Bald ist es ein Jahr her, dass Norbert Haug seinen Hut als Motorsportchef bei Mercedes nahm und das Zepter an Toto Wolff übergab. Dennoch verfolgt der Deutsche die Formel 1 noch hautnah und richtet den Fokus dabei naturgemäß auf seine ehemalige Mannschaft, für die er 22 Jahre lang tätig war. "In Monza waren sie nicht ganz auf dem Peak, aber die Weichen sind in die richtige Richtung gestellt", blickte er auf den Großen Preis von Italien zurück, bei dem die Stuttgarter das Podium verfehlten.

"Ich mache mir keine Sorgen", fuhr Haug fort, für den Red Bull in diesem Jahr zwar praktisch uneinholbar ist, aber in Zukunft sollen auch die Silberpfeile ein gewichtiges Wort bei der Titelvergabe mitsprechen. "Ich denke, dass Mercedes sehr gut aufgestellt sein wird. Wir haben das Team abgebaut damals, als es um die 'Resource Restrictions' ging - und wieder aufgebaut. Bei Red Bull hat das auch fünf Jahre gedauert", führte er aus. "Mercedes ist im vierten Jahr. Ich glaube, dass die nächsten Jahre sehr gut werden und dass da auch um den WM-Titel gekämpft wird."

Auch Red Bull wird wieder schwächeln

Man müsse die Leistungen von Red Bull und Vettel würdigen, was jedoch nicht bedeute, dass man die Gegnerschaft einfach freundlich vorbeiwinken würde, so Haug. "Das ist der richtige Weg, dass man auf der Strecke ein harter Gegner ist. Ich glaube, dass Mercedes da bestens gerüstet ist", sagte er und geriet bei den Gedanken an seine ehemalige Truppe regelrecht ins Schwärmen: "Das Teammanagement ist gut, die Techniker sind über die Jahre gereift, Ross Brawn ist eine Bank, die Fahrer sind gut. Da wird viel kommen. Die Teamleitung - Toto Wolff, Niki Lauda - die sind auf dem richtigen Weg. Da wird es gute Ergebnisse geben." Besonders große Erwartungen hat Haug jedoch an Nico Rosberg, dem er ganz außergewöhnliches Talent attestiert: "Nico ist ein Weltklasse-Fahrer."

Als jemand, der so lange wie Haug in der Formel 1 engagiert war, weiß 60-Jährige, dass keine Vorherrschaft ewig andauert - auch nicht jene von Red Bull, selbst wenn man sich angesichts der derzeitigen Überlegenheit der Bullen eine Wachablöse kaum vorstellen kann. "Keine Dominanz gilt als ewig. Wir werden auch da wieder einen Machtwechsel sehen. Die Weichen sind bei Mercedes gut gestellt", betonte er. "Auch die anderen schätze ich nicht schwach ein: Wenn Honda wieder kommt 2015 - Ferrari darf man nie außer Acht lassen. Es sind große Herausforderung im nächsten Jahr. Der Formel1 steht eine gute Zukunft bevor."

Damit diese gute Zukunft auch tatsächlich Realität wird, müsse die Königsklasse jedoch die richtigen Schritte setzen. "Das Motiv ist nicht permanente Regeländerung, sondern das Produkt besser zu machen für den Zuschauer", sagte Haug. "Vielleicht ist man hier und da über das Ziel hinausgeschossen. Und dann kann man das zurückdrehen. Da muss was passieren. Und es muss eine ganz klare Kostenbegrenzung her und dann ist das Leben sichergestellt. Aber wenn das nicht der Fall ist, dann wird es ganz schwierig."