1. Wie kam Kimi Räikkönen auf Rang zwei nach vorne?

Trotz anfänglicher KERS-Probleme legte Kimi Räikkönen, der von Platz fünf ins Rennen gegangen war, starke Rundenzeiten hin. Vor allem im mittleren Stint brannte er auf weichen Reifen mehrere Bestzeiten in den Asphalt. "Er ist im richtigen Moment schnell gefahren", erläuterte Formel-1-Experte Marc Surer gegenüber Motorsport-Magazin.com. "Kimi ist einfach ein guter Racer. Er hat sich zurückgehalten und als er freie Bahn hatte, Superrunden hingelegt. Das hat er auch vor dem letzten Stopp gemacht und musste daher gute Reifen gehabt haben - das hat den entscheidenden Unterschied ausgemacht. Weil er alleine fuhr, ist keinem aufgefallen, wie sehr er aufholte."

Nach seinem zweiten Boxenstopp in Runde 45, bei dem er auf den Medium-Reifen wechselte, kam Räikkönen unmittelbar vor seinem Teamkollegen Romain Grosjean wieder auf die Strecke. Im Parallelflug rasten die Lotus-Piloten auf die erste Kurve zu; Räikkönen verbremste sich leicht, konnte sich jedoch durchsetzen. Nach dem Rennen erklärte Grosjean, dass er den Finnen mit frischeren Gummis ohnehin nicht auf Dauer hätte hinter sich halten können. Räikkönen sprintete Richtung Lewis Hamilton, kam sogar ins DRS-Fenster, doch aufgrund der geringen Überholmöglichkeiten musste er mit Rang zwei Vorlieb nehmen. Mit einer besseren Ausgangsposition nach dem Qualifying und einer guten Strategie könnte für den Finnen auf seiner Lieblingsstrecke Spa-Francorchamps der erste Sieg herausspringen.

2. Warum konnte Ferrari nicht an die Leistung von Hockenheim anknüpfen?

Hätte es im Qualifying zum Ungarn GP geregnet, wäre Fernando Alonso auf dem Hungaroring mit Sicherheit ein Siegkandidat gewesen. Es kommt nicht von ungefähr, dass der Ferrari-Star die beiden Pole Positions auf nasser Strecke herausfuhr, wo er seine großartigen fahrerischen Fähigkeiten in die Waagschale werfen konnte. Dass der F2012 noch nicht auf dem Niveau des spanischen Ausnahmekönners angekommen ist, war bereits auf dem Hockenheimring zu erkennen, als Alonso nur dank eines fehlerfreien Rennens die Angriffe von Sebastian Vettel und Jenson Button abwehren konnte.

Ferrari fehlt nach wie vor etwas Leistung, Foto: Sutton
Ferrari fehlt nach wie vor etwas Leistung, Foto: Sutton

Die wahre Leistungsstärke des Autos lässt sich ohnehin besser an den Ergebnissen von Felipe Massa ablesen. Hinzu kam, dass die Konkurrenz - insbesondere McLaren - zuletzt deutlich am Auto nachgebessert hatte - bei Ferrari dagegen hat sich nach der Runderneuerung vor dem Europa-Start nicht mehr viel getan. "Bei uns fehlt es nach wie vor noch ein bisschen an der Leistung", räumte Technik-Direktor Pat Fry ein. Und ohne den Gleichmacher Regen reichten in der niederschlagsfreien Zeitenjagd auch Alonsos Fahrkünste nicht aus, um sich den ersten Startplatz zu sichern, von dem ein erneuter Erfolg sicherlich möglich gewesen wäre.

3. Warum war Sauber zu langsam?

Die Sauber-Piloten Sergio Perez und Kamui Kobayashi kamen beim Ungarn GP nicht über die Positionen hinaus, auf denen sie gestartet waren. Der Japaner musste zudem seinen Boliden eine Runde vor Schluss mit einem Hydraulikleck in der Garage abstellen. Die Punkte waren für beide in weiter Ferne, was für Sauber ein eher ungewohntes Szenario ist. Dennoch herrscht in den Reihen der Schweizer keine Skepsis am C31.

