gegeneinander kämpfen und der bessere gewinnt. Mittlerweile ist es aber so, dass die Fahrer völlig abhängig sind von der Technologie und ihrem Umfeld. Wenn da etwas nicht passt, kannst du kaum vorne mitfahren oder das mit deinem Talent überspielen.

Aber die heutige Generation kennt es gar nicht anders, die sind damit aufgewachsen. Früher gab es keine Simulatoren, in denen du unzählige Runden drehen konntest. Wir sind damals einmal über die Strecke gelaufen und dann ging es direkt los. Bei einem Fehler war gleich mal Feierabend. Da hatten auch die jungen Fahrer viel mehr Respekt, weil sie wussten: Wenn ich übertreibe, ist das Auto direkt kaputt.

Wir müssen das Rad wieder etwas zurückdrehen im Motorsport. Die Verantwortlichen müssen überlegen, wie man einen Mittelweg findet zwischen Technologie, Weiterentwicklung und dem Sport an sich. Wir wollen diesen Kampf Mann gegen Mann sehen, der am Ende über Sieg oder Niederlage entscheidet. Was wir auf keinen Fall sehen wollen, sind Fahrer, die zu austauschbaren Erfüllungshilfen der Kommandostände an der Boxenmauer werden.

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