Die Bombe platzte zu Beginn der Woche: Thesan Capital stellt das HRT-Team zum Verkauf. Der spanische Rennstall, der sich scheinbar gerade konsolidiert hatte, wurde vom Investor fallen gelassen. Sollte sich bis zum Finale in Brasilien kein neuer Geldgeber für die Saison 2013 gefunden haben, könnte der Rennstall endgültig zusperren. "Wir sind arbeitslos und stehen zur Verfügung", machte ein Teammitglied gegenüber der spanischen Zeitung Marca deutlich. 32 Mitarbeiter hätten bereits den Arbeitgeber gewechselt.

Geisterstimmung herrscht in den Fabrikhallen von HRT im spanischen Valencia. "Die Büros sind komplett leer", bestätigte ein Mechaniker gegenüber spanischen Medien. "Uns wurde gesagt, dass der 26. November unser letzter Arbeitstag sein könnte. Wenn wir hier [in Austin] sind, dann nur, weil sie [Thesan] Verträge mit der FIA und der FOM haben, die sie dazu zwingen, teilzunehmen." Ein Ingenieur berichtete, dass lediglich zwei ehemalige Mitarbeiter sich vergangene Woche in den Büros des Hinterbänklerteams aufgehalten hätten: Einer gehört nun zu Marussia, ein anderer zum GT3-Projekt von McLaren.

Arbeit komplett eingestellt

"Wir haben am nächstjährigen Auto gearbeitet und wollten uns stark verbessern. Es hat uns total überrascht", sagte der Ingenieur. Ein weiteres Teammitglied verriet, dass Thesan kurz vor einem Deal mit einer Investorengruppe aus Katar gestanden hätte, doch dieser sei geplatzt. Das habe die jetzige Situation heraufbeschworen. Eine weitere anonyme Quelle hat bereits jegliche Hoffnung verloren: "Ich glaube, das nächstjährige Grid wird aus 22 Autos bestehen. Es ist richtig, dass jemand kommen und das Team zu einem reduzierten Preis kaufen könnte, aber Zeit ist der wichtigste Faktor.

So sei es das Wichtigste, ein Auto zu haben, um überhaupt die Lizenz zu erhalten. "Der Designprozess für das 2013er-Fahrzeug ist gestoppt und es wäre das Wichtigste, zwei Autos in die Startaufstellung zu bekommen." Schwere Vorwürfe macht das HRT-Personal seinem Investor: "Wir machen nicht dicht, weil wir kein Geld haben, sondern einfach, weil Thesan entschieden hat, dass es nicht mehr profitabel ist. Sie haben an der Formel 1 bereits das Interesse verloren."

Rückblick: HRT in der Formel 1

In letzter Sekunde schaffte HRT 2010 den Sprung in die Formel 1, Foto: Sutton
In letzter Sekunde schaffte HRT 2010 den Sprung in die Formel 1, Foto: Sutton

Hispania Racing war 2010 als eines von drei neuen Teams in die Formel 1 eingestiegen. Ursprünglich der Budgetobergrenze von 50 Millionen Euro untergeordnet, konnte der Rennstall nur durch die Übernahme durch Colin Kolles antreten, sich aber nie wirklich in Szene setzen. Die Budgetgrenze verschwand schneller als sie ins Spiel gebracht worden war, HRT musste wie Caterham und Marussia den Preis dafür zahlen. Zwar galt HRT stets als das Langsamste der drei Teams, doch immerhin brachte man es fertig, Marussia sowohl 2010 als auch 2011 in der Konstrukteurswertung zu schlagen.

HRT war Mitte 2011 an Thesan verkauft worden, ein Ableger von Nomura Holdings. Das japanische Investment-Unternehmen kaufte unter anderem Einheiten der insolventen Lehman Brothers auf. Thesan wiederum spekulierte auf ein gewinnbringendes Geschäft: Das quer über Europa verstreute Team wurde nach Valencia geholt. Die Region wird von der EU mit einem Milliardenbetrag an Subventionen gefördert.

Hatte er es geahnt? Colin Kolles zog sich bereits 2011 aus dem Team zurück und kritisierte die Veränderungen scharf, Foto: Sutton
Hatte er es geahnt? Colin Kolles zog sich bereits 2011 aus dem Team zurück und kritisierte die Veränderungen scharf, Foto: Sutton

Die Rechnung war einfach: Das Team mit Hilfe der Subventionen auf Vordermann bringen und dann gewinnbringend verkaufen. Die Zentralisierung brachte die Hoffnung bei den Mitarbeitern mit sich, dass es sportlich endlich aufwärts gehen könnte, nachdem die Finanzierung gesichert schien. Doch das Bild trog: Schon bei seinem Abgang kritisierte Ex-Teamchef Colin Kolles die Hallen, die HRT bezog, als "völlig ungeeignet" für ein Formel-1-Team. Sein Nachfolger, der ehemalige Rennfahrer Luis Perez-Sala musste komplett neues Personal anheuern. Trotz der Zentralisierung hing man weiter von externen Zulieferern ab.

Thesan ging die Entwicklung scheinbar nicht schnell genug. HRT hätte vermutlich frühestens 2014 dank des Reglementwechsels den Anschluss ans Mittelfeld und damit zu den Ecclestone-Millionen schaffen können - in der schnelllebigen Finanzwelt ein zu langer Zeitraum. Thesan schmiss hin, bevor HRT sportlich überhaupt etwas hätte erreichen können. Das spanische Team würde bei einem endgültigen Aus als das erfolgloseste Formel-1-Projekt seit dem Lola-Debakel 1997 in die Geschichte eingehen.