Du sollst nächstes Jahr für Sauber in der Formel 1 fahren. Was kannst du dazu sagen?
Sergey Sirotkin: Im Moment habe ich persönlich noch nichts unterschrieben oder das Team getroffen. Ich habe nur herausgefunden, dass ich von der russischen Föderation gewählt wurde. Ich weiß nicht, was sie mit mir planen, es kann auch ein anderer Fahrer im Cockpit sitzen. Ich kann nur sagen, dass ich selbst noch nichts unterschrieben habe und dazu nichts weiter sagen kann.

Kennst du genauere Details des Investment-Vertrages?
Sergey Sirotkin: Ich weiß nur, dass es ein großes Projekt ist, um den Motorsport in Russland zu promoten. Ich hörte, dass sie einen Fahrer benötigen, der bereit ist, im nächsten Jahr in Sotschi an den Start zu gehen. Das ist für sie sehr wichtig. Aber der Hauptgrund ist wohl der Transport der Technologie von Russland in die Schweiz. Diese Investment-Gruppe möchte damit einen Deal machen - einen großen Deal. Dabei ist ein kleiner Teil eben auch der Fahrer, da sich dieses Unternehmen durch einen russischen Fahrer besser promoten lässt.

In welcher Verbindung stehst du zu diesem Thema?
Sergey Sirotkin: Es waren wohl einige russische Fahrer im Gespräch, was dann aber abgesagt wurde. Ich war da und sie wählten mich aus.

Sergey Sirotkin gilt als heißer Kandidat auf das Sauber-Cockpit 2014, Foto: WS by Renault
Sergey Sirotkin gilt als heißer Kandidat auf das Sauber-Cockpit 2014, Foto: WS by Renault

Es gibt immer wieder Gerüchte, der Chef der Investment-Firma sei dein Vater?
Sergey Sirotkin: Nein, das sind große Investment-Fonds, die diesen Deal mit Sauber abgeschlossen haben. Sie benötigten dann Hilfe und baten meinen Vater darum. Wenn ich als Fahrer bei Sauber bin, wird mein Vater helfen, wenn nicht, dann nicht. Ich kann nicht sagen, in welchem Umfang sie seine Hilfe benötigen, darüber weiß ich nicht viel.

Wie bist du zum Motorsport gekommen?
Sergey Sirotkin: Ich nahm den wohl üblichen Weg über den Kart-Sport. Das steigerte sich immer mehr und schließlich war ich russischer Meister. Danach wählte ich den Weg nach Europa, verbesserte mich stetig und stieg schließlich in einen Formel-Boliden um.

Du bist erst seit 2008 wirklich im professionellen Motorsport. Eine recht kurze Zeit.
Sergey Sirotkin: 2008 begann ich in Europa zu fahren und das Top-Level im Kart-Sport zu erreichen. Begonnen habe ich aber bereits 2004, mein erstes Kart erhielt ich sogar bereits 2003. Ich denke nicht, dass das im Vergleich zu anderen spät ist - eher früh. Ich war in beinahe jeder Serie jünger als die anderen Teilnehmer um mich herum.

Wie würdest du dich selbst als Rennfahrer beschrieben?
Sergey Sirotkin: Es ist wichtig, dass Rennfahren im Blut zu haben, nur dann funktioniert es richtig. Man sollte es niemals als Job betrachten, sondern richtig genießen, nicht ohne den Sport leben können. Wenn man es nur als Job wie jeden anderen betrachtet, wird man meiner Meinung nach auf der Strecke niemals zu 100 Prozent pushen können.

Fühlst du dich nun für die Formel 1 bereit?
Sergey Sirotkin: Das ist sehr schwierig zu sagen. Ich bin noch nie einen solchen Boliden gefahren, daher kann ich kaum beurteilen, was mich erwarten wird. Ich hörte, es könnte ein Problem sein, mich richtig vorzubereiten, wenn ich nächstes Jahr fahren soll. Ich habe aber noch mit niemandem gesprochen und kann daher nicht sagen, ob es reichen wird. Ich weiß auch nicht, ob es möglich ist, das Fehlende aufzuholen, sollte es noch nicht reichen.

Angeblich sollst du bereits 2013 erstmals testen und einige Freitagseinsätze stehen im Raum. Könnte die Superlizenz dabei ein Problem werden?
Sergey Sirotkin: Das kann ich nicht beantworten. Ich weiß nur, dass ich so viel wie möglich testen muss. Ich kenne die Regeln leider nicht, ich denke aber, dass sollte erlaubt sein. Für das Testen sollte ich noch keine Superlizenz brauchen, aber ich denke nicht, dass es ein Problem sein sollte, für 2014 eine zu bekommen.

