Eric, wie bewertest du das vergangene Rennen?
Eric Boullier: Hier die "Das Glas ist halb voll"-Version: Es war ein gutes Resultat für Kimi und das Team. Der zweite Platz lieferte uns viele Punkte und wir haben nicht an Boden auf die Teams vor uns in der Weltmeisterschaft verloren. Jetzt die "Das Glas ist halb leer"-Version: Es war ein enttäuschender Tag für Romain, weil er sich in solch einer guten Position befand, zumindest aufs Podium zu fahren. Wir hätten auch beide Autos auf dem Podest haben können und hätten somit in der WM näher zu McLaren aufgeschlossen. Aber das ist eben Racing. Wir werden gemeinsam mit unseren Partnern hart daran arbeiten, sicherzustellen, dass wir in Zukunft nicht noch einmal einen solchen Fehler haben. Alles in allem arbeiteten die Fahrer und das Team sehr gut und wir haben gezeigt, dass wir um den Sieg kämpfen können, wenn wir uns im Qualifying eine gute Ausgangsposition erarbeiten.

Bist du zufrieden mit der Pace des E20-Boliden?
Eric Boullier: Ja, aber wir müssen uns konstant verbessern, wenn wir weiter im Spiel bleiben wollen. An den Freitagen sehen wir oftmals nicht so gut aus wie unsere Rivalen. Das liegt daran, dass wir an der Rennpace arbeiten statt an der Performance über eine Runde. Wir erledigen unsere Hausaufgaben und schauen nicht darauf, was die anderen so treiben. In Valencia lief es das gesamte Wochenende lang gut. Wir qualifizierten uns besser, das schaffte uns eine bessere Basis für das Rennen. Außerdem war unsere Pace während des Rennens stark. Wir müssen für den Rest der Saison nur genauso weiter machen.

Silverstone gleicht einer Rückkehr in die Heimat - wie wirkt sich das aufs Team aus?
Eric Boullier: Es ist für alle gut, so nah an der Teamfabrik zu sein und natürlich sind auch unsere Reisekosten diesmal geringer! Wir werden viele Besucher aus Enstone haben und es ist fantastisch, die Unterstützung all derer zu haben, die in diesem Jahr schon so hart gearbeitet haben. Wir müssen auf das Wetter in Silverstone aufpassen - doch egal ob kalt oder warm, wir müssen eine gute Leistung zeigen. Wir haben ein anderes Streckenlayout und sind wieder auf einer permanenten Rennstrecke, nachdem wir zuletzt auf drei Stadtkursen waren. Wir werden sehen, wie es läuft.

Wie sieht derzeit die Atmosphäre in der Teamfabrik aus?
Eric Boullier: Vor einem Jahr hatte ich das Gefühl, dass alle motivierter waren als jemals zuvor. Jeder einzelne Mitarbeiter war bereit, noch weiter zu gehen, damit wir auf der Strecke gut sein können. Na ja... 2011 lässt sich nicht mit 2012 vergleichen. Ich denke, dass wir noch einen Schritt nach vorn gemacht haben. Ich muss sagen, dass alle Investitionen der letzten Zeit dabei geholfen haben, unsere Effizienz in allen Bereichen zu verbessern - von der Performance einmal ganz abgesehen. Unsere letzte Zugabe, unser neues Ingenieurs-Büro an der Strecke, ist wirklich beeindruckend und hatte positiven Einfluss auf unsere Arbeit. Die vergangenen Resultate haben die Hoffnungen und die Hingabe der Leute in Enstone gestärkt. Das Team ist vereint, die Erwartungen sind hoch. Die Stimmung von Ende 2009 ist weit, weit weg.

Das Team hat ein einzigartiges Image im Fahrerlager - was macht das Lotus F1 Team so speziell?
Eric Boullier: Es ist eine Mischung aus verschiedenen Dingen. Zunächst einmal wurde unser Team historisch benutzt, um die Ressourcen zu maximieren. Obwohl wir in diesem Jahr ein ordentliches Budget zur Verfügung haben, wissen wir, wie man es effizient verwendet. Wir verschwenden kein Geld und wir verfeuern die Kohle nicht für Erste-Klasse-Flüge oder goldene Business-Karten. Außerdem bleiben wir mit den Füßen auf dem Boden. Demut war schon immer unsere wichtigste Qualität. Wir fahren Rennen, weil wir gewinnen wollen. Gleichfalls wollen wir unseren Partnern und Unterstützern auch etwas Besonderes bieten. Unternehmensreden und politische Machtspielchen sind nicht unser Ding. Wir haben nichts mit den Unternehmens-Monstern zu tun, mit denen wir auf der Strecke kämpfen. Daran liegt es wahrscheinlich, dass sich Romain und Kimi hinterm Lenkrad so frei entfalten können.