Für die vielen Ferrari-Fans ist der Große Preis von Italien der absolute Saisonhöhepunkt. Die Ferraristi werden die Strecke in Monza am kommenden Wochenende in ein rotes Fahnenmeer verwandeln. Und der Traditionsrennstall aus Maranello will bei seinem Heimspiel natürlich mit einer guten Leistung - am besten mit einem Sieg - aufwarten. Stefano Domenicali bemühte sich gar nicht erst die Bedeutung herunter zu spielen. "Das Rennen ist unglaublich wichtig für uns", stellte der Ferrari-Boss im Hinblick auf den 13. WM-Lauf klar. Über die Marschroute besteht kein Zweifel: Nach der Enttäuschung von Spa will die Scuderia beim Heimspiel auf dem Autodromo Nazionale di Monza in die Erfolgsspur zurückkehren. Allen voran WM-Leader Fernando Alonso, der in Spa dem von Romain Grosjean ausgelösten Horror-Crash zum Opfer fiel und erstmals in dieser Saison nicht das Ziel erreichte.

In der Fahrerwertung spürt der Ferrari-Star nun plötzlich wieder den heißen Atem der Verfolger, insbesondere den von Sebastian Vettel. Doch für Alonso ist das offenbar eher Motivation als ein Grund zur Sorge. "Ich habe keinerlei Schmerzen und bin zu 200 Prozent bereit für Monza", verkündete der Spanier über seinen Twitter-Account. Dass die Strecke Ferrari entgegenkommt, unterstrich Alonso mit den Plätzen eins und drei in den vergangenen beiden Jahren. Und auch die Eindrücke von Spa dürften die Roten optimistisch stimmen. Felipe Massa steuerte seinen Ferrari von Startplatz 14 noch auf Rang fünf und ließ dabei sogar Red-Bull-Pilot Mark Webber hinter sich. "In Spa hatten wir verglichen mit unseren Konkurrenten einen guten Speed. In Monza ist das von großer Bedeutung", urteilte Domenicali.

McLaren in der Favoritenrolle

Favorisiert sei nach der Gala-Vorstellung von Spa-Francorchamps allerdings McLaren, meinte der Teamchef der Roten. Großartigen Widerspruch wird diese Einschätzung nicht auslösen. Die Truppe aus Woking befindet sich tatsächlich in bestechender Form. Nach den Erfolgen in den letzten beiden Rennen hat McLaren bereits vier Saisonsiege, jeweils zwei durch Lewis Hamilton und Jenson Button, auf dem Konto - mehr als jedes andere Team. Button war in Spa nicht zu schlagen und Lewis Hamilton wird nach seiner unverschuldeten Nullrunde sicherlich mit einer gehörigen Portion Wut im Bauch an den Start gehen. Die Streckencharakteristik sollte McLaren ebenfalls entgegenkommen. Abgesehen vom Rennen in Silverstone kam der britische Rennstall auf Highspeedstrecken immer gut zurecht.

Jenson Button war in Spa eine Klasse für sich, Foto: Sutton
Jenson Button war in Spa eine Klasse für sich, Foto: Sutton

Interessant wird zu beobachten sein, ob sich Hamiltons Twitter-Aktivitäten nachteilig auf das interne Betriebsklima auswirken. Nach dem verlorenen Qualifying-Duell gegen Button in Spa hatte der 27-Jährige seinem Unmut über die falsche Heckflügelwahl via Twitter Luft gemacht. Der Rüffel seines Teamkollegen ließ nicht lange auf sich warten. "Wir arbeiten so hart daran, das Auto zu verbessern und solche Dinge geheim zu halten", meinte Button. "So etwas will ich nicht auf Twitter sehen. Das war die gesamte Telemetrie vom Qualifying. Nicht nur der Heckflügel. Ich war sehr überrascht und enttäuscht." Teamchef Martin Whitmarsh befürchtet allerdings nicht, dass es zu einer Entzweiung kommt. "Diese Twitter-Sache hat keinen Keil zwischen die Fahrer getrieben", sagte er.

