Das Gezerre, wer denn nun Kimi Räikkönen für die letzten beiden Saisonrennen ersetzen soll, Nico Hülkenberg zwischen allen Fronten, die Entlassung von Sergio Perez bei McLaren - im Prinzip alles nur verschiedene, immer deutlichere Anzeichen für ein einziges Problem: Die katastrophale Finanzsituation der Formel 1 unterhalb der "Großen Drei".

Gerard Lopez ist am Boden der Tatsachen angelangt, Foto: Sutton
Gerard Lopez ist am Boden der Tatsachen angelangt, Foto: Sutton

Gerard Lopez, der einst bei seinem Einstieg in die Formel 1 seinen Teamchefkollegen wohl einmal ankündigte, er werde ihnen jetzt mal zeigen, wie man in der Formel 1 Geld verdienen könne, der auch einmal Ambitionen hatte, die Nachfolge von Bernie Ecclestone zu übernehmen, ist endgültig in der bitteren Realität angekommen. In einer, in der man versuchen muss, jedes bisschen PR mitzunehmen, das man kriegen kann. Oder warum sonst das schnell öffentlich lancierte Angebot an Michael Schumacher, nachdem Nico Hülkenberg am Ende doch abgesagt hatte?

Worüber man bei Lotus offenbar ziemlich sauer war. So, dass sich die Frage stellt, wo die auf einmal in der Formel 1 kreisenden Gerüchte, der böse Rivale Ferrari stünde auch wieder hinter all dem, eigentlich herkommen. Wie die bösen "Roten" ja auch schon laut einiger kolportierter Verschwörungstheorien Kimi Räikkönen überredet haben sollen, sich noch vor den letzten beiden Rennen seinen Rücken operieren zu lassen. Wer weiß, in welcher Stimmung der Finne zuletzt seinem Team gegenüber war, wie motiviert zum Beispiel, beim Rennen in Abu Dhabi mehr als eine Runde zu fahren, wie er schon vorher unter Freunden fallen ließ, dem ist klar: Irgendwelche Motivationshilfen aus Italien brauchte Räikkönen da bestimmt nicht... Jetzt also soll Ferrari Hülkenberg auf einmal das ganze restliche noch ausstehende Gehalt gezahlt haben, nur damit der nicht die zwei letzten Rennen für Lotus fährt und Ferrari im Kampf um Platz zwei in der Konstrukteurs-WM noch gefährlich werden könnte...

Die Wahrheit scheint jedenfalls eine andere zu sein: Wie Motorsport-Magazin.com aus sehr verlässlichen Quellen erfuhr, kam das Geld für Hülkenberg nicht aus Italien, sondern sehr wohl direkt von Sauber Motorsport - ohne jegliche Hintergrundbeteiligung von Ferrari. Für Sauber sicher ein gewaltiger Kraftakt in diesem Moment, natürlich auch, um ihren Punktegaranten jetzt zu halten, aber auch ein Beweis gegenüber Hülkenberg, dass man den Emmericher angesichts seiner Leistungen sehr schätzt und trotz der Differenzen in der ersten Saisonhälfte wohl auch gerne im kommenden Jahr mit ihm zusammen arbeiten würde.

Und auf Seiten von Hülkenberg und seinem Management hat sich wahrscheinlich die Erkenntnis durchgesetzt, dass das Risiko, ganz auf Lotus und damit auf das "Doch-noch-Funktionieren" des ewigen und allmählich unsäglichen Quantum-Deals zu setzen, ein zu hohes sein könnte. Ein bisschen Internetrecherche reicht ja auch, um die gewisse Zwielichtigkeit der beteiligten Personen und ihrer Geschäftsfelder zu erkennen... Da bekommen die von Quantum-Seite aus immer wieder angeführten "bürokratischen Schwierigkeiten", das Geld auf die richtigen europäischen Konten zu bekommen, einen speziellen Unterton: Sind da inzwischen etwa übergeordnete internationale Behörden hellhörig geworden? Und nicht nur wegen Steuerfragen? Die Wahrscheinlichkeit, dass am Ende eben doch Pastor Maldonado mit seinen PDVSA-Millionen das Team irgendwie retten muss, ist jedenfalls ziemlich groß.

