Bestzeit für Nico Hülkenberg in Bahrain, knapp acht Sekunden dahinter findet sich Romain Grosjean wieder - um ein Haar wären Hülkenberg und Grosjean 2014 Teamkollegen geworden. "Für mich ist Hülkenberg ein exzellenter Fahrer. Eines der wenigen Talente, die es noch gibt", schwärmte der scheidende Lotus-CEO Patrick Louis im Interview mit Motorsport-Magazin.com. Doch Talent allein reicht in der heutigen Formel 1 nicht mehr aus und so entschied sich auch Lotus am Ende gegen Hülkenberg und für Pastor Maldonado.

"Irgendwann muss man als Team eine Entscheidung treffen und akzeptieren, dass man ein Budget zusammenkriegen muss. Fakt ist, dass wir unseren ersten Wunschkandidaten in diesem Sinne nicht nehmen konnten. Ich sage nicht, dass wir Abstriche gemacht haben, aber wir haben uns dafür entschieden, mehr Zeit in einen Fahrer zu investieren", erklärte Louis. Lotus ist überzeugt, dass Maldonado von der Qualität her ein sehr schneller Fahrer ist. "Er ist für mich in einem großen Maße vergleichbar mit Romain Grosjean, wo man uns 2012 ebenfalls kritisiert hat. Damals hieß es, wir seien komplett verrückt, ihn zu behalten und heute sagen die gleichen Leute, er sei ein großartiger Fahrer", betonte Louis.

Nichtsdestotrotz will er nicht bestreiten, dass Hülkenbergs Beispiel zeigt, dass in der Formel 1 etwas Fundamentales schief läuft. "Man kann die Finanzsituation in der Formel 1 nicht von der Hand wischen, sie ist existent und wenn man nicht reagiert, wird der Sport irgendwann durch ein schrumpfendes Starterfeld zerfallen", warnte Louis. Das Problem sei allerdings komplizierter als von außen zu erkennen, denn es gäbe nicht nur selbstmörderische Aktionen, durch die der Markt artifiziell angetrieben wird, sondern auch selbstmörderische Aktionen von Teams, um nach außen hin besser auszusehen, als es eigentlich der Fall ist.

Betriebswirtschaftlicher Selbstmord

Das neue Motorsport-Magazin ist da, Foto: adrivo Sportpresse GmbH
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"In der Formel 1 herrscht ein falscher Schein. Die meisten Teams möchten nach außen hin ein Bild kreieren, das so gar nicht stimmt. Da wird in einem Fünf-Sterne-Hotel gewohnt, um nach außen hin darzustellen, dass es dem Team gut geht. Das ist betriebswirtschaftlich absoluter Unsinn", kritisierte Louis. Völlig absurd sei auch die Situation auf dem Personalmarkt, wo nicht nur die Top-Teams, sondern vor allem die kleinen Teams äußerst aggressiv vorgehen. 2Eine Person, die bei uns strategisch sehr wichtig war und im Gehaltsbereich zwischen 90.000 und 100.000 Pfund im Jahr lag, wurde von uns mit 180.000 Pfund abgeworben", erzählte Louis.

Als weiteres Beispiel nannte der scheidende Lotus-CEO die Modellbauer im Windkanal. "Das Bruttogehalt eines Modellbauers betrug - und da spreche ich jetzt von einem Beispiel aus dem Jahr 2012 - zwischen 36.000 und 38.000 Pfund im Jahr. Bei uns wurden diese Leute mit einem Bruttogehalt von 45.000 Pfund im Jahr weggelockt und zwar von Teams, die in der Konstrukteurs-Wertung weit hinter uns lagen", verriet Louis und fügte hinzu: "Es sind genau diese kleinen Teams, die dann über die Kosteninflation klagen - etwas, das sie selbst angesteuert haben. Für mich ist das betriebswirtschaftlicher Selbstmord."

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