Bernie Ecclestone hat in der Formel 1 schon ziemlich alles erlebt. Der Formel-1-Boss kennt das Business noch als (wenig erfolgreicher) Fahrer, als Teamchef und vor allem als Promoter des Zirkus. In den vielen Jahrzehnten Formel 1 gab es immer wieder Krisen - doch die scheinen nie so ernst gewesen zu sein, wie aktuell.

Die TV-Quoten im Kernmarkt Europa sind rückläufig, die Fans kommen nicht mehr an die Strecken. Außerdem stöhnen die kleinen Privatteams über die Kosten - bis das nächste Team Insolvenz anmelden muss, scheint derzeit nur eine Frage der Zeit zu sein. Ecclestone selbst sieht das ähnlich und betreibt Ursachenforschung.

Wie kann die Formel 1 neue Fans gewinnen? "Ich weiß es nicht", gibt Ecclestone im Interview mit F1 Racing zu. "Womit hat der Sport die Leute vor 30 oder 40 Jahren angezogen und was hat sich geändert? Das ist der springende Punkt."

Andere Unterhaltungsgesellschaft

Ob Bernie Ecclestone ein Smartphone-User ist?, Foto: Sutton
Ob Bernie Ecclestone ein Smartphone-User ist?, Foto: Sutton

Mehr noch als die Formel 1 hat sich die Medienwelt im letzten Jahrzehnt verändert. "Vielleicht sind es andere Formen von Entertainment, weil das Fernsehen viele Leute weggeschnappt hat, die Formel 1 geschaut hätten und jetzt etwas anderes sehen", glaubt Ecclestone. Also: Das Unterhaltungsangebot ist schlichtweg größer geworden, der Anteil der Formel 1 am gesamten Kuchen gesunken.

Ein großer Teil des Kuchens gehört König Fußball. "Fußball ist groß, groß, groß", stöhnt Ecclestone. "Es gibt tausende von Spielen, wir haben nur 20 'Spiele' im Jahr. Man muss sich nur vorstellen, wie viele Fußballspiele die Leute in jedem Land schauen können."

Dass die lange Ignoranz der sozialen Medien geschadet hätte, glaubt der Formel-1-Zampano hingegen nicht. "Ich bin überhaupt nicht davon abgeneigt", gibt er zu bedenken. "Aber ich glaube nicht, dass sie die junge Generation dazu bringen werden, sich die Formel 1 anzusehen - obwohl mir das die Leute erzählen. Was hat die heute 40-Jährigen vor 30 Jahren angelockt? Es gab da noch kein Social Media."

Formel 1 zu demokratisch

Die Formel 1 kann sich etwas vom Fußball abschauen: Wenig Demokratie, Foto: Sutton
Die Formel 1 kann sich etwas vom Fußball abschauen: Wenig Demokratie, Foto: Sutton

Ein Nachteil der Formel 1 gegenüber dem Fußball - auch wenn einem jüngsten Forbes-Bericht zufolge die Formel 1 in den letzten 15 Jahren finanziell erfolgreicher war als die FIFA - ist auch die Struktur in der Formel 1. Ungeachtet des Korruptions-Skandals in der FIFA und dem Rücktritt von Präsident Sepp Blatter meint Ecclestone: "Wir haben das Problem, dass es zu demokratisch ist und Jean [Todt] bei manchen Dingen nicht mitmacht."

  • Die Formel 1 generierte in den letzten 15 Jahren Einnahmen in Höhe von 16,2 Milliarden US-Dollar
  • Die FIFA nahm im gleichen Zeitraum 14,5 Milliarden US-Dollar ein
  • 1999 lagen die Einnahmen der Formel 1 noch bei 341,5 Millionen US-Dollar im Jahr, 2013 waren es bereits 1,7 Milliarden
  • Seriensponsoren tragen mit rund 259 Millionen US-Dollar zum Jahresumsatz bei
  • Das große Geld stammt aus TV-Rechten und Promoter-Verträgen mit Veranstaltern. Insgesamt kommen aus diesen Quellen 1,3 Millionen zusammen.

Quelle: Forbes

Speziell meint Ecclestone den Regelgebungsprozess in der Formel 1. Es ist kein Geheimnis, dass ihm die Strategiegruppe ein Dorn im Auge ist. "Es ist zur Hölle schwierig für die Konstrukteure, sich auf etwas zu einigen. Wenn man Mercedes ist, will man nichts ändern. Bei der letzten Strategiegruppensitzung wurde nichts entschieden - nicht einmal das Datum der nächsten Sitzung", sagte Ecclestone Autosport. Er fordert nun FIA-Präsident Jean Todt: "Ich habe ihm gesagt: Wenn du mit etwas Sinnvollen kommst - was auch immer es ist - dann werde ich dich unterstützen. Das gleiche aber auch andersrum: Wenn wir mit etwas Vernünftigen kommen, dann solltest du es unterstützen."

Hybrid-Technik mit Power Units statt Motoren

Bernie Ecclestone hat mit der Technik seine Probleme, Foto: Sutton
Bernie Ecclestone hat mit der Technik seine Probleme, Foto: Sutton

Daraus, dass Ecclestone kein großer Fan der neuen Antriebseinheiten ist, hat er nie einen Hehl gemacht: "Es sind Triebwerke und keine Motoren. Es hat nichts mit Autos zu tun und wird auch nie in Serie gehen." Fans würden von der neuen Technologie nicht angezogen, so der 84-Jährige. Das größte Problem weiterhin: der Sound. "Wenn man zum Ballett geht und die Mädchen in Laufschuhen sieht, dann wäre man auch überrascht. Es ist nicht das, was man erwartet."

Zu teuer

Frank Williams lieh sich von Bernie Ecclestone Geld und Motoren, Foto: WilliamsF1
Frank Williams lieh sich von Bernie Ecclestone Geld und Motoren, Foto: WilliamsF1

Aber nicht nur für die Fans seien die neuen Power Units schlecht, meint Ecclestone. Sie sind ein Grund dafür, warum die Formel 1 heute so teuer ist. Auch früher gab es finanzielle Engpässe bei Teams, der Unterschied: "Als ich Teamchef war", erinnert er sich, "ist Frank Williams zu mir gekommen und hat sich ein bisschen Geld oder einen Motor geliehen. Die Leute haben sich einander Motoren und Getriebe ausgeliehen, es war eine komplett andere Gesellschaft. So etwas gab es immer, aber heute nicht mehr. Zuerst einmal, weil die Summen, die gebraucht werden, zu hoch sind."

Zu viele Egos, schlechte Businessmänner

Ecclestone sieht auch in den Personen ein Problem, Foto: Sutton
Ecclestone sieht auch in den Personen ein Problem, Foto: Sutton

Nicht nur die Summen würden die Teams heute davon abhalten: "Die Leute haben auch zu große Egos. Sie wünschten, sie hätten so viel Geld, um mit den Siegerteams konkurrieren zu können." Im Gegensatz zu früher ginge es auch nicht mehr wirklich ums Geschäft, meint der mehrfache Milliardär. "Sie sehen ihr Business nicht als Business an. Es ist sehr einfach: Man betreibt kein Geschäft, indem man mehr ausgibt, als man erwartet, damit einzunehmen. Aber diese Leute machen das. Und viele von ihnen brauchen vielleicht nicht so viel, wie sie immer sagen, nur in der Hoffnung, mehr zu bekommen."