Vor der 56. Formel 1 Saison veränderte der Motorsportweltverband wieder einmal die Regeln. Besonders jene für das so genannte schwarze Gold. Im Interview spricht Michelin-Motorsportdirektor Pierre Dupasquier über die Herausforderung des neuen Regelpakets.

Unterstützen Sie die Reifenvorschläge für 2005?

Pierre Dupasquier: Michelin steht voll hinter dem Konzept, dass ein Reifen ein gesamtes Rennen halten muss – es war sogar unser Vorschlag! Es spart Geld, denn die Teams müssen weniger Reifensätze pro Wochenende haben und hilft die FIA-Kampagne gegen hohe Kurvengeschwindigkeiten zu unterstützen. Denn zum Wohle der Zuverlässigkeit müssen nun andere Reifenkonstruktionen verwendet werden, welche den Speed reduzieren.

Für Michelin ist es dennoch kein völlig neues Feld…

Pierre Dupasquier: Einen gesamten Grand Prix mit nur einem Reifensatz zu bewältigen ist nichts Neues. Dies war während unserer ersten F1-Zeit zwischen 1977 und 1984 sogar Routine. Seitdem müssen die Teams und Fahrer ihre Chassis-, Aerodynamik- und Aufhängungssetups besser anpassen um die beste Balance zwischen Performance und Reifenhaltbarkeit zu gewährleisten. Wir haben uns einige der Dinge angeschaut, die wir während der 70er und 80er Jahre gemacht haben, aber man muss dabei bedenken, dass sich die Technologie seitdem verändert hat. Die Autos starteten damals zwar auch mit vollen Tanks, aber heute arbeiten wir mit Rillenreifen und nicht mehr mit Slicks. Das sind die größten Unterschiede.

Werden die neuesten Regeln irgendwelche neuen Faktoren ins Spiel bringen?

Pierre Dupasquier: Ich glaube, dass sie den Fahrer mehr betonen werden – wir sehen vielleicht größere Leistungsschwankungen, selbst innerhalb der Teams. Verschiedene Setups und unterschiedliche Fahrstile können einen einschneidenden Einfluss auf die Reifenabnutzung haben. Die Teams und Fahrer müssen herausfinden wie sie am besten auf ihre Reifen achten und daraus Kapital schlagen. Gegen Ende eines Grand Prix werden einige Fahrer – jene die ihren Fahrstil nicht anpassen – vielleicht abgenutzte Reifen und dennoch noch zehn Runden zu fahren haben. Ein anderer Fahrer könnte hingegen mit dem gleichen Reifen problemlos bis ins Ziel kommen. Das ist der Unterschied den ein bisschen Finesse machen könnte. Die Traktionskontrolle wird ebenfalls kritisch sein. Denn wenn ein System zu viel Wheelspin generiert, weil es falsch programmiert ist, dann könnte dies die Reifen bis zur Rennmitte ruinieren.

Was sind die größten Kopfschmerzen für die Reifenhersteller?

Pierre Dupasquier: Wir wissen noch nicht wie sich Temperaturschwankungen und verschiedene Streckenlayouts auf die neuesten Mischungen auswirken werden. Die Leute sprechen davon, dass die neuen Reifen "hart" wären. Härtere Reifen halten länger, aber sie generieren nicht viel Grip. Deswegen rutschen die Autos herum, was die Abnutzung erhöht. Es ist ein Teufelskreis. Dennoch muss man als Hersteller vorsichtig sein einen zu weichen Reifen zu wählen, welche vielleicht nicht so leicht rutscht, aber nicht unbedingt einen ganzen Grand Prix durchhält. Man muss einen Kompromiss zwischen diesen beiden Extremen finden. Uns erwartet eine große Entdeckungsreise.

Wie haben die Fahrer reagiert nachdem sie sich an die neuen Reifen gewöhnt haben?

Pierre Dupasquier: Natürlich fühlen sie, dass die Autos mehr rutschen, aber das liegt hauptsächlich an den neuen Aerodynamikregeln, welche den Downforce stark reduziert haben. Sobald ein Fahrer eine Rennsimulation absolviert und dutzende von Runden ohne Reifenwechsel gedreht hat, begann er damit ein Gefühl für das Handling des Autos in den späteren Phasen eines Rennens zu erlangen. Für die Reifenhersteller besteht dabei das Risiko, dass die Fahrer und Ingenieure die Reifen für einen Leistungsverlust gegen Rennende verantwortlich machen. Aber wie ich bereits angedeutet habe, ist der Schlüssel dazu ein gutes Setup, welches den Reifen erlaubt das gesamte Rennen zu überstehen. Sicherlich werden dies einige Teams besser machen als andere – selbst wenn sie mit den gleichen Mischungen fahren.