Die spanische Sonne bricht durch das löchrige Wolkenkleid über dem Circuit de Catalunya hindurch und erwärmt sowohl die Luft als auch den Asphalt auf Temperaturen rund um zehn Grad Celsius. Doch der böige Wind, der mit bis zu elf Stundenkilometern durch den Paddock und über das Dach der Boxengasse fegt, macht das Vorankommen schwierig und die Akkreditierung fliegt an einem bunten Bändchen am Hals befestigt wild durch die Luft.

Dennoch beherrschen an diesem ganz normalen Testtag vor den Toren der katalanischen Metropole Barcelona ganz andere Themen als vom Winde verwehte Journalisten die Gespräche im Media Center.

Schließlich haben sich die drei verbliebenen GPWC-Hersteller sowie deren neun verbündete Rennställe wieder einmal mit einem Brief zu Wort gemeldet. Das Credo ist dabei recht simpel: Sie möchten auch weiterhin mehr Geld, mehr Einfluss, mehr Macht und gleiches Recht für alle. Sollte dem von Seiten der FIA und FOM nicht nachgekommen werden, werden sie ihre Konsequenzen ziehen und ab 2008 eine eigene Rennserie nach ihren "Grand Prix Racing Grundzügen" aus der Taufe heben.

Aber nicht nur auf dem politischen F1-Parkett gab es in dieser Woche wieder viel Neues zu vermelden. Was es bei den Teams an Neuigkeiten gab, verdeutlicht ein kurzer Besuch in der eine Etage tiefer liegenden Boxengasse. Also schnell zur Media Center Tür hinaus geeilt. Gegen den noch immer kräftig blasenden spanischen Wind ankämpfend rasch die Treppen hinuntergeeilt und schon stehen wir am Boxengasseneingang vor der Box des seit Jahren amtierenden Konstrukteurs- und Fahrerweltmeisters.

Im Gegensatz zu den benachbarten Garagen, vor allem jener von McLaren Mercedes, zeigen sich die Italiener überraschend offenherzig. Zwar verdecken ein paar weiße Stellwände unmittelbar vor den beiden Boxen den direkten Blick ins rote Allerheiligste, doch wird dieser nur allzu leicht durch einen Schritt zu einer der beiden ungeschützten Seiten freigegeben.

Böse Zungen würden nun behaupten, dass Ferrari auch nichts zu verbergen habe, da ihre Rundenzeiten in den zurückliegenden Wintertestmonaten mit dem überarbeiteten F2004 M alles andere als berauschend waren. Aber solch eine Aussage wäre ebenso töricht wie falsch.

Um dies zu beweisen brauchen wir uns nur, wie etwa Fernando Alonso es erst kürzlich tat, an das vergangene Jahr zurückerinnern, als sich die Situation vor dem letzten Imola-Test vor dem Saisonauftakt in Melbourne nicht anders darstellte. Doch bei besagtem Test fuhren die roten Boliden vom Typ F2004 nicht mehr anderthalb Sekunden hinterher, sondern eine Sekunde vor der Konkurrenz her. Und allein die entspannte Ruhe mit welcher Michael Schumacher, Rubens Barrichello oder Ross Brawn hinter der spärlichen Absperrung der Ferrari-Box zur Sache gehen beweist: In Maranello herrscht alles andere als Alarmstufe Rot.

Kaum anders präsentiert sich die Situation eine Box weiter bei Renault. Im Gegenteil: Hier ist man zu diesem Zeitpunkt der Saisonvorbereitung sogar besser als erwartet. Mit starken Rundenzeiten und einem 2005er Rundenrekord bewiesen sowohl Fernando Alonso als auch Giancarlo Fisichella, dass in Australien mit ihnen zu rechnen ist und sich die Presse nicht nur auf das silberne Feuer und Eis Duell zwischen Kimi Räikkönen und Juan Pablo Montoya konzentrieren sollte.

Zwischen den Boxen der Gelb-Blauen und der wie immer bis zum geht nicht mehr verbarrikadierten Silbernen liegen die Garagen des BMW-Williams Teams. In diesen könnte Spekulationen zu Folge der Brasilianer Antonio Pizzonia in der vergangenen Woche seinen letzten Arbeitstag in Weiß-Blau verbracht haben. Denn nach der Entscheidung Pro-Quick Nick soll der Jungle Boy sich in Nordamerika nach einem Champ-Car-Cockpit umsehen.