"Wir haben ein sehr konkurrenzfähiges Auto, das uns vor jedem Rennen die Hoffnung gibt, Punkte zu holen. Das war hier in Budapest nicht anders", stellte Sauber-Geschäftsführerin Monisha Kaltenborn gegenüber Motorsport-Magazin.com klar. Nach dem Qualifying, in dem die Piloten die Startplätze 14 und 15 herausgefahren hatten, habe Sauber bereits gewusst, dass das Rennen schwierig wird. "Es war vorhersehbar und alle wussten, dass man im Quali gut sein muss und wie schwer es wird, wenn man das nicht schafft. Genau so ist es dann auch eingetreten."

Das sei einerseits enttäuschend gewesen, andererseits habe man bei diesen Vorzeichen nicht mehr herausholen können. Die Pace des Saubers ist nach Ansicht des Teams also nicht plötzlich verschwunden. "Wir machen gar kein Fragezeichen hinter das Auto, so ein Rennen hat man einfach mal. Das müssen wir abhaken und analysieren, was wir eventuell in unserer Vorbereitung falsch gemacht haben - und es dann besser machen", meinte Kaltenborn. "Wir müssen am Quali arbeiten, das haben wir schmerzhaft erfahren. Unser Auto ist konkurrenzfähig und wir wissen, wo wir ansetzen müssen." Beim nächsten Rennen in Spa-Francorchamps sollten die Sauber-Piloten mit einem stärkeren Qualifying und besseren Überholmöglichkeiten also wieder um die Punkte kämpfen können.

4. Warum setzte Red Bull auf drei Stopps?

Mark Webber schien auf dem besten Weg, in der WM-Wertung Punkte auf Fernando Alonso gutzumachen. Obwohl er fünf Plätze hinter seinem spanischen Konkurrenten gestartet war, hatte der Australier im letzten Drittel des Rennens einen beruhigenden Vorsprung auf den WM-Leader herausgefahren. Da beide Fahrer schon zweimal an der Box gewesen waren, sah es so aus, als würden sie das Rennen als Fünfter und Sechster beenden. Doch es kam anders: Webber lenkte seinen Boliden in der 56. Runde in die Boxengasse und schnallte zum dritten Mal neue Reifen auf.

"Wir mussten stoppen", erklärte Teamchef Christian Horner, wegen eines technischen Defekts sei der Reifenverschleiß zu hoch gewesen. "Wir hatten ein Differential-Problem und viel Wheelspin am inneren Reifen. Es gab keine Chance, mit diesen Reifen durchzufahren, daher mussten wir stoppen." Bei Vettel dagegen spielte der Reifenabbau offenbar keine Rolle. Er habe gehofft, auf frischen Pneus noch Romain Grosjean einzuholen, gab der Champion zu Protokoll. "Wir haben es versucht und geschaut, was passiert. Das hätte auch anders ausgehen können, denn wenn die Reifen vorne nicht so lange halten, können die letzten drei Runden noch etwas ausmachen. Das war heute aber leider nicht so."

5. Was löste den Startabbruch aus?

Michael Schumacher unterlief noch vor dem Erlöschen der Lichter ein Fauxpas: Nach der obligatorischen Einführungsrunde steuerte der Mercedes-Pilot schnurstracks eine falsche Startposition an. Auf Platz 19 statt 17 stehend hob Schumacher seine Arme, um den Abbruch des Starts herbeizuführen. Während alle anderen Piloten auf eine weitere Warm-up-Runde geschickt wurden, schoben einige Streckenposten Schumacher in die Boxenstraße; von dort aus musste er dem Feld letztlich nachstarten.

