Noch vor einem halben Jahr war die GPWC-Welt noch völlig heil. Die fünf Gründungsmitglieder DaimlerChrysler, BMW, Renault, Ferrari und Ford waren sich ihrer Zielsetzung eine eigene transparentere und mehr Einnahmen verteilende Rennserie zu gründen einig und die beiden großen Japaner von Honda und Toyota wurden umgarnt. Der alles andere als heilen F1-Welt von Bernie Ecclestone musste zu diesem Zeitpunkt Angst und Bange um die ungewisse Zukunft werden.

Kurz danach platzte die erste Bombe: Ford zog den Stecker aus seinem F1-Projekt, stellte Jaguar und Cosworth Racing zum Verkauf und schied dementsprechend auch aus der GPWC aus. Diese blieb jedoch unbeirrt und kündigte trotz des Ford-Ausstiegs eine Beibehaltung der Pläne für 2008 an: Spätestens dann sollte die eigene "Neue Serie" an den Start gehen.

Doch das neue Jahr 2005 begann alles andere als gut: Erst lehnte Honda öffentlich eine Verbindung mit der GPWC ab, dann ließ das Gründungsmitglied Ferrari die zweite, noch größere und schwerwiegendere Bombe platzen: Die Scuderia teilte in einem überraschenden Presseschreiben kurzer Hand mit, dass man zusammen mit der FIA und FOM-Chef Bernie Ecclestone ein neues Concorde Agreement bis ins Jahr 2012 unterschrieben habe.

Dies deutete das FIA-FOM-Ferrari-Dreigestirn als "Zeichen für eine stabile Zukunft" der Königsklasse des Motorsports. Dass früher die Unterschriften aller zehn Teams hierfür notwendig waren und noch nicht einmal klar ist ob überhaupt schon etwas unterschrieben wurde (ein Fakt, dass nicht nur in GPWC-Kreisen angezweifelt wird), ließen die Verfasser des Press Releases außer Acht.

Ebenfalls interessant zu lesen waren die beiden "unterschiedlichen" Pressemitteilungen der Scuderia, der FIA und der FOM: Denn während im FIA/FOM-Release die Reihenfolge der Statements Mosley, Ecclestone, Montezemolo lautete, begannen die Italiener in ihrem "völlig veränderten" Presseschreiben mit den Worten von Montezemolo bevor Mosley und Ecclestone die gleichen Phrasen zu Papier brachten.

Nicht nur dies stellt für viele, unter anderem Minardi-Teamboss Paul Stoddart, einen Hinweis auf eine "zu enge" Zusammenarbeit zwischen der FIA und ihrem Vorzeigerennstall dar, welcher sich in besagtem Press Release mehrfach damit rühmt das einzige Team zu sein, welches seit der ersten Formel 1 Weltmeisterschaft im Jahre 1950 ununterbrochen dabei ist.

Ein klitzekleines Faktum unterschlagen die Italiener dabei allerdings: Ferrari boykottierte den allerersten Formel 1 Grand Prix im britischen Silverstone, da man sich mit dem Veranstalter nicht über eine entsprechende finanzielle Entschädigung einigen konnte! Mit Bernie Ecclestone dürften die finanziellen Details für das neue Concorde Agreement hingegen sehr zufrieden stellend ausgefallen sein, wenn man dafür das noch vor Jahresfrist als neues Hersteller-Schlaraffenland gepriesene GPWC-Reich sausen lässt.

Ganz böse Zungen sahen in der angeblichen Unterschrift unter ein neues Concorde-Abkommen sogar die Rache der Roten für die Testbeschränkungspläne der neun anderen Teams. Nicht umsonst kritisierte Sportdirektor Jean Todt vor wenigen Wochen, dass alle Kraft der Konkurrenz nur darauf gerichtet sei "Ferrari den größtmöglichen Schaden" zuzufügen.

Doch genug von Unterschriften, Abkommen und Anwälten, welche ab Montag in einem neuen Prozess der Kirch-Gläubigerbanken gegen Bernie Ecclestone ohnehin schon wieder die Oberhand gewinnen werden. Denn "größtmöglichen Schaden" möchten nicht nur die Neun gegen den einen Rennstall anrichten. Schließlich heißt es in der F1: Jeder gegen jeden. Und nach diesem Motto möchte man bei British American Racing seine Titelambitionen der nächsten Jahre mit militärischer Hilfe und psychologischer Kriegsführung unterstützen.

So wurden einige US-Militärs im Hinblick auf Tipps und Tricks zur professionellen Demoralisierung der Konkurrenz hinzugezogen. "Als erstes haben sie uns gleich gefragt, ob wir irgendetwas tun, um die Konkurrenz zu verunsichern, sie in Besorgnis zu halten. Als wir verneinten, erklärten sie uns die Art jener Strategien, welche sie zur Anwendung bringen würden", verriet eine Team-interne Quelle. "Das könnte eine interessante Saison werden."

Oder sollte es nicht lieber "Das könnte eine so verrückte Saison werden" heißen? Zumindest auf Presseebene sind einige der Teams bereits zur psychologischen Kriegsführung und absichtlichen Informationsverdünnung übergegangen: Da werden kapitale Motorschäden zu "Motorenproblemen" degradiert, die Konkurrenz und deren Reifenpartner in "das andere Team" oder "die andere Reifenmarke" umbenannt, erwarten alle "ein hartes Wochenende" und bot selbst der langweiligste Trainingsfreitag "eine interessante Session, in welcher wir viele wichtige Daten sammeln konnten". Ganz zu schweigen vom Albtraum eines jeden Formel 1 Journalisten: Den schier unendlichen – und mindestens ebenso unendlich inhaltslosen – Jaguar Press Releases...

In manchen Pressemitteilungen der Teams finden sich hingegen doch noch "interessante Informationen". So etwa zu Beginn dieser Woche, als Sauber, Renault und British American Racing ankündigten aufgrund der "schlechten" bis "unfahrbaren" Streckenbedingungen in Barcelona nach Valencia umzuziehen. Für die besagten Teams brachte dies viel Arbeit, wahrscheinlich finanziellen Mehraufwand sowie die Einsicht, dass die in Barcelona verweilenden Rennställe durchaus akzeptable Testzeiten und Ergebnisse erzielen konnten.

Geläutert mussten die Flüchtlinge, die im Falle Renault sogar die für Februar geplanten Tests anzweifelten, dann kleinlaut zugeben: Ja, beim nächsten Mal werden auch wir wieder auf dem Circuit de Catalunya testen. Was lernen wir aus der Geschicht´? Das ganze konstruierte Testdilemma des vergangenen Sonntags war nur zwei Tage später schon wieder – welliger – Asphalt von gestern...