Cosworth verabschiedet sich mit dem Saisonfinale in Sao Paulo von allen F1-Rennstrecken dieser Welt. Das bei der Rückkehr 2010 gesteckte Ziel, den alten Glanz des Namens zurückzubringen, blieb unerreicht. Neben dem Traditionsrennstall Williams setzten 2010 auch die F1-Neulinge HRT, Virgin und Lotus auf das Aggregat des britischen Motorenherstellers. In dieser Saison bestreitet hingegen nur noch Marussia (ehemals Virgin) seine Rennen mit Cosworth-Motoren. Grund: das aktuelle Aggregat hat nicht unbedingt das beste Image.

12 Fahrertitel, 10 Konstrukteurstitel, 155 Siege

Jackie Oliver im Lotus 49, Foto: Sutton
Jackie Oliver im Lotus 49, Foto: Sutton

Dabei war der legendäre Cosworth DFV-Motor einst über mehrere Jahrzehnte hinweg der Beste in der Königsklasse. Bei 257 GP-Starts gingen 12 Fahrertitel, 10 Konstrukteurstitel, 155 Siege, 131 Pole Positions und 138 schnellste Rennrunden auf das Konto des Cosworth DFV. Die 375 Exemplare waren bei rund 45 Teams im Einsatz. Die genialen Köpfe hinter diesem sagenumwobenen Motor waren Mike Costin und Keith Duckworth. Gemeinsam gründeten sie 1958 die Firma Cosworth Engineering Limited. Duckworth arbeitete Tag und Nacht an der maßgebenden Motor-Konstruktion - erst in der Garage von John Campbell-Jones, danach in einem winzigen Backstein-Lagergebäude im Norden von London.

Im Frühjahr 1965 war es endlich soweit: der liebevoll "Cossie" genannte 3-Liter Motor war geboren. Duckworth leitete den Motor aus zwei Motorblöcken und Zylinderköpfen des 1966 für die Formel 2 entwickelten FVA-Motors ab, der auf ein neu entwickeltes Motorgehäuse montiert wurde, sodass ein V8-Triebwerk entstand. Der Motor erhielt die Bezeichnung DFV, was für "Double Four Valves" (doppelter Vierventilmotor) stand. Sein Debüt feierte der DFV-Motor am 4. Juni 1967 im eigens dafür entwickelten Lotus 49 in Zandvoort. Mit der Pole Position und dem Rennsieg verblüffte man die Konkurrenz, doch das war erst der Anfang.

Die Eroberung der Formel 1

In dieser Saison startete Lotus in allen Rennen von der Pole Position, in Watkins Glenn feierte man den ersten Doppelsieg, insgesamt gewann man vier von neun Rennen. Mit der Freigabe durch Ford andere Teams mit Motoren zu beliefern, lief das Geschäft für Cosworth richtig an. 1968 deklassierte man die Konkurrenz, indem man elf von zwölf Rennen gewann. Ferrari, Honda, Maserati & Co. mussten zusehen wie die drei mit Cosworth ausgestatten Teams ihnen um die Ohren fuhren. Kein Wunder, dass bereits ein Jahr später der unverkennbare Klang des DFV-Motors das vorherrschende Geräusch in der Formel 1 war - und die Teams hatten auf das richtige Pferd gesetzt.

Durch Veränderungen im Zylinderkopf hatte Cosworth die Drehzahl auf 9500 bis 10.000 Umdrehungen/Minute gesteigert. Die Folge: sämtliche GP-Siege und Pole Positions gingen 1969 ausschließlich an Teams mit "Cossie"-Motor. Erst Anfang der 70er Jahre bekam der britische Motorenhersteller einen Dämpfer. Nach dem glatten Durchmarsch in den vorhergehenden Jahren war man an seine Kapazitätsgrenzen gelangt. Cosworth belieferte rund 15 Teams, was bedeutete, dass man zwischen 50 und 60 Motoren bauen und Instand halten musste. Aus Qualität wurde Quantität, was sich auf der Strecke rächte und sofort die Kritiker auf den Plan rief.

Der Anfang vom Ende

Stewart im Tyrrell 1973, Foto: Sutton
Stewart im Tyrrell 1973, Foto: Sutton

Cosworth reagierte: 1971 baute man lediglich 15 Motoren, die man auch Instand hielt. Die restlichen Motoren wurden von einer Fremdfirma gewartet und schon ein Jahr später schwamm man wieder auf der Erfolgswelle. 1972 folgte der 50. GP-Sieg durch Jackie Stewart im Tyrrell und 1973 erneut ein glatter Durchmarsch. Die "Cossie"-Teams gewannen nicht nur alle 15 Saisonrennen, sondern belegten bei allen Rennen auch die ersten drei Podestplätze. Es war die Epoche der Cosworth-Motoren, wobei weit weniger die Dominanz faszinierte als die Tatsache, dass der unschlagbare Motor im Grunde immer noch dem "Ur-Cossie" von Duckworth entsprach.

Doch die Geschichte zeigt: wer ganz oben ist, für den kann es nur mehr eine Richtung geben, und zwar nach unten. Dies sollte sich auch bei Cosworth bewahrheiten. Aufgrund des Erfolgs des "Cossie" bestand kein Druck in Sachen Weiterentwicklung, was in einem Stillstand endete. Dem Motorenhersteller wurde zum Verhängnis, dass Duckworth nie einen Masterplan hatte. Seiner Meinung nach hatten Leute mit einem Masterplan ein mentales Defizit. "Aus jungen Idioten werden irgendwann alte Idioten", meinte Duckworth einst. Er machte sich zwar einige Gedanken, aber fast keinen seiner Gedanken setzte er in die Tat um.

Mit dem Auftauchen des Turbo-Motors Ende der 70er Jahre wurde das Ende des "Cossie" eingeläutet. Die neue Technologie, die von Renault in die F1 gebracht wurde, sollte nicht nur Cosworth, sondern der gesamten Saugmotoren-Technologie den Garaus machen. Duckworth selbst, der seit 1980 nur noch Chairman von Cosworth war, versuchte nachzuweisen, dass der Turbo-Motor aus zwei Motoren bestehe und damit nicht regelkonform sei - der Versuch scheiterte. 1983 war Cosworth nur noch ein Schatten seiner selbst. Lediglich fünf Teams fuhren in dieser Saison mit "Cossie", zu Buche stand nur ein lächerlicher GP-Sieg. Der Siegeszug war vorbei und im Verlauf der Zeit verschwand der Namen Cosworth aus der Formel 1 - das gleiche Schicksal blüht dem Motorenhersteller 2014.