Dieser Präsident gibt wirklich Vollgas. Es sind bebende Schübe. Ausbrüche von einer noch nie da gewesenen Reformwut. Hinter den unzähligen und ellenlangen Briefen und den sintflutartigen Wortschwallen des Max Mosley steckt der unbändige Drang, die Formel 1 - die Königsklasse - zu heilen, sie vor dem finanziellen und dem sportlichen Untergang zu retten. Kleines Problem: Der FIA-Präsident ist dabei derart schnell und mitunter auch recht wankelmütig unterwegs, sodass es manchen Zeitgenossen schwer fällt, Schritt zu halten…

Denn während das gemeine Volk drei Wochen vor dem Beginn der Saison 2005 noch darüber rätselt, welches Qualifying wohl in diesem Jahr zum Einsatz kommen wird oder sich Haare raufend mit den Grauzonen der neuen Reifen-Regeln auseinandersetzt oder ob der zum Teil sündteuren Sparmaßnahmen oder der von einigen Fahrern ob der neuen Regeln befürchteten weiteren Erschwerung von Überholmanövern verdutzt aus der Wäsche blickt, ist Mosley längst schon im Jahr 2008 gelandet.

Dann nämlich endet das derzeit gültige Concorde-Abkommen. Und weil die Rennställe dann wieder ungebunden sein werden, wollen manche bekanntlich eine eigene Rennserie starten - weil sie nicht einsehen, warum der Herr "Zirkusdirektor" Bernie Ecclestone den Großteil vom TV-Geldkuchen erhält.

Dabei gibt es längst schon ein neues Concorde-Abkommen – die Scuderia Ferrari hat es bereits unterschrieben und sich bis 2012 verpflichtet. Und jetzt sollen auch die anderen Teams möglichst bald unterschreiben, findet Max Mosley. Herr Ecclestone hat jetzt nämlich so genannte Spendierhosen an – saftige 50 Prozent der kommerziellen Rechte hat er den Teams in Aussicht gestellt. Das sei doch sehr generös von Ecclestone gewesen, hat Max Mosley im Rahmen eines Pressegesprächs in London betont. Die Teams sollen aber auch deshalb so schnell wie möglich unterschreiben, weil es jetzt an der Zeit sei, das Reglement für 2008 unter Dach und Fach zu bringen.

Mosley: "In diesem Jahr werden wir in aller Ruhe das sportliche und das technische Reglement für 2008 besprechen – mit jenen Teams, die das neue Concorde-Abkommen unterschrieben haben. Es gibt keine wirklichen Gründe, warum wir mit jenen Teams sprechen sollten, die noch nicht unterschrieben haben – denn diese Teams planen ja etwas anderes – sie wollen vermutlich eine eigene Meisterschaft gründen."

Möglicherweise ist man neben der Frage der Geldverteilung auch ein wenig verunsichert ob der Sprunghaftigkeit des flinken Präsidenten. Für einige Verwirrung sorgte Mosley unlängst, als er die Sparmaßnahmen, welche er neben der Sicherheit als Hauptargument für seine umfassenden und jährlich stattfindenden Regeländerungen ins Geschehen rückte, als nicht mehr nötig bezeichnete und gar in Aussicht stellte, diese quasi wieder sein zu lassen. Denn nach der Übernahme von Jordan durch einen Stahlkonzern respektive von Jaguar durch einen Getränkekonzern sei die Krise ja wieder abgewendet und überhaupt – die Formel 1 sei noch nie in besserer Verfassung gewesen…

Wie auch immer - noch einmal rührt Mosley die Werbetrommel für "seine" FIA-Meisterschaft: "Jene Teams, die unterschreiben, machen die Regeln für 2008. Und sie erhalten weitaus mehr. Sie erhalten viel mehr Geld und sie spielen eine Hauptrolle in der Erstellung des neuen Regelwerks."

Dass derzeit nur Ferrari unterschrieben hat, stört Mosley scheinbar genauso wenig wie jene Gerüchte, wonach einige Teams hinter den Kulissen über eine Ablöse des Briten nachdenken sollen. Mosley deutet an, dass Ferrari nicht mehr das einzige Team sein könnte, er sagt, es wäre "töricht, wenn man glauben würde, dass nur ein Team zugestimmt hat". Und: "Wenn die Teams nach den ersten drei Übersee-Rennen zurückgekehrt sind, werden wir mit vier oder fünf davon über das Reglement diskutieren."

Sicher ist: Mosley möchte bis zum Ende dieses Jahres die Regeln für 2008 fertig gestellt haben. Darin soll eine drastische Reduktion der Aerodynamik enthalten sein. Angeblich soll der Abtrieb dann nur noch 10 Prozent des gegenwärtigen Levels betragen. Parallel dazu soll der mechanische Grip erhöht werden. Das Ziel: Es soll mehr Überholmanöver geben.

Kommentar am Rande: Wäre schön, wenn man bis dahin nicht komplett vergessen hat, was das ist - ein Überholmanöver. Denn Piloten wie Mark Webber oder Christian Klien befürchten, dass aufgrund der neuesten Regeln die aktiven Positionswechsel noch seltener werden könnten. Wegen des Verbots der Reifenwechsel müsse man gummischonend fahren, ein Bremsplatter könne fatale Folgen haben, die Risikobereitschaft würde deshalb sinken. Webber: "Das Überholen wird 2005 gewiss nicht einfacher." Aber dafür im Jahr 2008 – was will man mehr?