Der Spanien Grand Prix war ein perfektes Beispiel dafür, wie ein Rennen durch Kleinigkeiten und gute oder schlechte Strategie-Entscheidungen gewonnen oder verloren werden kann. Pastor Maldonado besiegte Fernando Alonso und gewann das Rennen für Williams, weil die Planung stimmte und es zur Mitte des Rennens eine gute Strategie-Entscheidung gab, während Kimi Räikkönen von Lotus wieder ein Siegauto hatte, aufgrund der Strategie und der Bedingungen aber nicht alles ausspielen konnte und nur Dritter wurde.

Es gab einige Schlüssel-Momente und -Entscheidungen, die das Ergebnis dieses Rennens bestimmt haben. Der wichtigste war Maldonados früher zweiter Stopp. Doch es gab noch einen weiteren, der sogar noch vor dem Start des Rennens passierte und den Favoriten auf den Sieg eliminierte.

Es war Hamiltons Rennen

Lewis Hamilton hätte dieses Rennen bequem für McLaren nach Hause fahren sollen, er hatte einen Vorteil von 0,6 Sekunden pro Runde. Doch ein Fehler des McLaren-Teams vor dem letzten Run im Qualifying vernichtete seine Chancen. Wegen eines Betankungsfehlers hatte Hamiltons Auto nicht genug Benzin an Bord, um die Runde zurück an die Box zu machen und noch genug Benzin für die Spritprobe an Bord zu haben. Teamchef Martin Whitmarsh hat mittlerweile zugegeben, dass er Hamilton dazu hätte auffordern sollen, seine schnelle Runde abzubrechen, als das Team da bereits gemerkt hatte, dass es nicht genug Benzin ins Auto gefüllt hatte.

Lewis Hamilton musste für einen Fehler seines Teams zahlen, Foto: Sutton
Lewis Hamilton musste für einen Fehler seines Teams zahlen, Foto: Sutton

Hätte er die Runde abgebrochen, wäre Hamilton als Sechster ins Rennen gestartet, den Platz hätte er mit seiner ersten Zeit aus Q3 erreicht. Stattdessen tat McLaren nichts, Hamilton beendete die Runde, drehte den Motor ab und das Team versuchte danach, den Fehler höherer Gewalt zuzuschieben. Die FIA-Stewards schickten ihn aber ans Ende des Feldes und von dort war Platz acht wohl das beste erreichbare Resultat. Schon beim Start von Platz 24 machte Hamilton vier Positionen gut und schaffte es, seine Reifen im ersten Stint 14 Runden durchhalten zu lassen - von den Spitzenfahrern war er damit am längsten draußen.

Als er zum Stopp kam, lag er auf Rang vier und kam als 14. wieder auf die Strecke. Durch Überholmanöver und eine Zweitstopp-Strategie - mit 21 Runden auf dem harten zweiten und 31 Runden auf dem harten dritten Reifensatz - arbeitete er sich durch das Feld. Er verlor im zweiten Stint hinter Felipe Massa Zeit, sonst wäre vielleicht sogar noch ein besseres Ergebnis möglich gewesen. Als der Brasilianer in der 29. Runde für eine Durchfahrtsstrafe an die Box kam, weil er sein DRS unter gelben Flaggen eingesetzt hatte, kam Hamilton an Massa vorbei.

Der letzte Stint war am beeindruckendsten, kostete aber auch einen Platz an Sebastian Vettel, Foto: Sutton
Der letzte Stint war am beeindruckendsten, kostete aber auch einen Platz an Sebastian Vettel, Foto: Sutton

Indem er seine Stints ausdehnte, konnte Hamilton Plätze gutmachen, als die Dreistopper zu ihrem letzten Reifenwechsel kamen. Dass er seine Reifen 31 Runden am Leben hielt, kostete ihn einen Platz an Sebastian Vettel, beinahe hätte er den aber von Nico Rosberg wieder zurückgeholt. Es war eine gute Fahrt, doch er und McLaren wussten, dass Hamilton an diesem Wochenende seinen ersten Sieg in Reichweite hatte, wenn in der Hitze des Gefechts im Qualifying eine andere Entscheidung getroffen worden wäre.

