1. Was war in den letzten Runden mit Vettels Reifen los?

Sebastian Vettel führte den Großen Preis von Korea in den letzten Runden des Rennens souverän an, bis Red Bull die Angelegenheit per Funkspruch noch einmal richtig spannend machte. Vettel solle sehr auf seine Reifen aufpassen, sie könnten jederzeit ihr Limit überschreiten, teilte Renningenieur Guillaume Rocquelin gleich mehrmals mit. Waren Vettels Reifen wirklich am Ende und hätte er den Sieg mit einem ungeplanten Boxenstopp noch verschenken können? Nein, so schlimm stand es nicht um die Pirellis am RB8 des Heppenheimers.

"Rocky weiß nicht, ob noch zwei oder 20 Prozent übrig sind", klärte Vettel auf. "Dafür habe ich im Auto aber ein ganz gutes Gefühl. Ich habe nichts Dummes gemacht, das Ziel lautete immer, etwa die gleichen Rundenzeiten zu fahren wie die Autos hinter mir." Der Reifen habe noch etwas übrig gehabt, wie es Vettel ausdrückte. Zwar räumte er ein, dass der Abbau der Reifen unerwartet eintreten und bis zu zwei Sekunden pro Runde kosten könne, doch im Endspurt zum dritten Sieg in Folge war Vettel größtenteils ungefährdet. Das belegt auch seine absolute Bestzeit im letzten Sektor auf der letzten Rennrunde.

Massa ist faster than you..., Foto: Sutton
Massa ist faster than you..., Foto: Sutton

2. War Ferraris Teamorder für Massa nicht verboten?

"Felipe, du bist zu dicht an Fernando dran - lass dich rund 2,5 Sekunden zurückfallen und halte den Abstand konstant", hallte es durch den Boxenfunk bei Ferrari. Felipe Massa gehorchte und Fernando Alonso fuhr in Korea auf das Podest. Vielen Fans stellen sich bei derartigen Eingriffen ins Renngeschehen die Nackenhaare auf und Gedanken an Hockenheim 2010 werden laut: "Felipe, Fernando is faster than you", hieß es damals und Ferrari erhielt für diese Teamorder eine Geldstrafe von 100.000 Euro.

Droht der Scuderia nicht nun auch wieder eine harte Strafe, schließlich war der Funkspruch in Korea nicht minder deutlich. Die Antwort ist ein klares Nein. Nach dem Skandal in Hockenheim wurde klar, dass sich Teamorder nicht immer so einfach nachweisen lässt und einige Teams ohnehin nicht darauf verzichten werden. Daher beschloss die FIA noch am Ende der Saison 2010 den Paragraph 39.1 aus dem Regelwerk zu streichen und Teamorder zumindest rechtlich wieder zu erlauben - die moralische Frage steht auf einem anderen Blatt. Massa selbst hätte ohnehin nicht mit einer Attacke auf Alonso geliebäugelt - in dem Bewusstsein, dass seine Tage bei Ferrari sonst gezählt gewesen wären. "Ihn zu attackieren stand niemals zur Debatte", so Massa.

3. Warum erhielt Kobayashi eine Strafe?

In den bisherigen Rennen war es meist Romain Grosjean, der den Unmut der Konkurrenz auf sich zog. In Korea sorgte Kamui Kobayashi mit einer sehr optimistischen Bremsaktion in Runde eins für lange Gesichter bei Nico Rosberg und Jenson Button, die nach einer Kollision mit dem Japaner ausschieden. "Ich hatte auf der Geraden ein gutes Rennen mit Nico und habe sehr spät gebremst, plötzlich gab es einen Knall auf der rechten Seite und Kamui flog an mir vorbei", so Button.

Ein Japaner auf Abwegen, Foto: Sutton
Ein Japaner auf Abwegen, Foto: Sutton

Auch Rosberg war wenig begeistert. "Das macht so keinen Spaß", sagte er. "Man ist mittendrin und dann wird man abgeschossen. Ich war schon auf der letzten Rille. Dass dann noch einer von hinten kommt und mich trifft, hat mich schon überrascht." Weniger überraschend war die folgende Durchfahrtsstrafe für Kobayashi, der ohnehin einen zusätzlichen Boxenstopp einlegen musste und später ausschied. Trotzdem war er sich keiner Schuld bewusst: "Ich habe nicht zu spät gebremst, es war einfach nur kein Platz da", versuchte sich der Sauber-Pilot zu verteidigen.

4. Wieso ging es bei Hamilton überhaupt nicht voran?

Platz zehn in Korea - Lewis Hamilton holte beim 16. Rennen des Jahres nur einen Punkt mehr als sein Teamkollege Jenson Button, der bereits in der ersten Runde Kamui Kobayashi zum Opfer fiel. Ein schwarzer Tag für McLaren, doch für Hamilton gab es lobende Worte von ganz oben. "Lewis hat vielleicht nur einen Punkt geholt, aber dieser war so hart und heroisch erkämpft wie noch kein anderer in der Geschichte von McLaren", sagte Teamchef Martin Whitmarsh. Während des Rennens stellte das Team einen Aufhängungsschaden an Hamiltons Chrompfeil fest, auch von einem Defekt am Querstabilisator war die Rede.

