"Ich habe das Gefühl, das Leben wird an seinem Werk bemessen und nicht allein an seiner Dauer", sagte Bruce McLaren einmal. Anlass für die Poesie war wie so oft in jenen Jahren des Motorsports der tragische Tod eines Kollegen und guten Freundes. McLarens Stallgefährte Timmy Mayer war im Alter von nur 26 Jahren 1964 bei einem Rennunfall in Tasmanien tödlich verunglückt. Der Sinnspruch sollte Trost spenden und doch auch klar machen, dass es in erster Linie um die Intensität und nicht die Länge des Schaffens ging - ganz besonders beim Rennfahren. Sechs Jahre später holte McLaren das Schicksal ein. An einem Sommertag Anfang Juni in Goodwood fuhr der passionierte Ingenieur, Erfinder und Rennfahrer zum letzten Mal auf die Strecke.

Nur wenige Minuten später löste sich bei dieser Testfahrt in einem seiner CanAm-Wagen auf der Lavant-Geraden die Heckverkleidung des Autos. Durch den Verlust des Anpressdrucks kam das Fahrzeug von der Strecke ab und prallte mit ungefähr 200 km/h gegen die Mauer eines Schutzwalls für Streckenposten. McLarens Tod war zusammen mit den Unfällen von Piers Courage und Jochen Rindt 1970 einer von drei ganz schmerzlichen Verlusten der Szene und verlieh seinen Zeilen für den verunglückten Mayer so auf furchtbare Weise nachträglich autobiographische Züge. 'Live fast, die young' war zu jener Zeit das Motto einer ganzen Generation - immerhin der Name McLaren konnte das Schicksal jedoch überlisten und überdauert in der Formel 1 bis in die Gegenwart.

Förderung von höchster Stelle

Zuschauer: Zu Cooper-Zeiten ging für McLaren nicht immer alles glatt, Foto: Sutton
Zuschauer: Zu Cooper-Zeiten ging für McLaren nicht immer alles glatt, Foto: Sutton

Der 1937 in Auckland geborene McLaren war im Eiltempo in die Königsklasse empor gestiegen. Obwohl er Zeit seines Lebens hinkte, da sein linkes Bein infolge einer krankheitsbedingten Fehlstellung der Hüfte im Kindesalter ein paar Zentimeter kürzer war, fuhr der Neuseeländer bereits mit 15 Jahren erste Rennen in seiner Heimat. Dabei zog er auch die Aufmerksamkeit von Jack Brabham auf sich, der in der Formel 1 bereits eine feste Größe war und das Talent des Jungspunds erkannte. Durch ein Förderprogramm seines nationalen Motorsportverbandes gelang McLaren so der wichtige Sprung nach Europa. 1958 fuhr er erstmals im Cooper-Werksteam - seine Bewährungsprobe hatte es in sich: Auf der legendären Nürburgring-Nordschleife trat der damals gerade einmal 20-Jährige in einem Formel-2-Wagen beim Großen Preis von Deutschland an.

Von der Elite unbeeindruckt, pilotierte er seinen Boliden fehlerfrei durch die grüne Hölle und holte am Ende des Tages als bester F2-Fahrer den fünften Platz im Gesamtklassement. Von da an ging es rasend schnell bergauf. Die Rekorde purzelten schon in der nächsten Saison nur so dahin, denn der blutjunge Überflieger war schnell der jüngste Pilot, der jemals Punkte, die schnellste Runde und einen Podestplatz geholt hatte. Ende des Jahres 1959 gelang ihm im Cooper T51 dann auch noch der erste Triumph in Sebring. Im Alter von 22 Jahren und 104 Tagen war McLaren ganz plötzlich der jüngste Grand-Prix-Sieger aller Zeiten - eine Bestmarke, die 44 lange Jahre Bestand hatte und erst 2003 von Fernando Alonso unterboten wurde.

Seine erst zweite komplette Saison 1960, schloss McLaren dann hinter Teamkollege und Entdecker Brabham, der sich wie schon im Vorjahr den Titel sicherte, sogar als Vize-Weltmeister ab. Doch fortan folgte bei Cooper Stagnation. Das kleine Team schaffte es nicht mehr, an die Erfolge der vorhergegangenen Jahre anzuknüpfen. Star-Pilot Brabham entschied sich daher am Ende des Jahres 1961 dazu, den Rennstall zu verlassen und sich selbstständig zu machen - sehr zum Ärger von Teambesitzer John Cooper, der den Nachfolger für den zum damaligen Zeitpunkt zweifachen Champion in den eigenen Reihen suchte und mit Bruce McLaren selbstredend schnell fündig wurde. Dieser zahlte das Vertrauen mit einem Sieg beim prestigeträchtigen Grand Prix von Monaco zurück, konnte den sportlichen Abstieg des Teams auf Dauer jedoch auch nicht verhindern.

Spa als ultimativer Karrierehöhepunkt

Über die Jahre wurden die Platzierungen in der Weltmeisterschaft immer schlechter, die Coups aus dem Hause Cooper immer seltener und die Ungeduld McLarens auf weitere Erfolge immer größer. Nach Unstimmigkeiten mit dem müde und lustlos gewordenen Teamboss, kam es schließlich zum Bruch. Nach außen hin bewahrte man ob des beiderseitigen Interesses zwar die Contenance und McLaren ging erst einmal weiterhin für das Team an den Start, gründete zusammen mit Timmy Mayers Bruder Teddy jedoch auch ein eigenes Unternehmen und begann selbst mit der Konstruktion von Rennfahrzeugen. Dies war die Geburtsstunde von McLaren Motor Racing.

