Die Formel 1 ist immer für Überraschungen gut. Das stellte die Königsklasse des Motorsports am 9. Dezember des Vorjahres so stark wie selten zuvor unter Beweis, denn an diesem Tag fiel der höchst umstrittene Beschluss, beim Saisonfinale 2014 doppelte Punkte zu vergeben. Der Hintergrund der Regeländerung war klar, im Lichte von Sebastian Vettels neun Siegen in Folge wollte man den Titelkampf fortan künstlich länger spannend halten.

Ein Jahr später sind die doppelten Punkte wieder Geschichte. Das World Motor Sport Council schaffte sie bei seiner jüngsten Sitzung nach nur einer Saison wieder ab und entsprach damit sowohl dem Wunsch von Fahrern, Teams als auch Fans. Grund genug für Motorsport-Magazin.com, das Punktesystem aus historischem Blickwinkel unter die Lupe zu nehmen.

0,14 Punkte für die schnellste Runde

Vom Beginn der Formel-1-Weltmeisterschaft im Jahre 1950 bis inklusive 1959 wurden Punkte vom ersten bis zum fünften Platz nach dem Schema 8-6-4-3-2 vergeben. Zudem wurde auch jenem Fahrer, der die schnellste Rennrunde erzielte, ein Zähler verliehen.

In den ersten Jahren der F1 bekam der Sieger acht Punkte, Foto: Sutton
In den ersten Jahren der F1 bekam der Sieger acht Punkte, Foto: Sutton

Erzielten jedoch mehrere Fahrer exakt dieselbe schnellste Rundenzeit, wurde der Punkt anteilsmäßig aufgeteilt, was beim Großbritannien GP 1954 zur kuriosen Situation führte, dass Juan Manuel Fangio, Stirling Moss, Jose Froilan Gonzalez, Mike Hawthorn, Jean Behra, Alberto Ascari und Onofre Marimon je 0,14 Zähler gutgeschrieben bekamen. 1960 wurde der Punkt für die schnellste Runde wieder abgeschafft.

Heute zählt die Konstrukteurs-Weltmeisterschaft für die Teams beinahe mehr als der Gewinn des Fahrertitels, weil basierend auf ihr die Preisgelder ausgeschüttet werden. Eingeführt wurde sie jedoch erst 1958, sodass sich Mercedes diesen Titel in der vergangenen Saison zum ersten Mal sicherte, obwohl man die Formel 1 in den 50er-Jahren mit Juan Manuel Fangio und Stirling Moss dominierte.

Kleine Korrekturen

Streichresultate erlaubten den Piloten schlechte Ergebnisse, Foto: Sutton
Streichresultate erlaubten den Piloten schlechte Ergebnisse, Foto: Sutton

Der gestrichene Punkt für die schnellste Runde wurde ab 1960 dem Sechsplatzierten Piloten zugesprochen, ein Jahr später wurde die Punktzahl für einen Rennsieg von acht auf neun erhöht. 1991 bekam der Sieger einen weiteren Punkt hinzu, sodass er zehn Zähler mitnahm, bis 2003 blieb das in den Urzeiten der Formel 1 ersonnene System aber quasi unverändert.

In den 70ern und 80ern gab es allerdings Streichresultate, sodass sich die Piloten einige schlechtere Ergebnisse leisten konnten, die nicht in die Wertung einflossen. Ab 1967 wurde die Saison in zwei Hälften geteilt, deren beste Ergebnisse zur Ermittlung des Weltmeisters herangezogen wurden. 1968 fanden beispielweise zwölf Rennen statt, für die Wertung zählten allerdings nur zehn Resultate - die jeweils fünf besten der beiden Hälften.

Der große Umbruch

Schumacher sollte mit dem 2003 eingeführten System eingebremst werden, Foto: Sutton
Schumacher sollte mit dem 2003 eingeführten System eingebremst werden, Foto: Sutton

Zu einem relativ großen Umbruch kam es 2003. Ab sofort wurden die ersten acht Piloten eines Rennens mit Punkten bedacht, zudem wurde der zweite Platz mit acht statt sechs Zählern aufgewertet. Damit verfolgten die Formel-1-Bosse das Ziel, die Dominanz des Dauersiegers Michael Schumacher zu brechen. Die Vergabe folgte bis inklusive der Saison 2009 nach dem Schema 10-8-6-5-4-3-2-1.

Der bis dato letzte Umbruch - der größte überhaupt in der Geschichte der Formel 1 - wurde 2010 vollzogen. Mit Lotus, Virgin und Hispania stiegen drei neue Rennställe ein, was zum Anlass genommen wurde, das Punktesystem radikal umzubauen. Das neue Schema stellte eine Revolution dar, seither erhält der Sieger stattliche 25 Punkte. Dahinter lautet die Abfolge 18-15-12-10-8-6-4-2-1.

Profitieren konnten die neuen Teams von dieser Regelung allerdings nur ein einziges Mal, nämlich als Jules Bianchi in diesem Jahr in Monaco Neunter wurde und damit Marussia (früher Virgin) Zählbares bescherte.

Historischer Vergleich nicht möglich

Alonso und Vettel führen momentan im ewigen Ranking der Punktehamster, Foto: Sutton
Alonso und Vettel führen momentan im ewigen Ranking der Punktehamster, Foto: Sutton

Während das Punktesystem von 1950 bis 2009 weitestgehend unverändert blieb und damit auch historische Vergleiche möglich waren, ist dies aufgrund der 2010 erfolgten massiven Aufstockung mittlerweile nicht mehr der Fall.

In der ewigen Bestenliste befinden sich mit Fernando Alonso, Sebastian Vettel, Lewis Hamilton und Jenson Button vier aktive Piloten unter den Top-5, von der alten Garde konnte sich lediglich Michael Schumacher ob seiner großen Erfolge im Spitzenfeld halten. Doch auch der Rekordweltmeister wird früher oder später noch weiter zurückfallen.

Allerdings profitierte auch Schumacher selbst in seiner zweiten Formel-1-Karriere vom neuen Punktesystem, wenngleich nicht in jenem Maße wie andere Piloten, da Mercedes zwischen 2010 und 2012 einfach zu wenig konkurrenzfähig war.

Prost liegt trotz 51 Siegen nur auf Platz zehn, Foto: Sutton
Prost liegt trotz 51 Siegen nur auf Platz zehn, Foto: Sutton

Die Piloten der Gegenwart sind aber nicht nur ob der neuen Punkteregelung im Vorteil, heutzutage stehen auch deutlich mehr Rennen auf dem Programm als etwa zu Alain Prosts Zeiten. Als der vierfache Weltmeister aktiv war, stellten 16 Saisonrennen das Höchste der Gefühle dar, wohingegen mittlerweile Kalender mit 20 Grands Prix Standard sind.

Insofern verwundert es nicht, dass Prost in der ewigen Bestenliste lediglich auf dem zehnten Platz rangiert und nicht einmal halb so viele Punkte wie Alonso sammelte, obwohl er stattliche 19 Siege mehr als der Spanier feierte.