Kaum eine andere Strecke bietet Jahr für Jahr solch ein Spektakel wie das Autódromo José Carlos Pace. Das Layout des Kurses, wechselhaftes Wetter und der oftmals späte Termin des Brasilien GP im Kalender stellen eine unvergleichliche Kombination dar. Motorsport-Magazin.com unternimmt zur Einstimmung auf das bevorstehende Rennen einen Streifzug durch die Geschichte und blickt auf die legendärsten Grands Prix in Interlagos.

1973: Fittipaldi gewinnt bei der Brasilien-Premiere

Der Zuschauerandrang bei Emerson Fittipaldis Sieg war groß, Foto: Sutton
Der Zuschauerandrang bei Emerson Fittipaldis Sieg war groß, Foto: Sutton

Im Jahre 1973 fand zum ersten Mal ein zur Formel-1-Weltmeisterschaft zählendes Rennen in Brasilien statt. Um dem amtierenden Weltmeister Emerson Fittipaldi einen Heimvorteil zu verschaffen, durfte der in Diensten von Lotus stehende Lokalmatador wenige Tage vor dem Rennwochenende in Interlagos testen. Und das sollte sich bezahlt machen. Fittipaldi gewann mit Respektabstand vor Jackie Stewart und versetzte die Zuschauermassen am Rande der damals noch knapp acht Kilometer langen Strecke in Ekstase.

1975: Pace jubelt über den Heimsieg

Carlos Pace: Vielumjubelter Held, Foto: Sutton
Carlos Pace: Vielumjubelter Held, Foto: Sutton

Nachdem Fittipaldi die ersten beiden Ausgaben des Großen Preises von Brasilien gewonnen hatte, schlug 1975 die Stunde eines weiteren Lokalmatadors. Carlos Pace, nach dem die Strecke später benannt wurde, sicherte sich den Sieg, wenngleich dieser durchaus glücklich zustande kam. Acht Runden vor dem Ende des Rennens schied der überlegen in Führung liegende Jean-Pierre Jarier aus, sodass Pace freie Fahrt hatte. Es war der einzige Sieg in der Karriere des damaligen Brabham-Piloten. Pace kam nur zwei Jahre später bei einem Flugzeugabsturz ums Leben.

1991: Senna am Ziel seiner Träume

Ayrton Senna freut sich über seinen ersten Heimsieg, Foto: Sutton
Ayrton Senna freut sich über seinen ersten Heimsieg, Foto: Sutton

Ayrton Senna war bereits zweifacher Weltmeister und hatte schon 26 Grands Prix gewonnen, ein Erfolg in seiner Heimat fehlte dem Brasilianer jedoch noch. Erneut sah es so aus, als würde Senna der Triumph verwehrt bleiben, denn in Führung liegend begann sein Getriebe zu streiken. Doch der Mann mit dem gelben Helm hielt durch, erwehrte sich der Angriffe von Riccardo Patrese und durfte schlussendlich voller Stolz mit der brasilianischen Flagge auf der obersten Stufe des Podiums posieren.

2001: Montoya trickst Schumacher aus

Juan Pablo Montoya setzte sich im Senna-S gekonnt an Michael Schumacher vorbei, Foto: Sutton
Juan Pablo Montoya setzte sich im Senna-S gekonnt an Michael Schumacher vorbei, Foto: Sutton

Ein sehenswertes Duell lieferten sich 2001 Michael Schumacher und Juan Pablo Montoya. Der Kolumbianer, der damals seine erste Saison in der Formel 1 bestritt, setzte sich in der zweiten Runde des Rennens mittels eines spektakulären Überholmanövers im Senna-S an Schumacher vorbei. Der heißblütige Williams-Pilot drängte den Kerpener dabei bis ins Gras und übernahm die Führung. In weiterer Folge setzte sich Montoya vom Rest des Feldes ab, doch er sollte das Rennen nicht als Sieger beenden. Bei einer Überrundung kollidierte er mit Jos Verstappen und musste aufgeben. "Es sollte einer der besten Tage meines Lebens werden, aber es wurde ein schlechter", meinte Montoya im Nachhinein.

