In Fernando Alonso sehen die meisten Experten einen der besten, wenn nicht sogar den besten Fahrer in der Königsklasse. Doch die Formel 1 ist keine Ein-Mann-Show - auch das Team muss passen. Die ruhmreiche Scuderia gehört auch in dieser Saison nicht zu den allerbesten Fahrzeugkonstrukteuren ihrer Zunft. Alonso musste bereits zu Saisonbeginn alles aus dem schwächelnden F2012 herausholen - und mehr. "Er fährt momentan einfach da, wo sich Ferrari befindet", analysiert Alex Wurz. "Das ist unterm Strich nicht gut genug - egal ob Tifosi oder nicht. Ferrari muss hart arbeiten."

Eine Situation, die den erfolgsverwöhnten Spanier garantiert nicht befriedigt, obwohl er von Beginn seiner roten Karriere an nur Lobeshymnen auf das Team sang. Ferrari sei sein Traumteam, seine neue Familie, er werde seine Formel-1-Karriere ganz sicher in Maranello beenden. Alonso wusste von Anfang an, was die leidenschaftliche Scuderia, die heißblütigen Tifosi und die finanzkräftigen Sponsoren hören wollten. In der Formel 1 kann es allerdings ganz schnell gehen - auch bei McLaren schwang Alonso einst bewegende Antrittsworte, der Nachhall in Ron Dennis' Büro hört sich heute ganz anders an... Das lässt die Frage aufkommen, ob Alonsos langfristige Vertragsverlängerung mit Ferrari nicht doch ein schwerwiegender Fehler war. Das Motorsport-Magazin hat sich im Fahrerlager umgehört.

David Coulthard: Nein, absolut nicht. Fernando fuhr für Renault und McLaren. Klar will er Weltmeisterschaften gewinnen, was ihm seit 2006 nicht mehr gelungen ist, aber als Fahrer hat man ein Gefühl und aufgrund dessen geht man eine Verpflichtung ein. Ohne Zweifel hat Fernando alle Fähigkeiten, um auch in der Zukunft Weltmeistertitel in der Formel 1 zu gewinnen.

Seinen letzten Titelgewinn feierte Fernando Alonso 2006, Foto: Sutton
Seinen letzten Titelgewinn feierte Fernando Alonso 2006, Foto: Sutton

Alexander Wurz: Ob Alonso mit Ferrari auf das falsche Pferd gesetzt hat? Das kommt darauf an, ob man es aus finanzieller oder sportlicher Sicht sieht. Aus finanzieller Sicht hoffe ich für ihn, dass die Zahlungen rechtzeitig ankommen. Aus sportlicher Sicht hat es sich bisher nicht ausgezahlt.

Johnny Herbert: Im Moment kann er nirgends hin. Ich würde ihm momentan auch nicht raten, zu Mercedes zu gehen und dort im nächsten Jahr Michael Schumacher abzulösen. Aktuell muss Fernando abwarten, was in der Boxengasse passiert, was die anderen Fahrer machen und vielleicht ergibt sich für ihn dann die Chance, von Ferrari wegzugehen. Dieses Jahr gewinnt er mit Ferrari definitiv nicht die WM. Es besteht aber die Möglichkeit, dass er in der Zukunft mit der Scuderia noch Weltmeisterschaften gewinnen kann, aber es besteht auch die Chance, dass es mit Ferrari genauso weitergeht wie jetzt.

Marc Surer: Alonsos Fehler ist nicht, dass er sich jetzt so lange bei Ferrari verpflichtet hat und deshalb klipp und klar sagt: "Ferrari ist mein Team." Alonso hat den Fehler viel früher begangen, als er bei McLaren weggelaufen ist, nur weil es da einen schnellen, jungen Fahrer namens Lewis Hamilton gab. Aber das war halt sein verletzter Stolz, weil er bei McLaren damals nicht die alleinige Nummer 1 war.

Christian Danner: Alonso musste oder wollte damals von McLaren-Mercedes weg. Meiner Meinung nach war es ein Fehler, wie er sich in dieser Situation verhalten hat. Danach hatte er keine Chance mehr nach Woking zurückzugehen. Zu Red Bull konnte er ebenso wenig nicht und auch im Moment ist die Tür dort zu, so lange Mark Webber weiter neben Sebastian Vettel fährt.

Kann Alonso Vettel im Ferrari schlagen?, Foto: Sutton
Kann Alonso Vettel im Ferrari schlagen?, Foto: Sutton

Marc Surer: Wenn Alonso es bei McLaren durchgezogen und sich durchgekämpft hätte, dann wäre er heute bestimmt schon zweimal öfter Weltmeister. Ich vergleiche das gerne mit Ayrton Senna, der ist damals auch zu McLaren gewechselt und hat sich mit Alain Prost einen schwierigen und verdammt schnellen Teamkollegen angetan, obwohl er wusste, dass der kein angenehmer Zeitgenosse im anderen Auto sein würde. Aber Senna hat das in Kauf genommen, um im besten Auto zu sitzen - mit dieser Einstellung hat er sich durchgesetzt.

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