Charles, drittes Jahr in der Formel 1 für dich und das dritte unterschiedliche Team - ist Lotus das beste deiner bisherigen Karriere?
Charles Pic: Ja, auf jeden Fall. In den vergangenen beiden Jahren war ich bei kleineren Teams, Lotus ist natürlich ein Top-Team. Der Unterschied ist nur, dass ich früher Stammfahrer war und jetzt Ersatzmann bin. Ich möchte dem Team jetzt dabei helfen, das Auto weiterzuentwickeln und es so schnell wie möglich zu machen.

Vom Stammpiloten auf die Ersatzbank - ist das ein Rückschritt für dich?
Charles Pic: Nein, ich sehe das nicht als Rückschritt. Ich sehe das so: Wenn du an einen bestimmten Punkt gelangen willst, führen mehrere Wege dorthin. Der eigene Weg hängt von den eigenen Möglichkeiten ab. Lotus war für mich eine großartige Gelegenheit, denn ich kann trotzdem viel fahren. Wenn du stattdessen kaum im Auto sitzt, ist es schwierig, zurückzukommen. Mit meinem Programm bin ich zufrieden.

Im vergangenen Jahr bekam Lotus-Ersatzfahrer Davide Valsecchi keine Chance, als Kimi Räikkönen ausfiel...
Charles Pic: Stimmt, aber ich möchte seine Situation nicht mit meiner vergleichen. Ich bekomme Freitagseinsätze und bin auch bei den Testfahrten unter der Saison dabei. Wenn Romain oder Pastor etwas passieren sollte, fahre ich auf jeden Fall. Aber das wünsche ich den Jungs natürlich nicht.

Viele Zuschauer sehen keinen großen Unterschied zwischen Marussia und Caterham, weil beide meist am Ende des Feldes fahren. Wie war das aus deiner Sicht?
Charles Pic: Beides sind kleine Teams und die innere Organisation ist ähnlich. Der größte Unterschied für mich war der Motor, denn bei Caterham hatte ich mit dem Renault im vergangenen Jahr das beste Aggregat im Feld. In Sachen Chassis gab es zwischen Marussia und Caterham keinen großen Unterschied.

Charles steht uns Rede und Antwort, Foto: Motorsport-Magazin.com
Charles steht uns Rede und Antwort, Foto: Motorsport-Magazin.com

Dieses Jahr macht es den Anschein, dass der Renault-Motor nicht mehr der beste ist...
Charles Pic: Ja, im Moment sieht es danach aus. Aber wir hatten gerade einmal sechs Testtage und können noch gar nicht so viel sagen. Also warten wir erst einmal ab. Ich denke, dass der Renault-Motor wieder zu den besten gehören wird - das ist nur eine Frage der Zeit.

Was sagst du zu den neuen Turbo-Motoren im Vergleich zu den alten V8-Aggregaten?
Charles Pic: Auf jeden Fall sind die Turbo-Autos nun einiges leiser. Einige Fahrer haben mir erzählt, dass sie auf den Geraden jetzt sogar die Geräusche der Räder hören können! Der größte Unterschied ist aber, dass einfach alles neu ist. Aktuell sind die Autos noch einiges vom Maximum entfernt. In den vergangenen Jahren waren die Autos schon stark optimiert und du konntest nur noch ein paar Zehntelsekunden herauskitzeln. So weit sind wir jetzt noch lange nicht - wir suchen Sekunden.

Vermisst du den Sound der alten V8-Motoren nicht als echter Rennfahrer?
Charles Pic: Der Sound ist anders. Ich mag ihn zwar, aber es könnte schon ein bisschen lauter sein für meinen Geschmack. Aber heute hörst du viel einfacher, ob da gerade ein Renault- oder ein Ferrari-Motor fährt. Die V8-Motoren klangen im Gegensatz dazu alle ziemlich ähnlich.

Glaubst du, dass du deinen Fahrstil wegen des neuen Motors ändern musst?
Charles Pic: Ändern kann man seinen Fahrstil nicht, aber anpassen muss man ihn. Das ist jedoch nichts Neues, denn in den vergangenen Jahren mussten wir auch anders fahren, wenn die Reifen am Ende waren. An dieses Anpassen sind wir also gewöhnt.

Euch Fahrern wurden in den vergangenen Wochen so viele Fragen gestellt zu den neuen Motoren. Gibt es eigentlich eine Frage, die dir noch nicht gestellt worden ist?
Charles Pic: Da gibt es sogar eine ganze Menge. Diese Power Units sind sowas von kompliziert, dass sogar die Ingenieure der Teams noch nicht alles verstehen. Das sieht man doch daran, dass ständig neue Dinge gefunden werden. Es wird noch eine Weile dauern, bis wir alles verstanden haben.

Fünf für Lotus, Foto: Sutton
Fünf für Lotus, Foto: Sutton

Was hältst du denn von der neuen Technologie?
Charles Pic: Die Idee finde ich gut und es geht mit Blick auf die Zukunft in die richtige Richtung. Das macht auf jeden Fall Sinn. Ich denke aber, dass es gerade für die kleineren Teams hart wird, das alles in den Griff zu bekommen.

Euer Lotus sieht ziemlich anders aus als die Autos der Konkurrenz. Welches Auto findest du eigentlich am schönsten?
Charles Pic: Den Lotus natürlich! Das Auto von Mercedes sieht aber auch nicht schlecht aus. Die Nase beim Caterham sieht etwas komisch aus, aber wir müssen noch warten, wie sich das in der Performance wiederspiegelt. Aktuell scheint Mercedes die Nase ein wenig vorn zu haben, aber ich bin sicher, dass die Renault-Teams aufholen werden.

Dieses Jahr gastiert die Formel 1 in Österreich, nicht aber in Frankreich. Ein Rennen in deiner Heimat wäre aber nicht schlecht, oder?
Charles Pic: Natürlich wünsche ich mir einen Grand Prix in Frankreich! Wir haben ein paar französische Fahrer in der Formel 1 und das ist gut für unser Land. Der nächste Schritt wäre jetzt ein Heimrennen, aber das ist nicht so einfach.