2003: Fisichella siegt mit Verspätung

In Brasilien wurde fälschlicherweise Kimi Räikkönen zum Sieger erklärt, Foto: Sutton
In Brasilien wurde fälschlicherweise Kimi Räikkönen zum Sieger erklärt, Foto: Sutton

Die Formel 1 erlebte den vielleicht kuriosesten Zieleinlauf ihrer Geschichte. Schwere Regenfälle führten dazu, dass zahlreiche Piloten von der Strecke gespült wurden. In der 55. Runde brach die Rennleitung den Grand Prix schlussendlich ab, nachdem Mark Webber eingangs der Start- und Zielgeraden in die Begrenzungsmauer gekracht war und Fernando Alonso den Trümmerteilen nicht mehr ausweichen konnte.

Die richtige Siegerehrung folgte drei Wochen später in Imola, Foto: Sutton
Die richtige Siegerehrung folgte drei Wochen später in Imola, Foto: Sutton

Zunächst wurde Kimi Räikkönen der Sieg zugesprochen. Nach einigen Tagen fanden die Stewards jedoch heraus, dass Giancarlo Fisichella unmittelbar vor dem Schwenken der roten Flagge in Führung liegend noch die 56. Runde begonnen hatte, sodass das Rennergebnis gemäß des Reglements nach der 54. und nicht nach der 53. Runde, als noch Räikkönen führte, zu werten war. Fisichella wurde seine erste Siegestrophäe erst beim nächsten Grand Prix in Imola überreicht - drei Wochen nach dem Triumph.

2006: Schumachers heroischer Ferrari-Abschied

Michael Schumacher legte nach einem Reifenschaden eine starke Aufholjagd hin, Foto: Sutton
Michael Schumacher legte nach einem Reifenschaden eine starke Aufholjagd hin, Foto: Sutton

Am 22. Oktober 2006 bestritt Michael Schumacher seinen letzten Grand Prix für Ferrari und verabschiedete sich zum ersten Mal von der Formel-1-Bühne. Es sollte für den Rekordweltmeister nicht zum Sprung auf das Podium reichen, dennoch legte er eine denkwürdige Performance an den Tag. Schumacher erlitt in der Anfangsphase des Rennens einen Reifenschaden und fiel bis auf den 19. Platz zurück. Der Kerpener startete in weiterer Folge eine beeindruckende Aufholjagd und stürmte bis auf den vierten Rang nach vorne. Zwar gelang es ihm nicht mehr, Fernando Alonso den WM-Titel zu entreißen, doch er demonstrierte einmal mehr, weshalb ihn viele als den besten Piloten aller Zeiten bezeichnen.

2008: Hamilton entreißt Massa den Titel

Felipe Massas Sieg war zu wenig, Foto: Bridgestone
Felipe Massas Sieg war zu wenig, Foto: Bridgestone

Hätte Alfred Hitchcock Regie geführt, er hätte keinen packenderen Thriller inszenieren können als jenes Rennen in Interlagos, das die Weltmeisterschaft 2008 entschied. Felipe Massa überquerte die Ziellinie als Erster und wähnte sich als neuer Champion - doch dieses Glücksgefühl sollte nur eine halbe Minute andauern. Lewis Hamilton gelang es auf den letzten Metern noch, sich an Timo Glock vorbeizuschieben, dessen Toyota auf nasser Strecke mit Trockenreifen ausgestattet war, und rettete den fünften Platz. Damit hatte der Brite schlussendlich einen Punkt mehr als Massa auf dem Konto, mit dem ganz Brasilien weinte.

2012: Vettels weltmeisterliche Aufholjagd

Sebastian Vettel: Weltmeister nach Schock, Foto: Sutton
Sebastian Vettel: Weltmeister nach Schock, Foto: Sutton

Sebastian Vettel ging mit einem Vorsprung von 13 Punkten auf Fernando Alonso in das letzte Saisonrennen 2012. Der dritte WM-Titel lag auf dem Silbertablett bereit, doch bereits nach vier Kurven stand fest, dass vor dem Heppenheimer ein Sonntag voller Schwerstarbeit liegen würde. Der Red-Bull-Pilot wurde von Bruno Senna umgedreht und fiel bis ans Ende des Feldes zurück. Vettel ließ sich von diesem Zwischenfall jedoch nicht aus der Ruhe bringen und steuerte seinen RB8 trotz leichter Beschädigung auf den sechsten Rang, was reichte, um den Titel zu fixieren.