Michael Schumacher fand seine Startposition nicht, Foto: Sutton
Michael Schumacher fand seine Startposition nicht, Foto: Sutton

Unglücklicherweise hatte der siebenmalige Weltmeister den Motor seines Renners abgeschaltet - angeblich, um eine Überhitzung desselbigen zu vermeiden. Hätte er das Aggregat jedoch laufen gelassen, wäre es ihm erlaubt gewesen, ebenfalls eine weitere Einführungsrunde zu drehen und sich anschließend auf dem korrekten Startplatz einzuordnen. Doch auch im weiteren Verlauf des Rennens lief bei dem Kerpener nichts zusammen: Bei seinem ersten Reifenwechsel, gleich in Runde eins, sauste er zu schnell durch die Boxenstraße und kassierte eine Strafe.

6. Warum kam Mercedes nicht zurecht?

Bereits der Freitag begann für Mercedes alle andere als ideal, denn wie schon in Hockenheim verlor Michael Schumacher seinen Boliden auf regennasser Fahrbahn und krachte in die Streckenbegrenzung. Dieser Eindruck sollte sich im weiteren Verlauf des Wochenendes fortsetzen, denn erstmals in diesem Jahr schafften weder der Kerpener noch Nico Rosberg den Sprung in Q3, sodass auch das Resultat im Rennen dementsprechend schwach ausfiel - Rosberg ergatterte gerade noch ein Pünktchen, während Schumacher nach einigen Pannen und fehlender Telemetrie aufgab.

Vor allem die langgezogenen Kurven machten dem W03 schwer zu schaffen, wie Teamchef Ross Brawn ausführte. "In solch langgezogenen Kurven haben die Fahrer Untersteuern und können nichts dagegen unternehmen." Rosberg verlor daher wie schon bei den Rennen in Silverstone und Hockenheim pro Runde rund eine halbe Sekunde auf die Spitze, was deutlich zu viel Zeitverlust darstellte. "Insgesamt fehlt es am Speed, es gibt kein spezielles Thema", erklärte Motorsportchef Norbert Haug nach dem Rennen.

"Wir haben das ganze Wochenende relativ gut sehen können, dass wir nicht konkurrenzfähig sind", gab sich Schumacher keinen Illusionen hin. Damit sich Mercedes beim nächsten Grand Prix in Spa wieder besser präsentiert, wird vor der zweiwöchigen Sommerpause im Werk zu Brackley eifrig an Verbesserungen des Wagens gearbeitet, denn trotz der Abwärtstendenz in den letzten Rennen wurde keine Korrektur am Saisonziel vorgenommen, das Platz drei in der Konstrukteurs-Wertung vorsieht.

7. Warum schnitt Timo Glock so schwach ab?

Nach dem dritten Freien Training herrschte beim Marussia-Piloten noch Optimismus, der jedoch wenige Stunden später jäh zerstört wurde. Einmal mehr nahm das Team falsche Einstellungen am Wagen vor, was im Qualifying zu Übersteuern am Kurveneingang sowie blockierenden Reifen führte. Marussia hatte schon im Frühjahr mit hartnäckigen Problemen im Bereich der Hinterradaufhängung zu kämpfen, was Glock sichtlich frustrierte. "Es ist ein schleichendes Problem, so dass man leicht irregeleitet wird", erklärte er die Tücken.

Als ob die technischen Gebrechen nicht schon schlimm genug gewesen wären, zogen auch teamintern Gewitterwolken auf. Glock war von seinem Stallgefährten Charles Pic im Zeittraining wiederholt blockiert worden und landete schlussendlich sogar hinter dem französischen Rookie. "Vielleicht versteht er den englischen Funk nicht", meinte Glock verärgert, der jedoch keine Aussprache anstrebt, da es nicht der erste Vorfall dieser Art war. Im Rennen setzte sich die schwache Performance fort: Der 30-Jährige verlor seinen Boliden beim Anbremsen und drehte sich, womit er sogar hinter die HRT-Piloten zurückfiel. "Ich hatte keine Pace und keine Balance, von Beginn an", so Glock, der sich auf die nun folgende Unterbrechung freut. "Jetzt ist ein guter Zeitpunkt für eine lange Pause."