Nach all der Kritik an der vermeintlich langweiligen Formel 1 haben Lewis Hamilton und Nico Rosberg das beste Gegenargument geliefert. Der Bahrain Grand Prix gehört jetzt schon zu den spannendsten Rennen der gesamten Saison 2014 und hätte kaum spektakulärer sein können. Ein Großteil der Action ging auf der Konto der beiden Silberpfeile, die sich während der 57 Runden packende Zweikämpfe lieferten. Am Ende hatte Hamilton hauchdünn die Nase vorn und sicherte sich seinen zweiten Sieg in diesem Jahr.

Nach der Doppel-Pole und vor dem Rennbeginn hatte Rosberg getönt, dass das Team kämpfende Mercedes-Silberpfeile sehen wolle und diese auch akzeptiere. Das Verbot jeglicher Teamorder wurde am Rennwochenende in der Wüste von Sakhir zum großen Thema aufgeblasen. Als ob es Rosberg schon vorher gewusst hätte: Er verlieh seinen markanten Worten auf der Rennstrecke Ausdruck und lieferte Hamilton einen echten Fight.

Kollektiver Jubel bei Mercedes, Foto: Sutton
Kollektiver Jubel bei Mercedes, Foto: Sutton

Silberpfeil-Spiele in Sakhir

Silberpfeil-Spektakel an allen Ecken und Enden: Schon beim Start gingen Rosberg und Hamilton hart zur Sache. Als der Deutsche seine Pole Position in der ersten Kurve verlor, blieb er dran - in Kurve vier wurde es richtig eng. Der Mercedes-Kommandostand dürfte sich trotz sämtlicher Vertrauensbekundungen kollektiv die Hände vor die Augen gehalten haben. Umso schöner war später der zweite Doppelsieg in Folge.

"Das war fantastische Formel 1, keine Taxifahrten", jubelte Toto Wolff. "Ich habe beiden vor dem Rennen gesagt: Fahrt Rennen gegeneinander, aber macht es fair und mit Respekt. Bitte keine Harakiri-Manöver und riskiert nicht das eigene Auto oder das des Teamkollegen." Beide Silberpfeile hielten sich an die Vorgabe; auch wenn es manchmal enger wurde als angedacht.

Zweiter Saisonsieg für Hamilton, Foto: Sutton
Zweiter Saisonsieg für Hamilton, Foto: Sutton

Hamilton über dem Limit

"Da war eine Situation, als er ein bisschen über das Limit ging", so Rosberg, der seinen Frust über das verlorene Duell nur schwer verbergen konnte. "Aber alles in allem war es hartes Racing mit dem nötigen Respekt. Das war voller Kampf und sehr intensiv. Im Auto war eine Menge Action, das kann ich sagen." Fast hätte man Rosbergs Anspannung auf den Zuschauertribünen hören können. "Ich habe teilweise im Helm gebrüllt, so energiegeladen war ich", verriet er. "Ich wollte das Ding gewinnen, aber leider hat es nicht geklappt."

Kleines Trostpflaster für den Wahl-Monegassen: In der Weltmeisterschaft führt er weiter vor Hamilton, nach drei Rennen beträgt sein Vorsprung elf Punkte. Vielleicht ein Grund, warum Rosberg in den letzten zehn Runden nach der Safety-Car-Phase nicht voll ans Limit ging? "Lewis ist in den letzten Runden sehr gut gefahren und ich denke, dass Nico als WM-Führender kein unnötiges Risiko eingehen wollte", vermutete Wolff im Gespräch mit Motorsport-Magazin.com.

Beide Silberpfeile am Limit, Foto: Sutton
Beide Silberpfeile am Limit, Foto: Sutton

Rosberg im toten Winkel

Dabei hatte Rosberg - der den Zweiten mehrfach als ersten Verlierer bezeichnete - seine Chance gewittert. Nach der Safety-Car-Phase hatte er wegen seiner weichen Reifen einen kleinen Vorteil gegenüber Hamilton, der den letzten Stint auf den Medium-Mischungen absolvierte und wegen der Neutralisationsphase zehn Sekunden Vorsprung eingebüßt hatte. Rosberg attackierte nach der Freigabe des Rennens sofort, doch Hamilton verteidigte sich stark.

Der Brite kannte zum Schluss nur noch die Flucht nach vorn. "Er war einige Male im toten Winkel und ich hatte keine Idee, wo er steckte", sagte der Brite nach seinem 24. Sieg in der Formel 1. "Nico machte bessere Arbeit und ich muss schauen, wo ich mich verbessern kann. Das war für eine der härtesten Situationen, die ich seit langer Zeit erlebt habe." Rosberg seinerseits gab das Lob an den Teamkollegen zurück: "Er hat einen bisschen besseren Job gemacht. Die Kämpfe waren knallhart, aber ich habe es nicht geschafft, vorbeizukommen. Ich muss schauen, dass ich es nächstes Mal besser mache."

Mercedes-Action schon beim Start, Foto: Sutton
Mercedes-Action schon beim Start, Foto: Sutton

Rosberg an der Reihe

Nächstes Mal - das ist der China Grand Prix in zwei Wochen. Kaum etwas spricht dagegen, dass Mercedes beim vierten Rennen des Jahres ähnlich dominant wie zuletzt auftreten wird. Die Formel 1 an der Spitze, das bedeutet: Rosberg gegen Hamilton. "Wir sind in einer guten Position und müssen das Momentum aufrecht erhalten", forderte Rosberg.

Jetzt liegt es an ihm, in Sachen Siege wieder mit Hamilton gleichzuziehen. In China dürfte es genauso laufen wie in Bahrain, oder wie es Rosberg formulierte: "Ich habe heute keinen anderen auf der Strecke gesehen, immer nur meinen Teamkollegen. Er war meine Zielscheibe."