Die richtige Planung

Im Freitagstraining, als die Streckentemperaturen über 40 Grad lagen, funktionierte der weiche Reifen als Rennreifen gut. Allerdings war schon vor dem Wochenende erwartet worden, dass die Temperaturen am Renntag kühler sein würden als davor. Dadurch entschieden sich einige Teams dazu, drei neue Sätze harter Reifen für das Rennen aufzusparen, da sie eine niedrigere Arbeits-Temperaturbandbreite haben als die Softs und bei diesen Bedingungen daher gut laufen sollten. Das stellte sich als der richtige Weg heraus; die Strecke war am Samstag 44 Grad warm und bot am Sonntag nur noch 32 Grad, womit der harte der bessere Reifen war.

Williams hatte die richtigen Reifen aufgespart, Foto: Sutton
Williams hatte die richtigen Reifen aufgespart, Foto: Sutton

Williams und Maldonado hatten richtig gespart, Ferrari hatte nur zwei neue Reifensätze für Alonso. Red Bull war ebenfalls eines der Teams, das drei Sätze gespart hatte. Dort ging der Plan allerdings nicht ganz auf, da sie weder im Qualifying noch im Rennen die nötige Pace hatten. Vettel war gezwungen, schon am Samstag alle weichen Reifen aufzubrauchen, um es bis zum letzten Teil des Qualifyings zu schaffen. Dadurch hatte er keinen neuen Satz Softs für Q3 und war lediglich Achter in der Startaufstellung. Im Rennen benötigten beide Red Bulls einen Wechsel des Vorderflügels - das Team kombinierte das zwar mit einem Reifenstopp, taktisch war das Timing aber nicht ideal. Vettel hatte zudem eine Durchfahrtsstrafe, weswegen er mit Platz sechs vor den McLarens noch gut abschnitt.

Maldonado schlägt Alonso mit Strategie

Die Autos liegen in diesem Jahr so eng zusammen, deswegen ist es für den Sieg wichtig, schon früh vor dem Feld zu sein, wie Vettel das in Bahrain oder Rosberg es in China tat. Das Rennen wurde wieder einmal zwischen zwei Autos aus der ersten Startreihe entschieden. Spanien war allerdings erst das zweite Mal in fünf Rennen (das andere Mal war Malaysia), dass das Auto, das nach der ersten Runde führte, nicht den Sieg holte. Das lag rein an der Strategie. Williams glaubte, bei der Pace einen Vorteil gegenüber Ferrari zu haben und erwartete Lotus als den härtesten Gegner. Allerdings wusste das Team, dass man auf Alonsos gute Starts aufpassen muss.

Der Start gehörte Fernando Alonso, Foto: Sutton
Der Start gehörte Fernando Alonso, Foto: Sutton

Maldonado verlor dann auch den Start gegen den Ferrari-Piloten und Alonso hatte in den ersten beiden Stints genug Pace, um Maldonado nicht nahe genug für einen Angriff kommen zu lassen. Allerdings hatte der Williams am Ende der Stints noch mehr Leben in den Reifen, weswegen Maldonado am Ende des zweiten Stints auf Alonso aufholte; über drei Sekunden Rückstand halbierte er bis zum Stopp. Williams holte ihn dann zwei Runden vor Alonso zum zweiten Mal an die Box und Ferrari ließ seinen Fahrer draußen und damit in langsameren Verkehr kommen. So etwas ließen sie bereits früher passieren. Die Anweisung, den Undercut (früher als der Gegner stoppen und das Tempo der neuen Reifen nutzen, um bei dessen Stopp vor den Gegner zu kommen) zu versuchen, kam laut UBS Strategy Report von Williams Chefstratege Mark Barnett.