Sollte alles wie gewünscht funktionieren und du 2014 im Sauber-Cockpit sitzen; siehst du dich selbst dann als Paydriver?
Sergey Sirotkin: Zunächst bezahlen wir ja nichts. Das sind keine Sponsorengelder sondern Investmentgelder. Die Sponsoren bezahlen nicht für mich als Fahrer. Die Menschen, die diesen Deal ausarbeiteten, wollten ja nicht explizit mich als Fahrer. Abgesehen davon, bringt jeder Fahrer Geld mit, wenn er in der Formel 1 fährt - sogar Fernando Alonso. Seine Sponsoren bezahlen 50 Millionen an Ferrari. Er bekommt davon zwar viel wieder zurück, aber er bezahlt dennoch. Also ist in der Formel 1 gewissermaßen jeder Pilot ein Paydriver. Ohnehin ist das Muster offensichtlich: Wenn du nicht gut fährst, heißt es, du bist ein Paydriver. Solltest du aber gut sein, bekommst du das nie zu hören.

Hast du Angst, Sauber könnte aufgrund des fehlenden Budgets nicht konkurrenzfähig sein?
Sergey Sirotkin: Ich kenne die genauen finanziellen Verhältnisse des Teams nicht. Im nächsten Jahr wird ein komplett neues Auto gefahren. Es muss viel Geld investiert werden, um das Auto zu verbessern, zu testen, im Windkanal zu arbeiten. Das kostet aber nicht nur Geld, sondern benötigt auch Zeit und Arbeitskraft. Wenn im Team nicht genug Leute vorhanden sind, macht es das schwieriger und bedeutet einen Nachteil.

Bist du stolz, möglicherweise mit 18 Jahren der jüngste Formel-1-Fahrer zu werden?
Sergey Sirotkin: Auf der einen Seite entsteht dadurch Druck. Aber das ist nichts, wovor ich Angst habe. Ich bin glücklich, der Jüngste zu sein, aber ich weiß, dass es noch viel zu tun gibt. Wenn du in die Formel 1 gehst, zählt es nicht, dass du jung bist. Jeder erwartet, dass du dennoch schnell bist.

Könnte dein Alter im Umkehrschluss ein Problem werden?
Sergey Sirotkin: Nein. Sicherlich könnte ich noch ein weiteres Jahr in der Formel Renault 3.5 fahren und mehr Erfahrung sammeln. Auf der anderen Seite: je jünger, umso besser. Ich habe bereits viele Lernjahre hinter mir - mehr als manch anderer. Ich betrachte das als eine super Chance.

Gibt es einen Formel-1-Fahrer, mit den du dich vergleichen würdest?
Sergey Sirotkin: Dafür muss ich zunächst einmal das Auto fahren. Die meisten der Piloten sind wirklich perfekt. Ich kann mich also mit keinem vergleichen, bevor ich nicht selbst in der Formel 1 gefahren bin. Erst dann erkenne ich, wie schnell sie sind und wie groß der Abstand ist.

Dr. Helmut Marco meinte, dass du wahrscheinlich sogar besser als Esteban Gutierrez bist.
Sergey Sirotkin: Ich bin niemals gegen ihn gefahren, daher weiß ich nicht, wie gut er ist. Er ist bereits in der Formel 1 und dort kommst du nicht hin, wenn du ein schlechter Fahrer bist. Meine Chance ist, dass ich jünger als alle anderen Fahrer bin - das war bereits in der Formel Renault 3.5 so. Ich habe damit viele Jahre um mich zu verbessern und stehe nicht so unter Zeitdruck.

Hast du eine Lieblingsstrecke?
Sergey Sirotkin: Eine hervorzuheben ist schwierig. Es ist eher eine Kombination aus den Streckenbedingungen und dem passenden Setup. Letztes Jahr erwischten wir auf dem Moskau Raceway ein sehr gutes Setup und danach gefiel mir die Strecke.

Sergey Sirotkin sieht großes Potenzial für den russischen Motorsport, Foto: WS by Renault
Sergey Sirotkin sieht großes Potenzial für den russischen Motorsport, Foto: WS by Renault

In all den Jahren der Formel 1 gab es mit Vitaly Petrov nur einen russischen Piloten. Nun könntest nur wenige Jahre später du bereits der zweite sein. Wie kommt dieser Wandel?
Sergey Sirotkin: Motorsport war früher in Russland nicht so beliebt. Als Vitaly in die Formel 1 kam, änderte sich die Situation. Damals wollte niemand in den Motorsport Geld investieren, weil er nicht wie in Europa geachtet wurde. Das verbessert sich Jahr für Jahr. Wenn nun im kommenden Jahr der Grand Prix in Sotschi steigt - hoffentlich mit mir im Auto - wird es vermutlich noch besser.

Kennst du Vitaly Petrov persönlich?
Sergey Sirotkin: Ich habe einige Male mit ihm gesprochen, aber nicht viel. Ich kenne ihn als Person, aber er zählt nicht zu meinem Freundeskreis.

Was macht die Formel 1 so begehrenswert?
Sergey Sirotkin: Es ist einfach die absolut höchste Klasse im Motorsport. Es gibt auch die WRC oder beispielsweise LeMans, aber jeder junge Fahrer will eines Tages in die Formel 1. Das ist ein Traum und jeder wird das versuchen. Sollte es nicht gelingen, kann man sich immer noch in Richtung anderer Serien orientieren.