Zwistigkeiten hatte es einst auch zwischen Sebastian Vettel und Mark Webber gegeben, doch inzwischen hat sich das Red-Bull-Duo zu einer vorbildlichen Fahrerpaarung entwickelt. Bestes Beispiel war der Große Preis von Belgien, als sich Webber ohne große Gegenwehr von seinem Teamkollegen überholen ließ. Dass sich beide Piloten noch gute Chancen auf den WM-Titel ausrechnen können, macht den Friedenspakt noch bemerkenswerter. Bei Red Bull hakt es dafür bei anderen Dingen. Vor allem über eine schnelle Runde gehörte das Weltmeister-Team zuletzt nicht zur absoluten Spitze. Beim Qualifying in Belgien war der Rückstand auf Button gewaltig.

Zudem gehört die Strecke in Monza nicht unbedingt zu den Lieblingsstrecken des Rennstalls von Dietrich Mateschitz. Die Aerodynamik, weiterhin die große Stärke der Autos von Design-Chef Adrian Newey, spielt auf dem Kurs in Monza eine weit weniger gewichtige Rolle als bei anderen Grand Prix. Im Vorjahr bewies Vettel mit seinem souveränen Sieg allerdings, dass Red Bull auch im Ferrari-Land konkurrenzfähig sein kann. Für Zuversicht sollte auch Vettels Rennperformance in Spa sorgen, als er sich nach einem verpatzten Start noch von Rang zwölf auf zwei vorkämpfte. Gelingt ihm in Monza ein ähnlicher Ritt, dürfte es in der WM wieder spannend werden.

Erster Sieg für Räikkönen?

Spannung verspricht auch die Frage, ob Kimi Räikkönen in Monza seinen ersten Saisonsieg feiert. Nach den zuletzt gezeigten Leistungen ist der Finne ein heißer Kandidat für den Sieg beim Italien Grand Prix. Der Lotus-Fahrer zeigte sich im Qualifying verbessert und fuhr trotz eines keineswegs perfekten Autos zum dritten Mal in Folge auf das Podium. Dank seiner konstant guten Leistungen ist der Formel-1-Rückkehrer inzwischen ein echter WM-Kandidat. Mit einem Sieg würde er diesen Status noch untermauern. Auch sein Team würde sich nach den von Grosjean verursachten Turbulenzen sicher freuen, wieder für positive Schlagzeilen zu sorgen. Interessant wird sein, wie sich Ersatzmann Jerome D'Ambrosio bei seinem ersten Renneinsatz für Lotus schlägt.

Kimi Räikönen: Ist der Iceman reif für den ersten Sieg?, Foto: Sutton
Kimi Räikönen: Ist der Iceman reif für den ersten Sieg?, Foto: Sutton

Mercedes tritt in Monza wie gewohnt mit der stärksten Besetzung an. Fraglich ist allerdings ob Michael Schumacher, mit fünf Erfolgen Rekordsieger in Monza, und Nico Rosberg in den Kampf um die Podestplätze eingreifen können. Vor allem im Qualifying waren die Mercedes-Piloten in Spa chancenlos. Immerhin: Es gibt Grund zur Hoffnung. Dass ausreichend Top-Speed vorhanden ist, bewies Michael Schumacher beim Belgien Grand Prix gleich mehrere Male. Zudem scheint der Grund für den zuletzt rapiden Leistungsabfall gefunden. Teamchef Ross Brawn machte falsche Setup-Einstellungen für die mäßige Performance verantwortlich.

Feintuning bei Mercedes

In Monza soll die Abstimmung des Autos nun berichtigt werden. "Wir haben einen Plan für die nächsten Rennen. Ich denke, es wird helfen", kündigte der Brite an. Ob die Veränderungen ausreichen, um den anderen Top-Teams Paroli zu bieten? Rosberg zumindest ist optimistisch, dass Mercedes auf dem Autodromo Nazionale die Monza wieder konkurrenzfähig ist. "Nach einem schwierigen Wochenende in Spa glaube ich, dass der atemberaubende Hochgeschwindigkeitskurs in Monza unserem Auto mehr entgegenkommen wird", meinte er.