Das Qualifying zum Großen Preis von Malaysia war ein wahrer Thriller. Regen mischte das Feld auf und Mercedes musste um seine Dominanz nicht nur fürchten - Sebastian Vettel durchbrach sie auch teilweise.

Um lediglich 55 Tausendstel verfehlte er die Pole Position - ginge es nach Dr. Helmut Marko, würde er sogar vor Lewis Hamilton ins Rennen gehen. Lediglich eine Behinderung durch Nico Rosberg hätte ihm die Pole-Zeit versagt. Motorsport-Magazin.com macht die Analyse: Wird es im Rennen wieder so knapp?

Nur Wetter kann Red Bull retten

Natürlich war der Ausgang des Qualifyings auch dem Wetter geschuldet. Im dritten Freien Training dominierten Lewis Hamilton und Nico Rosberg das Feld noch deutlich: 1,148 Sekunden fehlten Kimi Räikkönen als Drittplatziertem auf Rosbergs Bestzeit. Vettel sogar noch zwei Zehntelsekunden mehr.

Dr. Helmut Marko warnte schon unmittelbar nach dem Rennen: "Wenn es trocken ist, dann sehen wir Mercedes nur von hinten." Unrecht dürfte Red Bulls Motorsportberater nicht haben. Ein deutliches Indiz dafür sind nicht nur die Zeiten aus FP3, auch die Höchstgeschwindigkeitswerte sprechen Bände.

Rosbergs Höchstgeschwindigkeit im Qualifying betrug 301,9 Stundenkilometer - Platz fünf im Ranking. Sebastian Vettel hingegen musste sich mit dem letzten Platz zufriedengeben. 288,5 km/h zeigte die Messung beim Red Bull nur an, Teamkollege Daniel Ricciardo war unwesentlich schneller. Dabei ist im Trockenen der Topspeed von wesentlich größerer Bedeutung als im Nassen.

Der Red Bull liebt Kurven, Foto: Sutton
Der Red Bull liebt Kurven, Foto: Sutton

Die extrem hohen Kurvengeschwindigkeiten erkauft sich Red Bull zum Teil mit Luftwiderstand. Zwar spielt auch der etwas schwächere Renault-Motor eine Rolle, Daniil Kvyat im Toro Rosso - ebenfalls mit Renault-Power unterwegs - war aber mehr als zehn Stundenkilometer schneller. Im Trockenen macht sich das wesentlich gravierender auf den zwei langen Geraden bemerkbar als im Nassen.

Wird es aber wieder nass, bleibt es spannend. Zwar sieht auch dort Mercedes im Normalfall am stärksten aus, doch Red Bull ist zum einen deutlich näher dran, zum anderen ist es schlichtweg unberechenbar. "Wenn es morgen nass ist, hat Red Bull eine sehr gute Chance, zu gewinnen", meinte Allan McNish gegenüber Motorsport-Magazin.com.

Auch Ferrari im Trockenen vor Red Bull?

Klar, alle Fahrzeuge sind im Nassen langsamer. In Relation zu Hamilton gewann Vettel im Qualifying sogar an Geschwindigkeit. Das mag aber daran liegen, dass Mercedes auf Nummer Sicher gegangen ist und für das Regen-Qualifying noch etwas mehr Abtrieb auf die Autos gepackt hat. Im Trockenen ist der Vorsprung ohnehin groß genug. Bleibt es trocken, sollte Red Bull aber auch Ferrari fürchten.

Trocken sollte Ferrari helfen, Foto: Sutton
Trocken sollte Ferrari helfen, Foto: Sutton

Nicht nur Räikkönens Zeit aus der Qualifikations-Generalprobe ist ein Indiz dafür, dass Ferrari schneller kann. "Wir müssen hoffen, dass es regnet oder sehr heiß ist. Sonst können wir nicht vorne mitmischen", deutete Marko schon an, dass es nicht nur mit Mercedes eng werden könnte. Auch hier liefern die Topspeed-Werte einen interessanten Anhaltspunkt.

Während Alonso und Vettel im Training nur 2,4 Stundenkilometer voneinander trennten, lagen sie im Qualifying 8,7 km/h auseinander. Milton Keynes hat wohl mehr auf Regen gesetzt als Maranello. Ein paar Kilometer südwestlich von Milton Keynes, in Grove, zeigt sich übrigens ein anderes Bild: Während Felipe Massa in der Speed-Wertung am Samstagvormittag noch Platz acht belegte, rutschte er am Nachmittag auf Rang eins.

Mercedes, und dann?

"Wenn es trocken ist, sind die Mercedes unerreichbar. Sie hatten auch hier noch eine Sekunde Vorsprung im Trockenen", orakelt McNish wenig spekatkulär. Damit ist eigentlich schon alles gesagt. Zumindest fast: Denn was machen die Reifen? Und wer spielt die zweite Geige? Und wie sieht es mit Defekten aus?

Die Reifen spielen keine große Rolle, Foto: Sutton
Die Reifen spielen keine große Rolle, Foto: Sutton

Der Reifenverschleiß ist zwar höher als Pirelli zunächst angenommen hatte, aber zwischen den Teams gibt es keine großen Unterschiede mehr, erklärte Paul Hembery erst kürzlich. Also dürfte dieser Faktor als große Mercedes-Gefahr wohl wegfallen. Zwar sahen die Silberpfeile bei den Trainings-Longruns nicht ganz so überlegen aus, doch nach den Zeiten aus FP3 dürfte sich das als Bluff erwiesen haben.

Bei den Defekten sind Prognosen so seriös wie die Vorhersage der Lottozahlen. Bleibt es trocken, ist es heiß. Sehr heiß. Das mögen Maschinen noch weniger als Menschen, die neuen Power Units erst recht nicht. Der Mercedes ist zuverlässig, aber nicht unverwüstlich - das hat Australien gezeigt. Bei Red Bull wird das Fragezeichen mit jedem Kilometer kleiner, der RB10 macht einen etwas zuverlässigeren Eindruck.

Bleibt noch die Frage nach der zweiten Geige. Eigentlich sah Red Bull am Freitag stärker aus als Ferrari. Doch die bereits angesprochenen Geschwindigkeitswerte könnten Ferrari im Trockenen helfen, Red Bull hinter sich zu lassen. Ob Hülkenberg oder die McLaren noch ein Wort mitreden können? Eher nicht, dazu sah auch die Longrun-Pace nicht stark genug aus.

Das einzige Team, das die Pace der Spitzengruppe hinter Mercedes noch mitgehen könnte, ist wohl Williams. Allerding vermasselten Massa und Bottas erneut das Qualifying. Von Rang 13 wird Massa keine Bäume ausreißen können. Bottas, der nach seiner Strafversetzung um drei Plätze nur von 18 startet, im Normalfall ebenfalls nicht.