Turbo-Pionier Renault darf sich dieses Jahr über ein Jubiläum freuen: Vor 35 Jahren feierte Jean-Pierre Jabouille beim Großen Preis von Frankreich den ersten Sieg eines Turbomotors. Gleichzeitig steht in diesem Jahr in die 50. Auflage eines Großen Preisen von Großbritannien in Silverstone auf dem Programm. Ein doppelter Anlass für Renault, einige der wichtigsten Fahrzeuge der Firmengeschichte zu einer Demonstrationsfahrt auf die Strecke zu schicken, auf der 1977 das Turbo-Abenteuer der Franzosen begann. Dieses war gekennzeichnet von einer Reihe von Rückschlägen, doch mit viel Hirnschmalz und Durchhaltevermögen legte die Equipe den Grundstein für eines spektakulärsten Zeitalter in der Formel 1.

Auf der ebenfalls viel Historie versprühenden Rennstrecke in Northamptonshire absolvierte Renault Filmarbeiten, ließ aber auch den jetzigen Lotus-Piloten Romain Grosjean einige schnelle Runden im 1983er-RE40 abspulen. Mit diesem verpasste Alain Prost den Titel knapp, als ausgerechnet der Turbolader beim Saisonfinale in Kyalami streikte. "Man kann die Unterschiede zu heute wirklich spüren", zeigte sich der GP2-Meister von 2011 beeindruckt. "In diesen alten Autos geht man auf 2,2 bar Ladedruck und dieser setzt urplötzlich ein. Erst fühlt man keine Leistung und dann springt der Turbo an und die Emotionen drehen durch! Das muss echt schwer gewesen sein, damit Rennen zu fahren."

Die Turboloch-Lektion

Kein Vergleich zu heute: Romain Grosjean lernte eine Lektion Demut, Foto: Sutton
Kein Vergleich zu heute: Romain Grosjean lernte eine Lektion Demut, Foto: Sutton

Der historische Ausflug sorgte für Demut und Heiterkeit gleichermaßen: "Nach meiner Fahrt kam Rob White zu mir und sagte: ‚Jetzt wirst du dich dieses Jahr garantiert nicht mehr über das Ansprechverhalten beschweren!‘, und ich antwortete ihm, dass ich das definitiv nicht mehr tun würde", grinste Grosjean. "Die heutige Technologie macht die Turbos wesentlich einfacher zu fahren als damals. Aber es war sehr schön und ich wünschte, ich hätte mehr Runden drehen können!"

Auch in anderen Punkten zeigt sich der Unterschied zwischen der Formel 1 vor 30 Jahren und heute: "Der Hauptunterschied ist die Sitzposition. Man sitzt direkt an der Vorderachse. Das Getriebe ist völlig anders und benötigt etwas Eingewöhnungszeit." Gerade in diesem Punkt zeigt sich, wie sehr sich das Fahren des Autos sich für den Piloten vereinfacht hat. "Man kann die Bremsen und den Anpressdruck spüren und merkt sehr gut, wann das Auto zu sliden anfängt. Aber es fährt dahin, wo es will!"

Neben dem RE40, den Grosjean pilotierte, nahmen auch andere historische Fahrzeuge an der Demofahrt teil: Der Pionierturbo RS01 von 1977 und der Lotus-Renault 98T von 1986 mit dem 1,5-Liter-V6 in seiner letzten Ausbaustufe, die bis zu 1.300 PS im Qualifying ermöglichte. Auch die erfolgreichsten Saugmotor-Modelle in der Geschichte von Renault, die Williams FW14B (1992) und FW18 (1996), waren mit von der Partie.

Turbo-Herausforderungen früher und heute

Nach seiner Unterhaltung mit Grosjean erklärte Rob White, der technische Direktor von Renault, die Unterschiede zwischen den alten Turbos und dem neuen Aggregat "Energy F1-2014" in Kombination mit dem Hybridantrieb: "In den 70er-Jahren ging es für Renault mit den Turbos los. 1,5-Liter-Motoren waren anders als alles, was man bis dahin gesehen hatte. Die Autos mögen heute brutal aussehen, aber die Technologie unter der Karosserie war damals am absoluten Limit. Dieses Jahr haben wir eine ganz andere Herausforderung mit den Turbos, die an ein sehr fortschrittliches Energierückgewinnungssystem gekuppelt sind. Trotzdem gibt es Gemeinsamkeiten: Avantgarde-Technologie, fortschreitende Innovation und Racing mit Vollgas!"