Sebastian Vettel saß am Freitag in Bahrain zwar gar nicht im Red Bull, trotzdem rückte der Weltmeister in den Mittelpunkt des Geschehens. BBC-Reporter Andrew Benson hatte morgens berichtet, dass Vettel während der Testfahrten in Jerez einen Wutanfall gehabt haben soll. Angeblich habe er sogar einen Boykott angedroht, bis der problembehaftete RB10 richtig funktioniere. Gleichzeitig erläuterte Benson in seinen Ausführungen, dass niemand außerhalb des Teams wisse, ob sich diese Geschichte rund um den Heppenheimer wirklich zugetragen hat oder nicht. Außerdem machte er klar, dass sich seitens Red Bull niemand dazu äußern werde.

Eine Geschichte, die zunächst etwas an den Haaren herbeigezogen klingt - warum sollte ein Journalist über etwas berichten und gleichzeitig schreiben, dass niemand etwas darüber wisse. Benson wollte, und das schrieb er auch, mit seiner Story deutlich machen, wie angespannt die Lage bei Red Bull sei. In Jerez hatte das Weltmeister-Team riesige Probleme, sowohl hausgemachte als auch mit Renaults Power Unit, und Vettel konnte kaum fahren, während die Konkurrenz fleißig ihre Runden drehte. Sicherlich keine angenehme Situation für Vettel, der genau weiß, wie wichtig jeder Kilometer mit dem neuen Turbo-Auto ist. Ob er wirklich einen Wutanfall - und mit welcher Intensität - hatte oder mit Boykott drohte, sei einmal dahingestellt.

Wie steht es um Red Bull?, Foto: Red Bull
Wie steht es um Red Bull?, Foto: Red Bull

Bensons Ausführungen blieben bei Red Bull jedenfalls nicht ungehört und riefen prompt das Sprachrohr der Truppe aus Milton Keynes auf den Plan: den Red Bull Racing Spy. Eine ungenannte Person, die sich gelegentlich im Namen des Teams äußert, meist auf leicht ironische und bissige Art und Weise, um Dinge klarzustellen. Der Spion wollte das Gerücht um Vettels vermeintlichen Wutausbruch weder bestätigen noch dementieren - keine Überraschung. Die Geschichte hatte allerdings offensichtlich für so viel Wirbel gesorgt, dass Red Bulls Kommunikationsabteilung sie nicht unkommentiert lassen wollte.

In spöttischer Art nahm der Red-Bull-Spion Bensons Geschichte auf der offiziellen Webseite des Teams aufs Korn: "Ich nehme an, das könnte wahr sein. Vielleicht hat sich der vierfache Weltmeister wirklich zu einer schreienden Primadonna entwickelt. Vielleicht ist es wirklich passiert, dass Seb aus dem Auto sprang und Schaum vor dem Mund hatte. Er wandte sich mit einer unhöflichen Geste in Richtung Adrian, schnauzte Rocky an, ging auf Ole los und stürmte dann aus der Garage, sattelte sein Einhorn und ritt zurück in die Schweiz."

Äußerlich gibt sich Vettel weiter gelassen, Foto: Red Bull
Äußerlich gibt sich Vettel weiter gelassen, Foto: Red Bull

Red Bulls Spion legte in seinen Ausführungen noch einen drauf und schrieb: "Unterdessen hat Adrian seine Ausgabe der bebilderten Junior-Enzyklopädie des Motorsports verloren und sagt, dass er ohne sie kein Auto bauen kann. Daniels Schmollen zieht jeden im Team runter, Dr. Marko hat sich entschieden, zu seinen Wurzeln zurückzukehren und Dubstep-Produzent unter seinem Straßennamen DJ Graz zu werden. Christian ist seit seinem Ausflug nach New York im vergangenen Sommer sowieso viel mehr an Straßenkunst als an der F1 interessiert. [...] Vielleicht ist das alles passiert. Das sind sicherlich Gerüchte. Niemand außerhalb des Teams weiß es genau und die innerhalb werden nichts dazu sagen."

Redaktionskommentar

Motorsport-Magazin.com meint: Andrew Benson ist ein anerkannter Journalist, der nicht nach Lust und Laune Blödsinn schreibt oder wilde Gerüchte in die Welt setzt. Anhand seiner Geschichte lässt sich erkennen, dass ihm wahrscheinlich keine 100 Prozent zuverlässige Quelle diese vermeintlichen Interna herangetragen hat. Daraus macht er auch kein Geheimnis, sondern sagt klar, dass dieses Gerücht lediglich ein Beleg für die angespannte Stimmung bei Red Bull sei. Interessant an dieser Sache ist aber, dass Red Bull sich offenbar genötigt sah, Stellung zu beziehen. Täglich schwirren Gerüchte - nicht selten äußerst kuriose - in der F1-Welt herum, doch die Teams äußern sich nur äußerst selten dazu, sondern lassen Derartiges meist unkommentiert.

Die Fragen lauten nun also: Warum hat Red Bull ausgerechnet diesmal Stellung bezogen und warum in dieser Form? Hatten sie Sorge, dass die Geschichte weltweit für Aufsehen sorgt, weil der TV-Sender BBC nun einmal sehr präsent ist? Oder ist die Antwort von Red Bull ein kleiner Hinweis darauf, wie nervös das Team ist, und dass es hinter den Kulissen wirklich brennt? Niemand außerhalb des Teams weiß es genau und die innerhalb werden nichts dazu sagen... (Robert Seiwert)