"Keep Racing" - mit diesem markanten Spruch beendete Jacques Schulz seit 1993 jede seiner Formel-1-Übertragungen. Der TV-Kommentator ist seit mehr als 18 Jahren in der Welt der Formel 1 unterwegs, kennt die Strecken und Fahrer dieser Welt. Nach nun 16 Jahren bei Sky - ehemals Premiere - sucht der Kommentator eine neue Herausforderung und verlässt das Unternehmen. Im Motorsport-Magazin sprach Schulz über seine Schulz kuriosesten Erlebnisse im bunten Fahrerlager der Formel 1.

Meist hört man nur die Stimme des gebürtigen Heidelbergers, wie er das Renngeschehen im Verlaufe des Wochenendes kommentiert. Klingt nach einem routinierten Job, doch so einfach läuft es mitnichten. "Probleme gibt es immer. In jedem Jahr, in jeder Minute, in jedem Rennen", erklärte Schulz. "Wir sind live auf Sendung - im Nachhinein lässt sich da nichts mehr reparieren."

Ein Ton- und Bildausfall kommt häufig vor, da ist Spontanität gefragt. Schulz weiß genau, was zu tun ist, wenn beispielsweise die Übertragungsbilder ausbleiben. "Ich kann aus dem Fenster meiner Kabine schauen, um zu sehen, was auf der Strecke passiert. Außerdem stehen mir ein paar mehr Bildquellen zur Verfügung als dem Zuschauer", verrät er. Im Falle einer Panne breche bei ihm allerdings keine Panik aus. "Das gehört zum Tagesgeschäft", meint Schulz.

Die Abläufe der TV-Sender während eines Rennwochenendes sind akribisch geplant, doch Unvorhersehbarkeiten passieren immer wieder. "In Japan hatten wir während einer Übertragung plötzlich ein Erdbeben", erinnert sich Schulz zurück. "Das TV-Compound stand auf 70 cm hohen Stahlträgern - auf einmal fing die Konstruktion an zu wackeln!" Am liebsten hätte er - wie man es gelernt hat - seine Kommentatoren-Kabine verlassen. Doch Schulz blieb auf Sendung. Kurioserweise stellte er im Anschluss an das Rennen fest, dass die Piloten gar nichts von der Erschütterung mit dem beachtlichen Wert von 4,8 auf der Richterskala gemerkt hatten.

Trotz aller Unwägbarkeiten bedeutet Vorbereitung das A und O. Dass dabei gelegentlich übertrieben wird, weiß Schulz zu berichten: "Bei einem vergangenen Rennen in Malaysia haben wir 10.000 Flaschen Wasser eingeflogen, weil wir nicht wussten, ob das Wasser dort genießbar ist." War es, denn an jeder Ecke gab es geschlossene Flaschen, die keinerlei Risiko bargen. Ob im Flugzeug oder an der Strecke - Schulz hat in seiner langjährigen TV-Zeit so einiges erlebt. Er selbst betrachtet seinen Job jedoch eher als routinierten Ablauf. "Viele stellen sich das mit Sicherheit spektakulärer vor", ist der 44-Jährige, den Monaco GP als sein ultimatives Highlight bezeichnet, überzeugt.

Für Spektakel im Fahrerlager sorgt dafür ein anderer - Kai Ebel. Der kultige TV-Reporter reist seit 1992 mit dem Formel-1-Zirkus in der Weltgeschichte umher und ist aus diesem nicht mehr wegzudenken. In seinen 20 Jahren hat Ebel schon eine Menge erlebt. Die Kuriositäten beginnen häufig schon bei der Anreise zum Rennen. "Ein Kollege von mir hat sich im Flugzeug einmal völlig daneben benommen, wir wunderten uns schon", erinnert sich der Mönchengladbacher an die denkwürdige Aktion zurück. "Er hatte während des Fluges herausbekommen, dass in Kuala Lumpur auf Drogenbesitz die Todesstrafe steht." Deshalb hatte er kurzerhand sein Beutelchen mit Haschisch komplett heruntergeschluckt. Die Folgen sind bekannt. Ebel weiß auch, dass das Reisen in Südamerika zahlreiche Risiken mit sich bringt. "Ein paar meiner Kollegen sind in Brasilien in ein Taxi eingestiegen, wurden dabei beklaut und kamen lediglich in ihren Unterhosen zurück", schmunzelte der Fan ausgefallener Kleidung ein wenig.

