Die gewonnene Freizeit am Samstag spiegelte sich bei Nico Rosberg nach dem vorläufigen Abbruch der Qualifikation in gewonnenem Raum für geistige Prozesse wider. So gab der Deutsche in fast schon dichterischer Manier nach seiner Q1-Bestzeit in Australien zum Besten: "Man nennt Melbourne ja auch die Stadt der vier Jahreszeiten... und dass das durchaus auch einmal an einem Tag geht, haben wir heute ja eindrucksvoll zu sehen bekommen." Dem Schnellsten im chaotischen Zeittraining vom Samstag war also durchaus zum Lachen zumute, wenngleich die Entscheidung der Rennleitung, die Qualifikation zu vertagen, ihn womöglich um einen Spitzenstartplatz brachte. "Ich denke trotzdem, dass es eine faire Entscheidung war", räumte Rosberg ein.

"Es herrschten sehr schwere Bedingungen da draußen und viele Fahrer sind abgeflogen", sorgte sich der Wahl-Monegasse um das Wohl seiner Kollegen. Bei ihm selbst sah der Hochgeschwindigkeitsritt über die nasse und somit spiegelglatte Asphaltoberfläche des Albert Parks hingegen spielerisch leicht aus. Rosberg räumte ein: "Q1 war wirklich super, alles lief gut und wohlgefühlt habe ich mich im Auto auch." Kurzum: "Es war ideal. Schade also, dass abgebrochen wurde, denn Startreihe eins wäre drin gewesen... heute." Rosbergs kleiner Zusatz am Ende des Satzes - er ließ erahnen, worauf der Mercedes-Pilot hinauswollte, denn nun davon zu sprechen, immer und auch unter normalen Wetterverhältnissen nach ganz vorne fahren zu können, hielt er für vermessen.

Viele gute Vorzeichen

Interviews im Regen: Melbourne hat schon schöneres Wetter erlebt, Foto: Sutton
Interviews im Regen: Melbourne hat schon schöneres Wetter erlebt, Foto: Sutton

"Für mich ist es unglücklich, dass es nicht im Regen stattfindet, denn morgen ist es wahrscheinlich trocken - ich denke zwar, dass ich auch da ein gutes Ergebnis einfahren kann, ob es aber so gut wird, wie es heute hätte werden können... das wird wohl schwierig", meinte Rosberg. Der 27-Jährige fügte mit einem Zwinkern hinzu: "Lassen wir uns überraschen." Auch wenn die erste richtige Wasserstandsmeldung nun ironischerweise genau dem Wasser zum Opfer gefallen sei - Positives habe er aber in jedem Fall orten können, meinte der Silberpfeil-Pilot. "Wir haben ein gutes Auto, im Regen sogar ein wirklich tolles." Nichts desto trotz habe man sich auch auf trockenem Untergrund verbessert.

Allerdings räumte der Sieger des Großen Preises von China 2012 auch ein: "Es ist hier kalt." Das war es auch bei seinem ersten und bisher einzigen Karrieretriumph, der nun schon fast wieder ein Jahr zurückliegt - niedrige Temperaturen liegen dem Mercedes seit jeher, auch war dies zuletzt bei den Wintertests in Spanien zu beobachten. "Aber ich denke, eine der großen, von uns für dieses Jahr erzielten, Verbesserungen ist, dass unser Auto jetzt viel unabhängiger von den Bedingungen und vor allem von den Temperaturen ist", wischte Rosberg alle Zweifel ob des Blicks auf das Thermometer weg. Er glaubte in Bezug auf den anstehenden Qualifying- und Rennsonntag lediglich: "Die Herausforderung ist für uns im Trockenen halt größer als im Regen."

Zack! Und weg!

Und das, obwohl ihm die schlechten Sichtbedingungen und der niedrige Haftungskoeffizient am Samstag das Leben sehr schwer gemacht hatten. Rosbergs größter Feind dabei: Die weißen Linien auf dem Stadtkurs von Melbourne, der zu großen Teilen aus öffentlichen Straßen besteht. "Man kann sich das kaum vorstellen. Ich muss da richtiggehend zielen und beide Reifen von den weißen Linien weghalten. Und da ist nur eine schmale Spur, links und rechts. Wenn ich von der wegkomme und auf eine Line... Zack!... und schon geht mir das Auto weg", schilderte der Sohn von Ex-Champion Keke Rosberg lebhaft seine Eindrücke.

Trotz der chaotischen Zustände an Tag zwei der neuen Saison, wollte der Deutsche festhalten: "Ich möchte meinen Dank an alle in der Fabrik richten, die an diesem Auto gearbeitet haben - es ist viel besser als letztes Jahr und wir wären am Ende der vergangenen Saison - ganz ungeachtet der Bedingungen - mit Sicherheit nicht so schnell gewesen, wie wir es heute waren." Dennoch gelte wie immer Vorsicht: "Wir müssen morgen abwarten." Dass für die Fahrer am Sonntag ein langer Tag auf dem Programm stehen würde, dieser Tatsache war sich Rosberg bewusst. Er erinnerte sich: "Wir hatten das vor ein paar Jahren in Japan ja schon einmal, aber natürlich ist es ungewöhnlich und eine Umstellung. Man hat jetzt einfach viel weniger Zeit, die Dinge in Ruhe zu durchdenken."