Maldonado kam in Runde 24 herein, als er 1,5 Sekunden hinter Alonso lag. Da der Venezolaner noch genug Sätze neuer, harter Reifen hatte, hatte Barnett errechnet, dass er genug Gummi zur Verfügung hatte, um die nächsten 42 Runden mit noch einem Stopp zu absolvieren und am Ende keine Pace zu verlieren. Die Ausführung war dann brillant: die Inlap Maldonados war 0,4 Sekunden schneller als jene von Alonso, der Stopp war nur 0,2 Sekunden langsamer als der von Ferrari, was aber am wichtigsten war, die Outlap auf neuen, harten Reifen war 2,6 Sekunden schneller und die erste fliegende Runde war ebenfalls eine Sekunde besser. Da Alonso noch hinter Charles Pic Zeit verlor, hatte Maldonado genug getan, um dem Ferrari die Führung abzunehmen, als er zwei Runden später als der Williams stoppte.

Die Verfolgerrolle kostete Fernando Alonso zu viel Reifen, Foto: Sutton
Die Verfolgerrolle kostete Fernando Alonso zu viel Reifen, Foto: Sutton

Als Alonso ihm dann im letzten Stint nachjagte, erhielten wir ein gutes Beispiel dafür, wie das Verfolgen eines anderen Autos den Abbau der Reifen beschleunigt. Alonso konnte nicht bis zum Ende mit Maldonado mithalten, da der Abbau durch das Fahren im Verkehr größer war als bei freier Fahrt. Alonsos Reifen hatten im Qualifying drei Runden gearbeitet, waren also in etwa gleich alt wie jene von Maldonado.

Lotus - was hätte sein können

Obwohl sie in den Trainings-Simulationen am Freitagnachmittag das schnellste Auto hatten, sich die Startplätze drei und vier sicherten und mit mehr als einer Sekunde Vorsprung die schnellste Runde des Rennens fuhren, gewann Lotus nicht. Warum nicht? Die Temperatur hat etwas damit zu tun; der Abfall auf 32 Grad am Renntag kostete sie ihren Speedvorteil (so eng sind die Grenzen mittlerweile). Sie machten zudem beim ersten Stopp einen Fehler, als sie die Autos mit gebrauchten Soft-Reifen ausstatteten, statt harte aufzuziehen. Sie schoben die Stints nach hinten, um sicherzustellen, dass sie am Ende eine Chance haben.

Lotus hatte bei passenden Temperaturen die klar beste Pace, Foto: Sutton
Lotus hatte bei passenden Temperaturen die klar beste Pace, Foto: Sutton

Als die Temperaturen am Ende des Rennens zunahmen, sahen wir, was der Lotus drauf hat. Er fuhr die schnellste Rennrunde und war dabei mehr als eine Sekunde schneller als das nächste Auto. Räikkönens letzter Stint betrug 18 Runden, der von Alonso 23, Maldonados dauerte 25 Runden. Alonso war in den letzten Runden anfällig für Angriffe von Räikkönen. Wäre er vielleicht eine Runde früher reingekommen, dann hätte der Finne Alonso noch Platz zwei abjagen können.

Die Starts sind ein wichtiger Teil der Rennstrategie und dabei sahen wir die Erfahrung von Räikkönen gegen die Nervosität von Romain Grosjean. Obwohl der jüngere der Beiden weiter vorne stand, lag Räikkönen in der ersten Runde vor ihm und Grosjean fiel hinter Rosberg zurück, dessen Pace viel langsamer war und ihn aufhielt. Der Franzose verlor in den ersten neun Runden acht Sekunden. Was es noch schlimmer machte, Mercedes holte Rosberg aus Defensiv-Gründen zuerst herein und damit blieb er auch zu Anfang des zweiten Stints vorne, weswegen Grosjean ihn auf der Strecke überholen musste. Der erste Sieg für Lotus in diesem Jahr sollte aber sicher nicht mehr weit weg sein.