Kai Ebel: Immer mittendrin, Foto: Sutton
Kai Ebel: Immer mittendrin, Foto: Sutton

Viele seiner Geschichten hat Ebel in seinem Buch "Mr. Boxengasse" verewigt. Darin zu sehen ist auch das Bild seiner zerrissenen Hose nach Sebastian Vettels erstem WM-Triumph in Abu Dhabi. Im Motorsport-Magazin erklärt Ebel, wie es dazu kam: "Papa Vettel hatte mir vor dem Rennstart gesagt, dass er mir die Hose vom Leib reißt, wenn sein Sohn Weltmeister wird." Vettel schnappte sich die Krone - und Vettel Senior im Gegenzug Ebels Leinenhose. "Seitdem bin ich auf härteres Material umgestiegen", zog Ebel seine Konsequenzen aus der Blankzieh-Affäre. Vielleicht ist auch dieses Ereignis ein Grund, warum Ebel sein Buch als "Formel 1 zum Anfassen" beschreibt. Schließlich wisse der Zuschauer oft nicht, was hinter den Kulissen passiert.

Auch Ebel wachsen die Ereignisse gelegentlich etwas über den Kopf. So hatte er einmal den bekannten Erotikfilm-Star Rocco Siffredi im Fahrerlager zum Interview gebeten und war anschließend überrascht, wie gut dieser sich mit der Materie auskannte. Die Ernüchterung folgte am Tag darauf. "Ich habe eine Mail von einem jugoslawischen Journalisten-Kollegen bekommen", verrät Ebel. "Der hat mir erklärt, dass das nicht Rocco Siffredi, sondern ein jugoslawischer Stabhochspringer war! Na ja, mit dem Stab lag ich immerhin nicht ganz daneben."

Man kennt und respektiert sich schon lange: Schumacher und Ebel, Foto: Sutton
Man kennt und respektiert sich schon lange: Schumacher und Ebel, Foto: Sutton

Ähnlich wie bei seinem TV-Kollegen Schulz, läuft auch bei Ebel nicht immer alles nach Plan. So erinnerte er sich daran, einmal geschlagene drei Stunden auf ein Interview mit Promi Paris Hilton gewartet zu haben. "Das war die längste Wartezeit, die ich jemals in meinem Leben hatte", schüttelt Ebel den Kopf. Doch auch, wenn der gewünschte Gesprächspartner rechtzeitig vor der Kamera auftaucht, kann Unvorhergesehenes passieren. Ebel hatte dabei vor allem Flavio Briatore im Gedächtnis. "Der beendet Interviews, wenn er meint, dass es beendet ist", verrät er über den ehemaligen F1-Teamchef. "Der geht auch mitten im Gespräch einfach mal weg." Trotz kleinerer Probleme liebt der 46-Jährige seinen Reporter-Job in der Formel 1. Was macht die Faszination an dieser Aufgabe aus? "Es ist eine Mischung aus einer hochtechnischen, glamourbehafteten Sportart in einer eben solchen Umgebung und von einer Wichtigkeit, die sonst nur Olympische Spiele und Fußball-Weltmeisterschaften ausstrahlen." Ob in der Kabine oder im Fahrerlager - die Beteiligten der F1 erleben so manche Geschichte, die sie wohl niemals vergessen werden.

Jacques Schulz' Top-3-Rennen:

1. Suzuka, 2000: "Schumachers erster WM-Titel für Ferrari in einem epochalen Rennen gegen Mika Häkkinen."
2. Brasilien, 1989: "Nigel Mansell gewann mit semiaktivem Getriebe auf Ferrari. Bei seiner Zieldurchfahrt fiel das Getriebe auseinander."
3. Nordschleife, 1973: "Jackie Stewart gewann das Rennen in der Grünen Hölle mit einer Minute Vorsprung."

Kai Ebels Top-3-Interviews:

1. Bernie Ecclestone generell: "Der ist immer ein Überraschungs-Ei. Man weiß nie, was dabei herauskommt."
2. Das Vettel/Gottschalk-Interview in der Türkei: "Das war aufregend, weil Gottschalk Sebastian auch ein paar Fragen stellte. Außerdem trugen wir beide ein weißes Hemd und eine karierte Hose."
3. Mike Tyson in Istanbul: "Mike Tyson war immer ein Wunschinterview-Partner von mir. Ich habe ihn aber nicht beim Boxen, sondern in der Formel 1 getroffen."