Die Leistungen des FW27 getauften Arbeitsgerätes von Mark Webber und Nick Heidfeld lassen unterdessen weiter zu wünschen übrig.

Ganz anders eine Box weiter bei McLaren Mercedes: Der neue MP4-20 mit den Hörner auf der Airbox zeigte sich auch in Barcelona, dem Ort seines Roll-Outs, von seiner schnellen Seite. Getrübt wurde das gute Gesamtbild nur von einem heftigen Unfall des Finnen Kimi Räikkönen, der danach sogar seinen zweiten Testtag absagen musste. Für ihn sprang Pedro de la Rosa einen Tag eher in jenes Cockpit, in welchem er nun auch offiziell bestätigt an den ersten drei GP-Freitagen der neuen Saison Platz nehmen darf.

Ein paar Schritte weiter üben unterdessen die in den schicken neuen Teamfarben gekleideten Red Bull Mannen fleißig Boxenstopps. Seit Freitag wissen wir jetzt auch wer in Downunder neben David Coulthard Boxenstopps für Red Bull Racing absolvieren darf. Die Wahl der roten Bullen fiel dabei wenig überraschend auf den Österreicher Christian Klien, der im Gegensatz zum Italiener Tonio Liuzzi nicht an den Freitagstests teilnehmen darf.

In der vorletzten besetzten Box des Barcelona-Tests steht hingegen schon lange fest, welche drei Fahrer nach Melbourne reisen werden. Wie deren Auto in der neuen Entwicklungsstufe aussieht, zeigte sich allerdings erst am vergangenen Dienstag als Toyota seinen generalüberholten TF105 erstmals auf die Rennstrecke schickte.

Technikdirektor Mike Gascoyne freute sich deshalb darüber die weiß-roten "Ressourcen voll ausgenutzt" zu haben. Aber das war erst der Anfang: Bereits in Melbourne soll es weitere neue Teile geben, bevor das Auto beim zweiten Rennen in Malaysia wieder "völlig anders" aussehen soll.

Für Max Mosleys Kostensenkungspläne ist dies natürlich ein harter Schlag ins Gesicht. "Sicher hatte diese Maßnahme mehr Arbeit und auch zusätzliche Kosten zur Folge - aber ich denke, so sollte Toyota seine Möglichkeiten nützen und wir beginnen nun also, uns so zu verhalten, wie es sich für ein großes Teams gehört", strahlt Gascoyne, der damit klar macht, dass Automobilhersteller wohl niemals eine Kostenreduzierung über ein Tausendstelsekunden einbringendes, aber sündhaftteures Aero-Update ansiedeln werden.

Während Toyota also mit Neuerungen, Flügelchen, Aero-Paketen und Geld um sich schmeißt, wirkt in der gelben Nachbarbox alles wie im sprichwörtlichen Armenhaus der Königsklasse. Bis auf das Bridgestone "B" pappen noch nicht einmal Sponsorenaufkleber auf den Jordan Boliden von Narain Karthikeyan und Tiago Monteiro, die am letzten Testtag auch noch vom Niederländer Nicky Pastorelli Gesellschaft bekamen.

Das zweite finanziell alles andere als auf Rosen gebettete Team präsentierte unterdessen mit dem Österreicher Patrick Friesacher am Dienstag um 16:00 Uhr seinen zweiten Stammpiloten für die anstehende Saison. Da die Finanzmittel für einen längeren Barcelona-Tests wie immer nicht ausreichten, durfte dieser zumindest am Samstag in Imola erste Runden mit seinem neuen Arbeitsgerät drehen.

Dort war auch Sauber aktiv, die ebenso wie British American Racing dem letzten großen Aufeinandertreffen der Rennställe auf dem Circuit de Catalunya fern geblieben waren und stattdessen lieber in aller Abgeschiedenheit einen Exklusivtest in Valencia absolvierten, wo die Bond-Autos vom Typ 007 erstmals mit einem neuen Aerodynamikpaket ausrücken durften.

Damit stehen wir am Ende der Boxengasse vor einer grün leuchtenden Ampel und werfen mit vom Wind malträtierten, zusammengekniffenen Augen einen umher streifenden Blick zum fernen Boxengasseneingang zurück. Und während dort gerade ein aus der Entfernung winzig wirkendes Auto in die Box kommt, verlässt Michael Schumacher selbige an unserem Ende der Boxengasse bereits wieder mit einem lauten Aufheulen seines V10-Aggregats. Ein Zeichen?