Pastor Maldonado könnten einmal mehr seine Öl-Millionen retten, Foto: Sutton
Pastor Maldonado könnten einmal mehr seine Öl-Millionen retten, Foto: Sutton

Und bei Sauber? Da sollte man sich nicht wundern, wenn am Ende Sergej Sirotkin 2014 doch nicht im Auto sitzt, trotzdem aber so viel Geld aus Russland fließt, dass das Team vernünftig und solide arbeiten kann. Dass die Schweizer, allen voran Teamchefin Monisha Kaltenborn, nicht immer offen Antwort zu den gegenwärtigen Entwicklungen geben wollen und können, liegt zum einen sicher an den zum Teil sehr komplexen Verhandlungen und Verträgen mit unterschiedlichen Partnern in Russland, auch auf obersten politischen Ebenen. Und zum anderen auch aus negativen Medien-Erfahrungen, wenn man einmal unter gewissem Druck vielleicht sehr früh an die Öffentlichkeit ging...

Über eines muss man sich jedenfalls im Klaren sein: Mit "normalen" Sponsoren aus der Wirtschaft sind die heute in der Formel 1 benötigten Summen für kein Team mehr aufzubringen, das nicht einen Mäzen wie Dietrich Mateschitz oder ein Werk wie Mercedes oder Ferrari hinter sich hat. Und dann schaut man sich in unterschiedlichen Stadien der Verzweiflung eben bei unterschiedlich seriösen oder unseriösen anderen Partnern um.

Schließlich ist ja auch bei sogenannten "Großen" da und dort das Geld schon wichtiger als alles andere: Siehe der Fall Sergio Perez. Denn genauso wenig, wie der Mexikaner auf Grund seines besonderen fahrerischen Potenzials überhaupt bei McLaren landete, wurde er jetzt wegen der angeblich so schlechten Leistungen in Abu Dhabi vor die Tür gesetzt, wie vor allem in England kolportiert wurde. Das Interessanteste an Perez waren für McLaren immer die versprochenen etwa 30 Millionen Euro von Multimiliardär Carlos Slim - und da dürfte es jetzt beim Geldfluss mal wieder so deutliche Probleme gegeben haben, dass auch den Engländern allmählich ein Licht aufging. Dabei hätte man sich über die Zahlungsmoral von Slim und die Differenz zwischen versprochenem und tatsächlich angekommenem Geld nur mal bei Sauber informieren müssen...

Deshalb, liebe Herren Mateschitz und Wolff, die sie erst kürzlich mehr oder weniger deutlich meinten, wer sich die Formel 1 nicht leisten könne, solle es doch lassen, oder die angeblich absolut nicht verstehen konnten, wie es sein kann, dass Rechnungen nicht bezahlt werden - und auch lieber Herr Montezemolo, der sie ja seit Jahren Ähnliches verkünden: Wenn Sie nicht bald mit ihren drei (oder vielleicht vier) Teams alleine im Kreis fahren wollen, werden Sie sich bewegen müssen. In Richtung gerechtere Geldverteilung, am besten gleich in Richtung Kostenobergrenze. Denn es gibt heute nun einmal nicht genügend Mäzene oder Hersteller, die bereit sind, an die 200 oder mehr Millionen Euro pro Jahr in die Formel 1 zu stecken. Und nebenbei: Das schlechte Image, das die Formel 1 durch all diese Finanzprobleme in der Öffentlichkeit mehr und mehr bekommt, schlägt auch auf Sie und ihre Teams durch. Arrogante Äußerungen über diejenigen, die nicht in so privilegierter Position sind wie Sie selbst, übrigens auch!