Das Resultat: Hamiltons Reifen bauten dank fehlender Balance extrem schnell ab und so musste der Brite als einziger Pilot drei Boxenstopps einlegen. Dass er die zusätzliche Zeit mit einem schwierig zu kontrollierenden Auto wieder reinfuhr, war in der Tat eine beachtliche Leistung. Um dem Unglück die Krone aufzusetzen, sammelte Hamilton in den letzten Runden auch noch ein Stück Streckenteppich auf, das sich von einem Kerb gelöst hatte. Mitsamt dem Flicken überquerte er die Ziellinie und war anschließend restlos bedient: "Ich bin kontinuierlich zurückgefallen, bis ich mit den Toro Rossos gekämpft habe. McLaren sollte aber niemals mit Toro Rosso oder Force India kämpfen müssen. Es war ein Tag zum Vergessen und eigentlich auch ein Jahr zum Vergessen."

5. Warum war Hülkenberg so stark und di Resta nur Mittelmaß?

Es war die wohl schönste Szene des Rennens in Yeongam: In der 40. Runde überholte Nico Hülkenberg mit einem sehenswerten Manöver in wenigen Sekunden Lewis Hamilton und Romain Grosjean. Für seine Aktion wurde der junge Deutsche mit dem sechsten Platz belohnt. Während Hülkenberg ein sauberes Rennen ablieferte, quälte sich Teamkollege Paul di Resta durch die 55 Runden und schaffte es am Ende nicht über Platz zwölf hinaus. Der Force-India-Bolide hinterließ einen starken Eindruck, wie Hülkenberg bewies - doch warum profitierte di Resta nicht von der Pace?

Schuld war vor allem die Strategie: Während Hülkenberg auf den superweichen Reifen startete, schickte das Team di Resta auf den weichen Pirellis los. Der Plan dahinter: Force India baute beim Schotten auf eine potenzielle Ein-Stopp-Strategie, um Sauber und Williams in Schach zu halten, sofern die beiden Teams ebenfalls mit nur einem Stopp durchs Rennen kommen wollten. Der Plan der Inder ging nicht auf. "Wir hatten erwartet, dass der superweiche Reifen der bessere für das Rennen sein würde und sparten ihn deshalb für den zweiten Stint", erklärte di Resta. "Allerdings hielten die weichen Reifen beim Start nicht lange genug und als ich auf Superweich wechselte, ging sofort das Graining los. Wir waren nicht auf der optimalen Strategie unterwegs und das beeinflusste mein gesamtes Rennen."

6. Was war bei Mercedes los?

Wie schon vor einer Woche in Japan gelang es Mercedes nicht, auch nur einen einzigen Punkt zu ergattern. Nico Rosberg erlebte in Yeongam ein unliebsames Déjà-vu, denn wie schon in Suzuka wurde er kurz nach dem Start unverschuldet aus dem Rennen gerissen. Bei der Anfahrt zur dritten Kurve kollidierte der Wiesbadener mit Kamui Kobayashi und musste aufgrund dessen seinen Boliden auf der langen Geraden abstellen. "Das macht so keinen Spaß", zeigte sich Rosberg frustriert. "Man ist mittendrin und dann wird man abgeschossen. Das ist jetzt schon das zweite Mal."

Michael Schumacher sah zwar das Ziel, kam jedoch nicht über den 13. Platz hinaus und musste sich sogar den beiden Toro-Rosso-Piloten geschlagen geben. Wie so oft hatte Mercedes mit den Reifen Probleme, sodass der Kerpener nicht in der Lage war, konstante Rundenzeiten in den südkoreanischen Asphalt zu brennen. "Wir haben es über die Renndistanz nicht hinbekommen, die Reifen anständig ans Arbeiten zu bekommen", schilderte der scheidende Mercedes-Pilot.

7. Warum lief es bei Toro Rosso so gut?

Die Mannschaft von Franz Tost konnte sich in Südkorea über eine reiche Ernte freuen. Jean-Eric Vergne als Achter und Daniel Ricciardo als Neunter sammelten insgesamt sechs Punkte. "Das Auto hatte kaum Reifenverschleiß, weder auf den weichen noch auf den superweichen Reifen", lieferte Vergne einen Grund für das gute Abschneiden, zudem habe das Layout des Korean International Circuit dem Boliden gelegen.

Eine beeindruckende Aufholjagd legte Ricciardo hin, der nur vom 21. Startplatz in das Rennen gegangen war. Bereits beim Start machte der Australier einige Positionen gut und lag zwischenzeitlich sogar auf dem achten Rang und damit vor seinem Teamkollegen. In der Schlussphase des Rennens machten ihm auf dem Weg zu seinem besten Saisonergebnis jedoch die Reifen einen Strich durch die Rechnung. "Der letzte Stint auf den Prime-Reifen war mein bester, aber bei noch zehn ausstehenden Runden hatte ich Probleme in Kurve drei", so Ricciardo, der fortan in Linkskurven mit blockierenden Vorderrädern zu kämpfen hatte. Schlussendlich musste er sich Vergne geschlagen geben, was die Freude im Hause Toro Rosso jedoch nicht trübte.