Kämpfernatur: McLaren gab auf und abseits der Pise alles, Foto: Sutton
Kämpfernatur: McLaren gab auf und abseits der Pise alles, Foto: Sutton

1966 stieg der Neuseeländer ganz bei Cooper aus, machte es wie sein Entdecker Brabham und ging mit seinem eigenen Formel-1-Rennstall an den Start - zunächst mit ihm selbst als einzigem Fahrer. Zwei Jahre später gelang ihm dann mit der Verpflichtung seines Landsmannes Denny Hulme, zu diesem Zeitpunkt immerhin amtierender Weltmeister, ein spektakulärer Zugewinn für sein noch junges Team. Und die rein neuseeländische Mannschaft hatte Erfolg: Die Fahrer beendeten die Saison auf den Plätzen drei und fünf und führten das Team so zum Vize-Titel hinter Lotus. Besonderes Highlight für den Teambesitzer, war sein Sieg auf der legendären Strecke von Spa-Francochamps. Für ihn war es der erste und wie sich später auch herausstellte, einzige Erfolg in einem offiziellen Weltmeisterschaftslauf, den er in einem eigenen Fabrikat erzielen konnte.

Das machte McLaren unglaublich stolz. "Seltsam - in der Formel 1 wollen alle am liebsten Werkspiloten werden. Dabei gibt es Höheres. Jeder Erfolg in einem Wagen, der deinen eigenen Namen trägt, zählt zweifach. Denn du schlägst ja andere Fahrer in anderen Autos", lautete damals die Rechnung des Kiwis, dessen Boliden traditionell in der Farbe Orange unterwegs waren. Auch wenn es für keinen weiteren Sieg reichte, wurde McLaren dennoch immer stärker. Im Vorjahr noch hinter seinem Teamkollegen platziert, drehte er den Spieß 1969 um, und wurde seinerseits Dritter in der Fahrer-Weltmeisterschaft. Somit startete er, mit einer wie in den beiden Vorjahren von Cosworth befeuerten Eigenkreation, als Favorit in die Saison 1970. Zwei Ausfälle und ein zweiter Platz in Spanien waren kein optimaler Saisonstart, doch das Auto hatte Potenzial und McLaren hatte noch Hoffnung, aufholen zu können - Hoffnung, die mit seinem Unfall in Goodwood jäh erlosch.

Mythos überdauert bis in die Gegenwart

Mit Jack Brabham & Dan Gurney verband McLaren eine Freundschaft, Foto: Sutton
Mit Jack Brabham & Dan Gurney verband McLaren eine Freundschaft, Foto: Sutton

Der für die amerikanische Can-Am-Serie konstruierte M8D, dessen Testfahrt McLaren zum Verhängnis wurde, war für den leidenschaftlichen Tüftler und Ingenieur ein wichtiges Projekt, denn McLaren fuhr auch Sportwagenrennen. Bereits 1966 hatte er sich in dieser Disziplin die Krone aufgesetzt, als er zusammen mit Chris Amon, einem weiteren Neuseeländer, in einem Ford GT40 die legendären 24 Stunden von Le Mans gewinnen konnte. Auch in der, durch große amerikanische Sponsoren reichen, Can-Am-Serie hatte der Familienvater großen Erfolg. 1967 und 1969 wurde er dort Champion, wobei das Team bei seinem zweiten Titel alle elf Rennen der Serie für sich entscheiden konnte. Nach seinem Tod blieb der Rennstall, der inzwischen von Freund und Teammanager Teddy Mayer weitergeführt wurde, jenseits des Atlantiks das Maß aller Dinge und holte insgesamt fünf Titel am Stück.

Zudem ging es auch in der Formel 1 weiter bergauf. Mitte der Siebziger folgten mit Emerson Fittipaldi und James Hunt die ersten Titelgewinne. Richtig auf Vordermann gebracht wurde das Team jedoch durch Ron Dennis, der Ende 1980 bei McLaren einstieg und den Rennstall mit seiner akribischen Art zum Klassenprimus formte. In seinen Anfangsjahren hatte Dennis als junger Mechaniker noch beim Team von Jack Brabham gearbeitet. 1970 verlor dieser in Brands Hatch wenige Meter vor dem Ziel einen sicheren Sieg, weil Dennis angeblich ein Fehler bei der Benzinregulierung unterlaufen war und dadurch der Sprit ausging. Von diesem Fauxpas regelrecht traumatisiert, galt der Brite seit jeher als besonders penibel und sauber in seiner Arbeitsweise.

Diese Philosophie transferierte er erfolgreich auf McLaren - die Fabrikhallen in Woking glichen bald einem Operationssaal, was sich wiederum positiv auf den Sport auswirkte. Ende der Achtziger war man mit dem Duo Alain Prost und Ayrton Senna nahezu unschlagbar - zwischen 1984 und 1991 holte man alleine sieben Mal den Fahrer-Titel und noch heute ist McLaren eine der modernsten Top-Adressen in der Königsklasse. Die Erinnerungen an den Gründervater hat man trotz des gänzlich britischen Umbruchs jedoch nie vergessen und auch am schicksalhaften Unglücksort in Goodwood steht bis heute ein Gedenkstein, auf dem steht: "Ingenieur, Konstrukteur, Champion und Freund." Unter der Inschrift sitzt stolz ein Kiwi - der Nationalvogel Neuseelands.

Die Reportage über Bruce McLarens einzigartige und viel zu kurze Karriere im Rennsport stammt aus der Printausgabe des Motorsport-Magazins. Mehr Technikhintergründe, Interviews und Analysen lesen Sie im Motorsport-Magazin - im gut sortierten Zeitschriftenhandel oder am besten direkt online zum Vorzugspreis bestellen: