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Mercedes an der Spitze

Warum sind die Silberpfeile auf einmal so stark? Hat der Reifentest mit Pirelli doch einen größeren Vorteil gebracht als zunächst angenommen? Sind Nico Rosberg und Lewis Hamilton in dieser Form sogar Titelkandidaten?

Ferrari-Brunnenfeld: Im Motorsport ist ein Test per se ein Probieren von bekannten Einstellungen mit bekanntem Material. Wenn man nun nach einem Rennwochenende ein für sich ideales Set-Up gefunden hat, bietet dies optimale Voraussetzungen für einen anschließenden Test. Der Vergleich von neuen Reifen und die absoluten Zeitunterschiede beziehungsweise Abnützung der Reifen sagen einiges aus. Außerdem kann man sehr gut mit einem Shore-Härte-Prüfgerät die 'blind' zu testenden Reifen mit bekannten Mischungen vergleichen und notieren.

Da nun die Mercedes-Boliden keinesfalls langsam sind, sondern bloß den Reifenabbau negativ beeinflussen, ist die Art der Einstellung des Fahrwerks und der zu verwendende Luftdruck der Räder die Büchse der Pandora. Diese scheint nun geöffnet und es ist offensichtlich, dass Hamilton und Rosberg seit Barcelona auch im Rennen eine fixe Größe sind. Sollte sich dies weiter verbessern, sehe ich große Chancen, dass Rosberg und Hamilton realistische Titelchancen besitzen.

Gute Freunde kann niemand trennen: Allein dieses Bild dürfte schon das ein oder andere Gemüt erhitzen, Foto: Sutton
Gute Freunde kann niemand trennen: Allein dieses Bild dürfte schon das ein oder andere Gemüt erhitzen, Foto: Sutton

Formelchen: Ob der Reifentest Mercedes stark geholfen hat, ist Spekulation. Geschadet hat er sicher nicht. Aber Mercedes hat auch von den kühlen Temperaturen profitiert, bei dem nächsten Hitzerennen könnte es wieder ganz anders aussehen. Ich habe Mercedes als Außenseiter auch für die WM auf der Rechnung. Allerdings bezweifele ich, dass die Chancen groß sind, denn in der Summe scheint der Red Bull noch das beste Auto zu sein. Er funktioniert bei Hitze und bei kühlen Temperaturen. Weiterhin nehmen sich Rosberg und Hamilton gegenseitig Punkte weg. Rosberg hat inzwischen wieder auf Hamilton aufgeholt und so gibt es bei Mercedes momentan keine klare Nummer eins. Red Bull, Lotus und Ferrari haben einen Vorteil, weil sie sich auf einen Fahrer konzentrieren können.

JSK: Mercedes scheint derzeit das Glück auf seiner Seite zu haben. In Silverstone gab es die fünte Pole des Jahres, mit Rosberg wurde nun der zweite Saisonsieg eingefahren. Die Frage drängt sich förmlich auf: Wie groß war der Vorteil des Barcelona-Exklusivtests? Dass seitdem ein Schritt nach vorne gemacht wurde, liegt auf der Hand. Der Mercedes war seit Saisonbeginn definitiv stark, jedoch war in den ersten Rennen die Performance vorhersehbar. Im Qualifying stets vorne dabei, im Rennen hingegen wurde man eher durchgereicht.

Nach Barcelona folgte nun hingegen eine signifikante Leistungssteigerung. Um eines klarzustellen: Mercedes hat aufgrund der Bemühungen der letzten Jahre den Erfolg verdient - um welchen Preis dieser Erfolg jedoch erkauft wurde, scheint zu hinterfragen zu sein. Zumindest die sportliche Fairness ist auf der Strecke geblieben. Die 'Strafe' des FIA-Tribunals ist wohl verschmerzbar und auch Niki Lauda dürfte seinen verlorenen 50 Euro auch ein wenig Positives abgewinnen können.

