Kurzes Durchatmen in der Formel 1! Die ersten Testfahrten zur Saison 2015 in Jerez liegen hinter den Fahrern und Teams. Bevor kommende Woche in Barcelona die zweite Einheit ansteht, nutzt Mika Häkkinen die Testpause und schreibt in seiner aktuellen Kolumne für McLaren über den Status von Testfahrten im Wandel der F1-Geschichte.

"Das Testprogramm vor der Saison gehört immer zu einer der hektischsten und wichtigsten Perioden im Formel-1-Jahr", schreibt Häkkinen. Trotz oder gerade wegen all der Einschränkungen in der jüngeren Vergangenheit sei Testen noch immer harte Arbeit. "Aber zu meinen Zeiten, zwischen 1991 und 2001 haben wir viel mehr getestet als es heute der Fall ist", erinnert sich der Doppelweltmeister von 1998/99.

Doppelweltmeister durch große Strapazen

Bereits zum Start seiner Karriere bei Lotus 1991 habe das Testprogramm maßgeblichen Anteil an der Arbeit des Rennstalls eingenommen. "Doch zur Zeit meines Karriereendes ist es zu einem wirklich enormen Teil unseres Berufslebens geworden", vergleicht Häkkinen. So groß seine Erfolge mit McLaren Ende der 90er Jahre auch gewesen seien, möglich gemacht hätten diese nur die allergrößten Strapazen.

"Am Ende dieser beiden triumphalen und erinnerungswürdigen Jahre war ich völlig erschöpft. Genauso ging es meinem Teamkollegen David Coulthard, der so gut gefahren ist und mit mich so gut unterstützt hat", schreibt Häkkinen. Deshalb sei er im Herbst 1999 direkt zu Teamchef Ron Dennis marschiert. "'Hör' mal Ron', sagte ich, 'es ist sehr wichtig, dass David und ich uns im Winter gut erholen. Wir müssen unsere Batterien aufladen. Wir haben einen Haufen Marketing- und PR-Arbeit zu tun, was sehr wichtig ist, aber wir werden beim Testen im neuen Jahr Hilfe brauchen - oder wir riskieren einen Burnout'", zitiert Häkkinen sich selbst.

Coulthard und Häkkinen opferten sich für die McLaren-Erfolge 98/99 auf, Foto: Sutton
Coulthard und Häkkinen opferten sich für die McLaren-Erfolge 98/99 auf, Foto: Sutton

Dennis verpflichtet Panis und Wurz

Natürlich sei Ron so clever gewesen, dass er den Wahrheitsgehalt seiner Ansage erkannt habe. Doch nicht nur das. Dennis reagierte sofort, verpflichtete Olivier Panis als Vollzeit-Testfahrer für die Saison 2000. Eine revolutionäre Maßnahme zur damaligen Zeit, kommentiert Häkkinen. Doof nur, dass Panis bei seinem neuen Job derart überragt habe, dass BAR ihn prompt als Einsatzfahrer für 2001 von McLaren abwarb. Also habe Ersatz her gemusst.

Mit Alex Wurz habe Dennis jedoch einen exzellenten Nachfolger gefunden, lobt Häkkinen. Nur durch diese beiden Verpflichtungen sei es McLaren gelungen die enorme Testarbeit zu schultern. "Für mich und David allein wäre das ohne Hilfe zu viel gewesen", schreibt Häkkinen.

Testfahrer Alex Wurz unterstütze Häkkinen und Coulthard, Foto: Sutton
Testfahrer Alex Wurz unterstütze Häkkinen und Coulthard, Foto: Sutton

Beschwerliche Bürde

Bis 2006, fünf Jahre über das Karriereende des Finnen hinaus, spulte Alex Wurz Testkilometer um Testkilometer für McLaren ab. Stolze 224 Testtage kamen zusammen. In diesem Zeitraum sei die Bürde der Testfahrten Häkkinen zufolge gar noch beschwerlicher geworden. Daher habe Dennis mit Pedro de la Rosa 2003 gleich den nächsten Vollzeit-Testfahrer ins Team geholt. Der Spanier blieb zunächst bis 2011, unterbrochen von einem Jahr als Einsatzfahrer für Sauber.

Natürlich habe Häkkinen selbst auch weiterhin getestet, am liebsten in Siverstone und Barcelona. Das sei unabdingbar gewesen, da jeder Fahrer seinen ganz eigenen, unnachahmlichen Fahrstil pflege und nur so das ideale Setup finden könne. "David und ich wollten das Feintuning immer selbst vornehmen", erinnert sich Häkkinen. Die Unmengen an generellen Zuverlässigkeit- und Aerodynamik-Tests habe man jedoch den Testfahrern überlassen.

Zu diesem Zweck begannen die großen Teams in der Formel 1 indessen generell fast autarke Test-Teams aufzubauen. McLaren testete etwa gar an zwei verschiedenen Orten zur selben Zeit- ein teurer, aufwändiger Spaß. Häkkinen: "Ja, das war teuer - sowohl was Geld als auch Manpower betrifft. Aber Ron hat immer versichert, dass wir weise und effizient gearbeitet haben. Darauf war ich wirklich stolz!"