Eines ist auch wenige Tage nach dem Großen Preis von Abu Dhabi klar: Gegen Sebastian Vettel war auf dem Yas Marina Circuit kein Kraut gewachsen - auch nicht in Sachen Strategie. Für Vettel lief es bei seinem siebten Sieg in Folge perfekt. Nachdem er Teamkollege Mark Webber schon am Start überholt hatte, konnte er nicht nur frei an der Spitze wegfahren, sondern auch das Meiste aus seinen weichen Reifen herausholen, ohne in Zweikämpfe verstrickt zu werden. Weiterer Vorteil: Vettel hatte für das Rennen zwei frische Sätze der Medium-Reifen aufgespart und konnte diese in seinem zweiten und dritten Stint einsetzen. Langeweile also an der Front, doch dahinter ging es in Abu Dhabi richtig spannend zu in Sachen Strategie.

Pirelli hatte vor dem Rennstart eine Ein-Stopp-Strategie als Möglichkeit ausgegeben, doch am Ende setzte lediglich Force India diesen Plan um. Es zahlte sich aus: Paul di Resta fuhr von Startplatz elf zum sechsten Platz, Teamkollege Adrian Sutil verbesserte sich von P17 auf Rang zehn. Force India fand heraus, dass der weiche Reifen für sie sehr gut unter Rennbedingungen funktionierte und das nutzte die Truppe vollständig aus. Während die meisten Fahrer, die auf den Softs gestartet waren, früher als erwartet in den Runden 7 bis 10 zum ersten Reifenwechsel an die Box fuhren, blieben di Resta, Jean-Eric Vergne und die beiden Ferraris länger draußen.

Sutil spielte den Lokführer, Foto: Sutton
Sutil spielte den Lokführer, Foto: Sutton

Im Gegensatz zu di Resta startete Sutil auf den härteren Reifen. Seinen ersten Stint fuhr er über 28 Runden, um dann die restliche Distanz von 27 Runden auf den weichen Reifen zurückzulegen. In seinem ersten Stint spielte Sutil zwischen den Runden 17 bis 25 den Lokführer, als er einen Zug hinter sich anführte und zahlreiche Konkurrenten aufhielt. Gleiches galt im ersten Stint für di Resta, der auf seinen gebrauchten Softs unter anderem Mark Webber, Romain Grosjean und Nico Rosberg aufhielt, obwohl sie bereits an der Box waren. Das Resultat: Di Resta fuhr auf seinen alten, weichen Reifen etwa die gleichen Rundenzeiten wie Rosberg auf mit seinen frischen Mediums.

Webber und Rosberg kamen schließlich an di Resta vorbei, obwohl Überholmanöver in Abu Dhabi alles andere als einfach sind. Das bekam im gleichen Moment Grosjean zu spüren, der hinter Vergne einiges an Zeit verlor. Später schaffte es der Lotus-Pilot zwar auch an Sutil vorbei, doch seine geplante Strategie litt darunter. Der Plan war eigentlich, Grosjean auf eine aggressive Zwei-Stopp-Strategie zu setzen, um Webber und Rosberg Paroli bieten zu können. Deshalb hatte ihn das Team schon in Runde 8 an die Box beordert, obwohl Grosjean länger hätte draußen bleiben können. Sie wollten stattdessen Webber undercutten, doch Red Bull war aufmerksam und holte den Australier in der gleichen Runde an die Box.

Di Resta: Kein Vorbeikommen, Foto: Sutton
Di Resta: Kein Vorbeikommen, Foto: Sutton

So konnte Grosjean zumindest den vierten Platz sichern, indem Lotus die Strategie der anderen Konkurrenten coverte. Als die zweiten Boxenstopps anstanden, war Grosjean allerdings nicht mehr nah genug an Webber und Rosberg dran, um sie zu undercutten. In der Zwischenzeit zog Sutil seinen Stiefel weiter durch und hielt dadurch Lewis Hamilton, Felipe Massa, Nico Hülkenberg und Fernando Alonso hinter sich. "27 Runden mit den weichen Reifen sind hier in Abu Dhabi zu lang", sagte Sutil bei Motorsport-Magazin.com. "Wir haben aber keine andere Chance gesehen. Die härteren Reifen haben überhaupt nicht funktioniert, somit war der zehnte Platz das Maximale."

Vergne versuchte es zumindest mit einer Ein-Stopp-Strategie, doch der Plan ging nicht auf. Er fuhr einen langen ersten Stint auf den weichen Reifen und hätte dann einen zweiten Stint über 38 Runden auf den Mediums dranhängen müssen. Doch in den letzten sieben Rennrunden machten die Reifen nicht mehr mit. Di Resta hingegen kam mit dieser Strategie durch, weil er in seinem ersten Stint drei Runden länger auf der Strecke blieb. Vergne duellierte sich gegen Rennende mit Sutil und Sergio Perez um einen Platz in den Punkterängen, doch sieben Runden vor Schluss überholten beide den Toro-Rosso-Piloten. Rückblickend wäre es für Vergne laut dem UBS Strategy Report wahrscheinlich besser gewesen, eine normale Zwei-Stopp-Strategie zu verfolgen um Vollgas geben zu können. Dann hätte er sich wohl gegen Sutil durchsetzen können.