Über kein Team wird derzeit mehr spekuliert als Red Bull Racing. Nachdem es erst hieß, dass das Weltmeisterteam überlegt einen eigenen Motor zu bauen, sollen Horner, Marko & Co. nun planen die Motorenabteilung von Renault in Viry zu übernehmen und dort ihre eigenen Leute einzuführen. "Die Zuverlässigkeit ist inakzeptabel und der Speed ist inakzeptabel. Es muss sich etwas ändern", tönte Red Bull-Teamchef Christian Horner.

Eine weitreichende Änderung wurde bereits am 8. Juni offiziell bekannt gegeben. An besagtem Tag flatterte eine E-Mail von Red Bull Racing ins Postfach, dessen Inhalt für einen Paukenschlag in der Formel 1 sorgte. In einer offiziellen Pressemeldung teilte das Weltmeisterteam mit, dass Star-Designer Adrian Newey einen mehrjährigen Vertrag mit dem Team unterschrieben hat. Pikant: Newey wird ab 2015 nicht mehr seine bisherige Position besetzen, sondern sich anderen Aufgaben in dem neu entstehenden Technologie-Zentrum nahe Milton Keynes widmen.

Für die Presse war die Meldung, dass sich Newey ab 2015 nicht mehr um das tägliche F1-Geschäft kümmern wird, ein gefundenes Fressen. 'Sebastian Vettel verliert sein Superhirn', war unter anderem zu lesen. Doch laut Red Bull stellt die Verschiebung von Neweys Aufgabengebieten keinen Nachteil für das Team dar. "Wir haben ein sehr starkes Team und es ist ja nicht so, dass Adrian nicht mehr da wäre", erklärte Teamchef Christian Horner. "Wir arbeiten sehr hart daran, den Rückstand auf Mercedes zu verringern. Das ist momentan seine Hauptaufgabe."

Laut Alan McNish sind Horners Aussagen nicht nur PR-Floskeln, sondern entsprechen den Tatsachen. "Adrian arbeitet noch immer am Auto. Ich habe ein Bild von ihm mit flow-viz-Farbe gesehen - direkt am Auto", verriet McNish gegenüber Motorsport-Magazin.com und fügte hinzu: "Vielleicht wird er mit seinem neuen Vertrag auch andere Dinge machen, aber ich glaube, dass seine Leidenschaft trotzdem noch in der Formel 1 liegt. Er ist einfach ein Racer." Für McNish war es von Red Bull eine schlaue Idee, Newey mit einem anderen Projekt an das Team zu binden.

Schließlich ist es ein offenes Geheimnis, dass der 55-Jährige von den Reglement-Beschneidungen in den vergangenen Jahren frustriert ist. "Adrian möchte seine Grenzen anders ausloten. Er hat ja bereits öfters gesagt, dass er von den Regeln in der Formel 1 frustriert ist, weil er nicht mehr so kreativ sein kann, wie dies früher der Fall gewesen ist. Jetzt muss man die kleinsten Details verändern, um 0,0001 Prozent weniger Luftwiderstand zu erhalten. Das frustriert ihn", bestätigt Johnny Herbert gegenüber Motorsport-Magazin.com.

Newey bleibt Red Bull erhalten, Foto: Sutton
Newey bleibt Red Bull erhalten, Foto: Sutton

Nichtsdestotrotz hätte Herbert nie darauf gewettet, dass Newey zu einem anderen Team wechselt, auch wenn Ferrari als auch McLaren ihn mit allen Mittel gelockt haben sollen. "Das passt einfach nicht zu seinem Charakter", meinte Herbert. "Gemeinsam haben er und Red Bull in den vergangenen vier Jahren das beste Auto gebaut und auch das aktuelle Auto ist nicht schlecht. Das Paket ist eben nur noch nicht komplett. Ich denke, Adrian wird auch weiterhin Input haben." Derselben Meinung ist auch Motorsport-Magazin.com-Experte Christian Danner.

Er sieht Neweys neuen Vertrag ebenfalls als cleveren Schachzug seitens Red Bulls an. "Wenn Adrian tatsächlich sagt, ich brauche einen Tapetenwechsel, dann heißt es: Okay, dann bau halt jetzt ein Flugzeug. Wir haben immer etwas für dich. Ich glaube, es wird genauso weitergehen wie dieses Jahr, wenn auch vielleicht mit weniger persönlicher Präsenz", erklärte Danner. Seit 2006 fungiert Newey als Chief Technical Officer, sprich Technikchef, des Teams rund um Christian Horner und Dr. Helmut Marko. Zwischen 2010 und 2013 gewannen Red Bull und Newey alle Fahrer- und Konstrukteurstitel in der Formel 1.