Reifenchaos pur in Silverstone

Reifenplatzer bei Höchstgeschwindigkeit - Pirelli in der Kritik... oder waren nur die Kerbs schuld? Welches Licht wirft das im Nachhinein auf Mercedes' Reifentest und die geäußerten Sicherheitsbedenken? Bis zum Nürburgring bleibt nur eine Woche Zeit - was kann die Formel 1 tun, um die Situation so schnell zu verbessern?

The show is on: Auf in's Pirelli-Verderben…, Foto: Sutton
The show is on: Auf in's Pirelli-Verderben…, Foto: Sutton

Ferrari-Brunnenfeld: Pirelli hat bereits in Bahrain erkannt, dass am Reifen etwas Grundlegendes nicht passt und ist mit verbesserten Mischungen zum Barcelona-Test mit Mercedes gekommen. Diese Reifen hätten bereits in Kanada eingesetzt werden können, doch haben einige Teams dagegen protestiert und sich nicht einverstanden erklärt. Der Fehler war, dass sie sich nicht durchsetzten konnten. So kam es, dass mit einer 'halben' Lösung das Problem bloß versteckt wurde, um in Silverstone dramatisch und gefährlicher als zuvor wieder aufzutreten.

Die FIA sollte nun Pirelli die Weisung geben, ab sofort wieder die 2012-er Reifen zu liefern. Diese Reifengeneration ist ausgereift und funktioniert auf allen Boliden gleichermaßen, was ja die Ergebnisse des Vorjahres belegen. Nachdem jedes Team die Einstellungsdaten des Vorjahrs in Händen hat, sollten sie alle gleichermaßen auf die Reifen Änderungen reagieren können und keiner hätte einen Nachteil, der die WM beeinflussen würde.

Formelchen: Die Reifenplatzer gab es 2012 nicht, daher ist es in meinen Augen die Schuld von Pirelli, Kerbs hin oder her. Pirelli muss umgehend handeln, da dieses Problem gefährlich ist. Es zeigt auch, dass ein Test wie jener von Mercedes nötig war, aber offenbar in Sachen Sicherheit nichts gebracht hat. Pirelli muss dringend neue Reifen liefern. Mittlerweile sollten auch Ferrari und Lotus nichts mehr gegen neuen Reifen haben, denn die letzten Rennen mit den alten Reifen gewannen ja ohnehin Mercedes und Red Bull. In jedem Fall finde ich es sehr bedenklich und peinlich, was Pirelli derzeit abliefert. Sie scheinen mit der Formel 1 überfordert zu sein. Es muss dringend gehandelt werden.

JSK: Pirelli steht nicht erst seit Silverstone in der Kritik. Beinahe jedes Team hat Bedenken geäußert - wenn auch nicht vorrangig in Bezug auf die Sicherheit der Reifen. Eher gingen die Bedenken in Richtung der Performance während der Rennen. Die Sicherheitsproblematik hat sich schon sehr früh während der Saison herauskristallisiert. Silverstone markiert in dieser Hinsicht den momentanen Höhepunkt. Die Frage der Haltbarkeit rückt indes in den Hintergrund.

Nicht nur Hamilton flog das Gummi um die Ohren, Foto: Sutton
Nicht nur Hamilton flog das Gummi um die Ohren, Foto: Sutton

Viel wichtiger scheint im Moment, die Reifen sicherer zu machen. Mehrere Reifenschäden an einem Wochenende und Pirelli tappt im Dunkeln: Das kann und darf einem Monopolhersteller nicht passieren. Das nächste Rennen findet schon am kommenden Wochenende statt. Bis zu diesem Zeitpunkt wird Pirelli die Reifen nicht entscheidend verändern können - einige bange Frage stehen im Raum: Was, wenn Pirelli der Problematik nicht Herr werden kann? Bis jetzt wurde kein Fahrer ernstlich verletzt - wie lange geht das noch gut? Und vor allem: Kann sich die Formel 1 einen Reifenhersteller leisten, der seine Produkte nicht in den Griff bekommt?

Ferrari nur auf dem Papier gut

Wo wäre Fernando Alonso unter normalen Umständen gelandet? War die Race-Pace der Roten wirklich wieder so gut, oder hatte die Scuderia diesmal nur Glück? Pechvogel Massa: Erneuter Abflug im Training, im Rennen mit Reifenschaden - warum trifft es immer den Brasilianer?

Ferrari-Brunnenfeld: Eines ist klar: Ohne die Safety-Car-Phase nach Vettels Ausfall wäre Alonso kaum so weit nach vorne gekommen. Somit beantwortet sich die Frage beinahe von selbst... der Ferrari kann zur Zeit weder im Qualifying noch im Rennen mit der Spitze mithalten.

Massa steht diese Saison gehörig unter Druck. Neben dem Faktor, dass er als Wasserträger für Alonso dient, weiß er, dass seine Tage in Maranello gezählt sind. Er fährt daher ständig am Limit, um zu beweisen, dass er schnell und weiterhin eine gute Option für das Team ist. Das provoziert Fehler und verschleißt das Material, sprich die Reifen, um einiges mehr. Der Reifenschaden war Pech, denn auch Vettel und Rosberg hatten Riesenglück, dass sie rechtzeitig die Reifen gewechselt hatten.

Formelchen: Alonso wäre unter normalen Rennbedingungen auf P5 oder P6 gelandet, dies hat er auch selbst gesagt. Er hat enorm von den Safety-Car-Phasen profitiert und natürlich auch von den Problemen bei Hamilton, Vettel und Massa. Massa ist in Silverstone ein besseres Rennen gefahren als Alonso. Er hatte einen super Start, war klar vor Alonso und hatte letztlich nur Pech mit dem Reifenschaden, der ihn nach hinten warf. Ähnlich war es auch bei Mercedes, dort war Hamilton eigentlich schneller als Rosberg. Dennoch bleibt festzustellen, dass Ferrari bei kühlen Temperaturen nicht wirklich stark ist, speziell im Qualifying. Auch Alonso fährt momentan nicht wirklich weltmeisterlich und hatte in Silverstone sehr viel Glück.

Zwischen Licht & Schatten: Alonso & Ferrari, Foto: Sutton
Zwischen Licht & Schatten: Alonso & Ferrari, Foto: Sutton

JSK: Normale Umstände gab es bei Ferrari schon lange nicht. Nach Barcelona schien der Knoten geplatzt. Diese Einschätzung, auch von meiner Seite, muss nun relativiert werden. Es sieht so aus, als ob Ferrari mehrere Schritte zurück gemacht hätte. Monaco war ein erstes Zeichen. In Silverstone war Ferrari meilenweit weg von einer würdigen Vorstellung. Dass Alonso trotzdem das Podium erreichen konnte, war mehreren glücklichen Umständen zu verdanken. Vettel ist ausgeschieden und er hatte eine fulminante Schlussphase - auch dank der neu aufgezogenen Reifen. Das Rennergebnis verzerrt wohl den wirklichen Zustand des Teams.

Massa und Silverstone war bisher keine glückliche Verbindung und wird es wohl auch in Zukunft nicht sein. Der Abflug im Training scheint darauf hinzudeuten, dass Massa mehr aus dem Auto holen wollte als vorhanden war: Pluspunkt für seine Bemühungen. Der Reifenschaden im Rennen traf nicht nur ihn. Aber der Defektteufel hat auch schon seinen Teamkollegen heimgesucht. Massa hat also nicht die Exklusivrechte am Pech. Es sieht so aus, als ob bei Ferrari generell der Wurm drinsteckt.

Wollt auch Ihr bei unserem nächsten Fan-Forum nach dem Deutschland GP dabei sein? Dann sendet uns doch eure Bewerbung in den Kommentaren unter dem Artikel. Einfach kurz beschreiben, was euch als F1-Experten auszeichnet, warum Ihr gerne mitmachen würdet und was ihr vom bisherigen Geschehen in dieser Saison haltet. Wir kommen dann auf euch zurück... viel Erfolg!